Carport auf Stellplatz trotz herunterfallender Früchte unzulässig

Ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz berechtigt auch dann nicht zum Bau eines Carports, wenn von einem Baum Kastanien und Harz auf den Stellplatz fallen. Dies gilt zumindest dann, wenn der Baum bei Begründung des Sondernutzungsrechts schon vorhanden war.

Hintergrund: Stellplatz unter Kastanienbaum

Eine Wohnungseigentümerin verlangt von den übrigen Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft, der Errichtung eines Carports auf einem Stellplatz zuzustimmen. An dem Stellplatz steht der Eigentümerin ein Sondernutzungsrecht zu. Dieses war ihr 2011 vom aufteilenden Eigentümer zugewiesen worden. Der Eigentümer hatte sich die Zuweisung bei Aufteilung des Gebäudes im Jahr 2004 vorbehalten.

Neben dem Stellplatz steht eine große Kastanie, die bei Zuweisung des Sondernutzungsrechts bereits über 60 Jahre alt war. Die Eigentümerin sieht sich in der Nutzung ihres Stellplatzes durch herabfallende Kastanien, heruntertropfendes Baumharz und möglichen Astbruch gehindert. Sie möchte daher einen Carport errichten, um ihr Fahrzeug vor diesen Einflüssen geschützt abstellen zu können. Auf dem Grundstück befinden sich keine anderen Carports.

Entscheidung: Kastanienhagel kein Grund für Carport-Bau

Die übrigen Wohnungseigentümer sind nicht verpflichtet, der Errichtung eines Carports auf der Sondernutzungsfläche zuzustimmen.

Jeder Wohnungseigentümer kann nach § 15 Abs. 3 WEG unter anderem einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Aus dem Umstand, dass die Sondernutzungsfläche als Stellplatz vorgesehen ist, lässt sich hier aber nicht herleiten, dass die Gemeinschaft eine vor herabfallenden Kastanien und tropfendem Baumharz geschützte Nutzung sicherstellen muss. Der Baum war bei Aufteilung des Grundstücks und bei Zuweisung des Sondernutzungsrechts bereits vorhanden. Daher war das Sondernutzungsrecht von Anfang an durch einen existierenden Kastanienbaum eingeschränkt. Die von diesem Baum ausgehenden Beeinträchtigungen, die allein auf den Gegebenheiten der Natur beruhen, muss die Eigentümerin deshalb hinnehmen.

Die Eigentümerin hat gegen die übrigen Wohnungseigentümer auch keine Ansprüche wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht aus § 1004 BGB. Zum einen obliegt die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht den einzelnen Eigentümern, sondern dem Verband. Zum anderen besteht auch keine Verkehrssicherungspflicht mit dem Inhalt, Beeinträchtigungen durch herabfallende Kastanien und Baumharz abzuwenden. Dies sind natürliche Erscheinungen als Folge natürlicher Gegebenheiten. Dass die Eigentümer oder die Gemeinschaft den Baum vernachlässigt hätten und deshalb von dem Baum besondere Gefahren ausgehen, ist nicht ersichtlich.

Auch aus dem grundsätzlich jedem Wohnungseigentümer zustehenden Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG lässt sich kein Anspruch auf Gestattung der Errichtung eines Carports herleiten. Der Bau eines Carports ist keine Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG. Diese ist nicht deshalb zulässig, weil es sich bei der Sondernutzungsfläche um einen Stellplatz handelt. Ein Sondernutzungsrecht berechtigt nicht zur Vornahme baulicher Veränderungen. Das gilt auch für die Errichtung eines Carports auf einem Stellplatz.

Ein Anspruch auf Gestattung der baulichen Veränderung stünde der Eigentümerin nur zu, wenn hierdurch den übrigen Wohnungseigentümern kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Da ein Carport deutlich sichtbar wäre und auf dem Grundstück auch keine anderen Carports vorhanden sind, hätte der Bau optische Auswirkungen, die die übrigen Wohnungseigentümer mehr als nur unerheblich beeinträchtigen.

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass ohne die Errichtung des Carports keine Nutzung des Stellplatzes mehr möglich wäre. Denn zum einen ist nur im Sommer und Herbst mit Ausscheidungen des Baumes beziehungsweise Fruchtfall zu rechnen. Zum anderen bestehen andere Möglichkeiten, ein abgestelltes Fahrzeug zu schützen, auch wenn diese lästig erscheinen. Es ist der Eigentümerin nicht unzumutbar, ihr Fahrzeug beim Parken auf dem Stellplatz zeitweise abzudecken, um es vor Beschädigungen zu bewahren.

(LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 28.3.2018, 14 S 6188/17 WEG)

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