DGNB-Gutachten: Nachhaltigkeitsbewertung für Immobilien

Greenwashing hat sich zu einem signifikanten Problem entwickelt. Das gilt auch für die Immobilienwirtschaft. Zuverlässige Bewertungssysteme wären ein Schlüssel. Wie ist die Lage? Ein DGNB-Rechtsgutachten klärt auf und gibt einen Überblick über die wichtigsten Regelungen.

Der Gebäudebestand in Deutschland muss bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein. Doch wie soll das bewertet werden? Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat bei der Kanzlei Franßen & Nusser ein unabhängiges Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um die Situation der Nachhaltigkeitsbewertung von Immobilien in Deutschland im Detail besser zu verstehen – und auf nationaler und europäischer Ebene transparent einordnen zu können.

Nachhaltiges Bauen: Viele Standards, keine Kompatibilität

"Das Problem ist, dass ausgehend von der rasant wachsenden Zahl an neuen Anforderungen, diverse Ansätze unterschiedliche Startpunkte haben, die nicht aufeinander abgestimmt sind", erklärt Christine Lemaitre, Geschäftsführende Vorständin der DGNB. "Hinzu kommt all das, was im Zuge des Green Deals und den Aktivitäten im Bereich Sustainable Finance von Unternehmen gefordert wird."

Für Anbieter von Bewertungssystemen heißt das, dass sie Verfahren ständig überprüfen und weiterentwickeln müssen. Der Wettbewerb bei der Nachhaltigkeitsbewertung habe dazu geführt, dass es in Deutschland ein eklatantes Umsetzungsdefizit gebe, heißt es in dem 60-Seiten-Papier, das auch einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland und in der Europäischen Union enthält.

DGNB: Gutachten zur Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäuden in Deutschland

Green Deal, "Fit for 55" & Co.: Regelungen im Überblick

Gesetzliche Bestimmungen aus der EU Auszug aus dem Gutachten:

Die Anforderungen existieren auf Ebene der EU (zum Beispiel Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie), des Bundes (BauGB, BauNVO, GEG, EnWG), der Länder (Bauordnungen, Solargesetze) und der Kommunen (kommunale Bauleitplanung). Viele dieser Regelungen sollen nicht nur auf Bundesebene (wie das kürzlich verabschiedete GEG), sondern vor allem auch auf EU-Ebene grundlegend überarbeitet werden:

