Heizungswende: Hype um Fernwärme – wann rechnet die sich?
Deutschland soll bis zum Jahr 2045 klimaneutral heizen. Nach dem Willen der Bundesregierung soll Fernwärme dabei eine wichtige Rolle spielen. Derzeit wird etwa jede siebte Wohnung so beheizt. Bis 2050 wäre eine Verdreifachung der Anzahl der Haushalte mit Wärmenetzanschluss möglich, meint der Branchenfachverband AGFW.
Während derzeit sechs Millionen der 43 Millionen Wohnungen mit Fernwärme beheizt würden, könne man perspektivisch auf 18 bis 20 Millionen kommen, vor allem in Mehrfamilienhäusern in den Städten und in dicht besiedelten Gebieten.
Für wen und wo sich Fernwärme eignet
Fernwärme kommt aus einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung. Meistens wird dort Wasser erhitzt, das durch isolierte Rohre zu den Abnehmern geleitet wird. Im Wohnhaus angekommen, wird die Energie in einer Übergabestation an den Wärmekreislauf des Gebäudes abgegeben und sorgt für Raumwärme und warmes Wasser. Eine eigene Heizungsanlage ist nicht nötig.
Wenn möglichst viele Nutzer an das Wärmenetz angeschlossen sind, rechnet sich Fernwärme. "Denn die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen sind in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden", schreibt die Verbraucherzentrale. Fernwärme eigne sich daher vor allem in dicht besiedelten (Neubau-)Gebieten.
Der Wechsel des Lieferanten ist bei Fernwärme nicht möglich, erklären die Verbraucherschützer und weisen darauf hin, dass Kommunen für manche Grundstücke einen Anschluss- und Benutzungszwang vorsehen. "Als Eigentümer sind Sie dann gezwungen, Ihr Haus mit Fernwärme zu versorgen." Die rechtlichen Grundlagen für die Fernwärmenutzung sind in einer eigenen Verordnung gebündelt.
Klimafreundliche Fernwärme: Das plant die Bundesregierung
Aktuell entsteht Energie durch Fernwärme nach AFWG-Angaben noch zu rund 70 Prozent durch Verbrennung von Erdgas und Kohle. Die übrigen 30 Prozent entfallen auf Wärme aus der Verbrennung von Abfall oder Biomasse (Holzhackschnitzel) sowie aus Geothermie und anderen erneuerbaren Quellen. Wie klimafreundlich Fernwärme ist, hängt von Energieträger, Effizienz der Erzeugung im Kraftwerk und der Höhe der Leitungsverluste, sagt die Verbraucherzentrale. "Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung hat eine hohe Energieausbeute, und auch die Nutzung von Abwärme, die zum Beispiel bei der Müllverbrennung entsteht, ist sinnvoll."
Im ersten Gesetzentwurf für die kommunale Wärmeplanung stellt das Bundesbauministerium fest: "Der Ausbau der Fernwärme und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung sind für eine Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes von herausragender Bedeutung." In den vergangenen Jahren seien die hierzu notwendigen Investitionen nicht im erforderlichen Umfang erfolgt.
Im Gebäudeenergiegesetz (GEG), dem sogenannten Heizungsgesetz, sind auch Vorgaben für Wärmenetze geplant. So soll es eine Verpflichtung geben, in bestehenden Wärmenetzen bis zum Jahr 2030 mindestens 50 Prozent erneuerbare Wärme oder Abwärme einzusetzen. Für neue Wärmenetze soll ein Anteil von 65 Prozent verlangt werden.
An diesem Zeitplan übt John Miller, stellvertretender Geschäftsführer des AGFW, Kritik. Er fordert längere Übergangsfristen und deutlich mehr Fördermittel insbesondere für das Programm "Bundesförderung für effiziente Wärmenetze" (BEW).
ZIA: Kommunale Planung – ein Schlüssel für die CO2-Reduktion
Joachim Lohse, Geschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), begrüßte die Pläne zur kommunalen Wärmeplanung: Die hätten einen Effekt nicht nur für einzelne Gebäude, sondern für Städte und Gemeinden insgesamt. Er plädierte dafür, dass Gebäudeeigentümer, die in eine Wärmepumpe investieren, für 25 Jahre erhalten sollen, bevor sie gegebenenfalls einem Anschluss- und Benutzungszwang an ein kommunales Wärmenetz unterworfen werden.
Aus Sicht der ZIA-Mitgliedsunternehmen sei es ein wichtiger erster Schritt, auf kommunaler Ebene die bestmögliche Wärmeversorgung zu entwickeln, bevor in jedes einzelne Gebäude neue Heizungen eingebaut werden. Die Immobilienwirtschaft bewertet es als erfreulich, dass auch private Wohnungsunternehmen an der kommunalen Wärmeplanung beteiligen werden sollen.
Der Immobilienverband Deutschland (IVD) warnte allerdingsvor einer umfangreichen Datenabfrage bei den Immobilieneigentümern, um die Wärmeplanung ohne Verzögerung zu ermöglichen.
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Nachdem Deutschland ca. 1 Mrd. Euro in der Energiewende versenkt hat, stehen wir innerhalb der EU nun an drittletzter Stelle, was den CO2-Ausstoß je Megawattstunde betrifft. Kalkuliert denn niemand das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Maßnahmen, fragt man sich als ökologisch orientierter Mensch. Im Gegenzug hört man, dass die Bundesregierung nach dem Abschalten der letzten AKW die Kohlekraftwerke länger am Netz lassen möchte.
Ein erheblicher Nachteil (ökonomisch) ist die Monopolstellung des Strom- und Wärmeversorgers bei Anschlusspflicht für (neue) Verbraucher im Netzgebiet. In Münster gab es im Januar eine Steigerung der Kosten um 130 % (kein Tippfehler), nach ca. 50 % im Vorjahr. Man fühlt sich zurückversetzt in das Zeitalter der Gebietsmonopole (RWE, ENBW, ...). Lock-in-Effekt, das Ausweichen auf konkurrierende Anbieter ist nicht möglich. "Die Energiewende in Deuschland ist gescheitert", diesem Zitat von Ex-Staatssekretär Graichen, also derjenige, der die Energiewende für die jetzige BuReg weiter vorangetrieben hat, möchte ich mich anschließen.