BGH: Unterlassung verjährt während zweckwidriger Nutzung nicht

Der Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjährt während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.

Hintergrund: Nach sechs Jahren verlangt Vermieter Unterlassung zweckwidriger Nutzung

Der Vermieter und die Mieterin von Gewerberäumen streiten über die zulässige Nutzung der Räume.

Die Mieterin hatte die Räume, die im Wesentlichen aus zwei Etagen mit jeweils mehr als 200 Quadratmetern Fläche bestehen, im Jahr 2010 angemietet. Im Mietvertrag heißt es: „Die Vermietung erfolgt zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros“.

Seit Beginn des Mietverhältnisses nutzt die Mieterin eine Etage zu Wohnzwecken.

Im Juli 2016 forderte der Vermieter die Mieterin erfolglos auf, die Wohnnutzung zu unterlassen. Die Mieterin meint, ein eventueller Unterlassungsanspruch sei verjährt.

Entscheidung: Unterlassungsanspruch verjährt während Mietverhältnis nicht

Der Vermieter kann von der Mieterin verlangen, die vertragswidrige Nutzung der Räume zu Wohnzwecken zu unterlassen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 541 BGB, wonach der Vermieter auf Unterlassung klagen kann, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Im Mietvertrag ist eine ausschließlich gewerbliche Nutzung vereinbart, so dass sich eine Nutzung zu Wohnzwecken nicht im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs bewegt.

Der Unterlassungsanspruch ist auch nicht verjährt.

Grundsätzlich unterliegt der Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB der regelmäßigen Verjährung des § 195 BGB mit einer Frist von drei Jahren. Für den Beginn der Verjährung kommt es dabei unter anderem grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zuwiderhandlung an. Ob diese Regelung zum Verjährungsbeginn auch dann eingreift, wenn der Mieter die Mietsache dauerhaft vertragswidrig nutzt, ist bisher umstritten.

Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass auch bei einer vertragswidrigen Handlung, die eine dauernde Beeinträchtigung nach sich zieht, der Anspruch auf Beseitigung beziehungsweise Unterlassung bereits mit Beginn der Beeinträchtigung entstehe. Dann wäre der Anspruch des Vermieters hier verjährt.

Nach der Gegenansicht kann bei einem andauernden vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache wie der unerlaubten Nutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken der Anspruch des Vermieters während des bestehenden Mietverhältnisses nicht verjähren.

Der BGH entscheidet diese Streitfrage im letzteren Sinne. Nutzt ein Mieter die von ihm zu gewerblichen Zwecken angemieteten Räumlichkeiten als Wohnung, liegt der Schwerpunkt seines vertragswidrigen Verhaltens nicht in der Aufnahme, sondern in der dauerhaften Aufrechterhaltung der unerlaubten Nutzung der Mietsache. Dadurch verletzt der Mieter fortwährend die ihm während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses obliegende Verpflichtung, die Mietsache nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Verwendungszwecks zu nutzen. Die Verjährung kann nicht beginnen, solange der Eingriff noch andauert.

Bereits 2015 hat der BGH für das Wohnungseigentumsrecht entschieden, dass Unterlassungsansprüche wegen der zweckwidrigen Nutzung eines Sondereigentums nicht verjähren, solange die zweckwidrige Nutzung anhält. Dieser Auffassung hat sich der BGH nun für eine vergleichbare Situation im Mietrecht angeschlossen.

(BGH, Urteil v. 19.12.2018, XII ZR 5/18)

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