IT-Fachkräfte finden die Immobilienbranche uncool
Die Immobilienbranche steckt in der digitalen Transformation. ESG-Berichtspflichten, Klimaziele und anspruchsvolle Mieter verlangen nach Datenanalysen zum Bau und für den Betrieb von Gebäuden. Künstliche Intelligenz (KI) kann bei Investmententscheidungen helfen, indem sie in kurzer Zeit Mietverträge und die Gebäudequalität auswerten kann.
Auf dem Arbeitsmarkt fehlen aber die dafür benötigten IT-Fachkräfte – gesucht sind unter anderem KI-Experten, Data Scientists und Programmierer. Doch wie beliebt ist die Branche als Arbeitgeber für diese Experten? Umgekehrt mangelt es an Bewerbern, die sowohl über IT-Wissen als auch über das Verständnis für Real-Estate-Themen verfügen. Unternehmen müssen vor allem bei der jüngeren Zielgruppe sichtbarer werden: durch Social Media, Messen und Absolventenkongresse.
Über diese Themen diskutierten auf einem von Rueckerconsult organisierten Online-Panel die Experten Felix Dorner (CFO von Aedifion), Marko Broschinski (Head of Sales bei Intreal Solutions) und Matthias Höppner (Geschäftsführer von Rectocon).
Immobilienbranche ist für IT-Kräfte zu wenig sichtbar
Rectocon-Geschäftsführer Höppner, seit vielen Jahren als Personalberater in der Immobilienbranche tätig, beobachtet, dass der Branche der Coolness-Faktor fehlt und sie bei Fachkräften aus den Bereichen IT und Softwareentwicklung zu wenig sichtbar ist.
"Viele Bewerber wissen zudem wenig über die anstehenden digitalen Herausforderungen in der Immobilienbranche. Dabei ist eine Tätigkeit im Immobiliensektor mit großer Sinnhaftigkeit verknüpft", so Höppner. Trage ein Experte dazu bei, dass Bestandsobjekte weniger fossile Energie verbrauchen und Mieter geringere Nebenkosten zahlen, sollte das Talente motivieren und zur Zufriedenheit bei der Arbeit beitragen. Auch das damit verbundene Changemanagement, das in der Firma initiiert werden müsse, könne für viele Arbeitnehmer eine interessante Aufgabe sein.
"Die Gestaltungsmöglichkeiten, die Mitarbeiter mit digitalem Arbeitsschwerpunkt in unserer Branche haben, werden unterschätzt. Dabei werden in der Branche eine Vielzahl von Fertigkeiten langfristig nachgefragt, wie Softwareentwicklung, Datenanalyse, Schnittstellen-Management und zunehmend auch Aufgaben im Bereich Cyber-Security", ergänzte Intreal-Experte Broschinski.
IT-Experten findet man bei Instagram, TikTok und LinkedIn
Um auf sich aufmerksam zu machen und neue Talente zu gewinnen, geht die Branche unterschiedliche Wege. Neben Messen und Absolventenkongressen von Hochschulen spiele das Recruiting über Social-Media-Plattformen eine große Rolle. "Je nach Altersgruppe sollte man den passenden Kanal für die Bewerberansprache wählen", sagte Aedifion-CFO Dorner. Das mache die Stellenbesetzung komplex, selbst für PropTech-Unternehmen.
In der Branche gesucht werden Absolventen von Universitäten ebenso wie Experten mit 20-jähriger Berufserfahrung. "Jobstarter findet man immer öfter auch bei Instagram, teils auf TikTok. Wer bereits im Job ist, wird eher über LinkedIn erreicht", so Dorner weiter. Sein Unternehmen macht außerdem gute Erfahrungen bei Kooperationen mit regionalen Hochschulen. "Wir schreiben Abschlussarbeiten aus, bieten attraktive Jobs für Werkstudierende an und gehen regelmäßig zu verschiedenen Veranstaltungen von Hochschulen."
Broschinski setzt auch auf Empfehlungen durch eigene Mitarbeiter: "Angestellte, mit denen unsere Mitarbeiter bereits in vorigen Arbeitsverhältnissen zusammengearbeitet haben, wissen durch den Austausch bereits, was auf sie zukommt. Gleichzeitig wissen unsere Beschäftigten als ehemalige Kollegen auch, was sie können. Das ist eine sehr gute Ausgangssituation."
Gesucht ist IT-Wissen kombiniert mit Immobilien-Know-how
Alle drei Experten sind sich einig, dass es schwierig ist, Bewerber zu finden, die sowohl über das nötige IT-Wissen als auch über Real-Estate-Verständnis verfügen. "In der Real-Estate-Branche wird oft in Objekten gedacht, im Tech-Umfeld hingegen in Datenströmen. Das zusammenzubringen und dann noch die Fachbegriffe vom Property Management zu verstehen, ist eine Herausforderung", erklärte Höppner. In der universitären Ausbildung im Real-Estate-Bereich habe es vor fünf Jahren noch keine Möglichkeiten gegeben, Vorlesungen mit IT-Schwerpunkten zu wählen. Das habe sich gebessert, könne aber noch optimiert werden, fügte Dorner an.
Diese Diskrepanz könnte etwa aufgelöst werden, wenn Unternehmen Immobilienexperten verstärkt in IT-Themen weiterbildeten. Karriereaussichten sind laut Höppner neben dem Wunsch nach flexiblem Arbeiten bei Bewerbern das wichtigste Kriterium, um sich für eine Firma zu entscheiden. Broschinski nimmt auch die Angestellten selbst in die Pflicht: Die müssten sich über die berufliche Entwicklung klar sein und sich darüber proaktiv mit Führungskräften austauschen.
"Viele Immobilienunternehmen müssen die digitale Transformation noch aktiver in ihr Geschäftsmodell integrieren", sagte PropTech-Vertreter Dorner. "Stehen Führungskräfte nicht hinter den notwendigen Innovationen und Anpassungen, bleibt der digitale Wandel stecken." Wichtig sei, neben den Prozessen auch die Unternehmenskultur anzupassen. Leitbilder müssten gelebt werden, so Broschinski. Höppner dazu aus der Beraterpraxis: "Auch müssen Versprechen, die während des Bewerbungsprozesses gemacht werden, eingehalten werden." Bei Diskrepanzen seien neue Mitarbeiter sonst vermutlich bald wieder weg.
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