  • Der European Green Deal umfasst eine Reihe von Maßnahmen unter anderem in den Bereichen Finanzmarktregulierung, Energieversorgung, Handel und Industrie und der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen.
  • Ein Europäisches Klimagesetz stellte die EU-Kommission am 4.3.2020 vor. Es ist mittlerweile in Kraft getreten. Das bisherige Ziel zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 wurde auf eine Reduktion um 55 Prozent verschärft. Das "Fit for 55-Paket" nennt Instrumente, mit denen das neue Klimaziel für 2030 erreicht werden soll. Für den Gebäudesektor gibt es (nur) Vorschläge der EU-Kommission, wie die gesetzlichen Ziele in den Mitgliedstatten eingehalten werden können.
  • Die Überarbeitung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden, soll dazu beitragen, Gebäude in der EU energieeffizienter zu machen: Alle neuen Gebäude sollen bis 2030 Nullemissionsgebäude sein und bestehende Gebäude bis 2050 umgewandelt werden. Ab 2028 sollen neue Gebäude im Eigentum öffentlicher Einrichtungen "net zero" sein. Für bestehende Gebäude haben sich die EU-Staaten darauf geeinigt, Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz einzuführen, die der maximalen Menge an Primärenergie entsprechen, die Gebäude jährlich pro Quadratmeter verbrauchen dürfen.
  • Die Richtlinie (EU) 2023/1791 vom 13.9.2023 zur Energieeffizienz (Energieeffizienzrichtlinie) ist verabschiedet worden und legt für Gebäude öffentlicher Einrichtungen Sanierungsraten zur Verringerung des Energieverbrauchs fest.
  • Die Mitgliedstaaten haben sich darauf geeinigt, Anforderungen festzulegen, mit denen sichergestellt wird, dass alle neuen Gebäude so konzipiert werden, dass das Potenzial zur Erzeugung von Solarenergie optimiert wird und die Installation geeigneter Solarenergieanlagen erfolgt: bis zum 31.12.2026 auf allen neuen öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 250 Quadratmetern, bis zum 31.12.2027 auf allen bestehenden öffentlichen und Nichtwohngebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 400 Quadratmetern und bis zum 31.12.2029 auf allen neuen Wohngebäuden.
  • Für eine nachhaltige Mobilitätsinfrastruktur, wie Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Elektrofahrräder, sollen in oder in der Nähe von Gebäuden die Verkabelung für die Infrastruktur und Stellplätze bereitgestellt werden. Das Schlussdokument wird noch zwischen Rat, Europäischem Parlament und EU-Kommission mit dem Ziel einer Einigung spätestens im Frühjahr 2024 verhandelt.
  • Bei Verbrauchsgütern hat die EU-Kommission bei der Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinie 2023 einen Gesetzesvorschlag für eine Öko-Design-Verordnung vorgelegt: Die Möglichkeiten zum Recht auf Reparatur wurde deutlich verbessert. Mit der geltenden Ökodesign-Richtlinie 2009/12/EG wurden Anforderungen für 31 Produktgruppen festgelegt. Der neue Vorschlag weitet sie auf die meisten Kategorien aus und erweitert die Verpflichtung, Produkte energie- und ressourceneffizient zu gestalten.
  • Mit der Novellierung der EU-Bauprodukteverordnung soll das Funktionieren des Binnenmarkts für Bauprodukte verbessert und ein Beitrag zu den Zielen des "Green Deals" und der Kreislaufwirtschaft geleistet werden. Bisher ist geplant, dass der Öko-Design-Verordnung bei energieverbrauchsrelevanten Bauprodukten, wie Heizgeräten, Kühl- und Lüftungssystemen oder Photovoltaik, Vorrang bei der Festlegung von Nachhaltigkeitsanforderungen eingeräumt wird. Beide Verordnungen befinden sich im Trilog-Verfahren und sollen 2024 verabschiedet werden.
  • Bereits in Kraft getreten sind die Verordnung (EU) 2020/852 – Taxonomie-Verordnung) vom 18.6.2020 und die Verordnung (EU) Nr. 2019/2088 – Offenlegungsverordnung. Damit wurde eine Liste für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten geschaffen. Die Anforderungen betreffen besonders die Immobilienbranche. Seit März 2021 hat die BaFin die Aufgabe, die Einhaltung der Verordnungen im Finanzdienstleistungssektor zu überwachen. Die Bestimmungen stehen im Zusammenhang mit der Richtlinie 2013/34/EU über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen, die durch die Richtlinie (EU) 2022/246419 (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung ergänzt worden ist.
  • Die EU-Kommission hat am 31.7.2023 den delegierten Rechtsakt zum ersten Set der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlicht: Alle nach der CSRD berichtspflichtigen Unternehmen, abhängig von ihrer Größe, müssen ab 2025 die neuen Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung anwenden und dafür sorgen, dass die Standards eingehalten werden.
  • Der Entwurf der Richtlinie über umweltbezogene Angaben soll helfen, Greenwashing zu bekämpfen, indem er Mindestkriterien festlegt, die Unternehmen erfüllen müssen. Es soll unter anderem geregelt werden, wie "grüne Behauptungen" begründet und kommuniziert werden müssen.

Klimaneutrale Gebäude: Top-Maßnahmen für Eigentümer

Für Eigentümer und Bestandshalter hat die DGNB mit Vertretern der Branche außerdem die wichtigsten zehn bis fünfzehn Handlungsoptionen für einen klimaneutralen Gebäudebestand veröffentlicht.

Erarbeitet wurde der Wegweiser im Rahmen des europäischen Verbundprojekts #BuildingLife. Das wurde im Vorfeld der Weltklimakonferenz COP26 vom World Green Building Council ins Leben gerufen.

DGNB-Wegweiser "Klimapositiver Gebäudebestand" für Eigentümer und Bestandshalter


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