Vom Virus verschont: Ausbildung in Corona-Zeiten
Obwohl die KSK Immobilien seit Monaten keine Ausbildungsplätze ausgeschrieben hat, erreichen die Immobilientochter der Kölner Kreissparkasse immer wieder Initiativbewerbungen für den Berufswunsch Immobilienkauffrau oder -kaufmann.
„Dabei sind unsere vier ab August frei werdenden Stellen schon seit Januar vergeben“,
sagt Pressesprecherin Katharina Roth. Auswirkungen der Corona-Krise spürt sie weder auf Nachfrageseite – noch steht die Ausbildungsbereitschaft in ihrem eigenen Unternehmen in Frage. Aus Duisburg bekräftigt Roths Branchenkollege Axel Quester, das Interesse des Nachwuchses an seiner Branche sei ungebrochen:
„Immobilienkaufmann und -kauffrau ist in den vergangenen zehn Jahren immer beliebter geworden und hat längst den Bankkaufmann an der Spitze der Popularitätsskala abgelöst.“
Der Chef des Maklerhauses Armin Quester Immobilien ist einer, der es wissen muss – er lehrt selbst an Berufsschulen und erlebt dort alle Facetten und Persönlichkeiten junger Menschen. Auch Quester hat die zwei Lehrstellen in seinem neunköpfigen Team längst vergeben. Er würde sogar noch einen weiteren dazu nehmen, wenn sich ein passender Kandidat fände.
Während der Deutsche Gewerkschaftsbund insgesamt in der Wirtschaft eine weiter sinkende Ausbildungsbereitschaft fürchtet und von aufgekündigten Verträgen berichtet, scheint der Tenor in der Immobilienwirtschaft über die Maklerseite hinaus einhellig: Auch von den Verwaltern, Projektentwicklern und Wohnungsunternehmen kommt ungeachtet der Corona-bedingten Krise ein Bekenntnis zur Ausbildung.
„An unserer Ausbildungssituation hat sich nichts geändert“
, erklärt etwa die Leiterin der Unternehmenskommunikation des Projektentwicklers Bonava Deutschland GmbH, Katja Kargert. „Die Ausbildung unserer Studenten und Azubis läuft unverändert.“ Ähnliches berichtet Sinan Eliguel, Head of Group HR der Drees & Sommer SE aus Stuttgart. „Kein Jahrgang bleibt unbesetzt.“ Und Jürgen Kutz, der Vorstandsvorsitzende der Consus RE AG, sieht die Ausbildung von Fachkräften gar als gesellschaftliche Aufgabe, der sich der Konzern gerade in Krisenzeiten stelle.
Für die Immobilienverwalter schließlich ist es der Geschäftsführer des Bundesfachverbands der Immobilienverwalter, Thomas Meier, der keinerlei Auswirkungen der Corona-Krise auf die Ausbildungsbereitschaft seiner Mitglieder beobachten kann. In seinem eigenen Unternehmen in Nürnberg hat er den ab August frei werdenden Ausbildungsplatz ebenfalls längst besetzt, angesichts zweier zusätzlicher Werkstudenten seien die Möglichkeiten seines überschaubaren Teams damit erschöpft, so Meier.
Anforderungen an Auszubildende
„Eigentlich sind die gleichen Anforderungen wie immer gefragt“, sagt Peter Schürrer von Schürrer & Fleischer Immobilien aus Stuttgart, der zugleich Geschäftsführer des Maklerverbands DAVE ist.
„Wir wollen Menschen, die kommunikativ sind, gute Umgangsformen mitbringen und Herzblut für den Job.“
Bewerbe sich jemand nur, weil er oder sie noch orientierungslos ist, merke man das mit ein paar treffenden Fragen im Gespräch schnell, ergänzt Sven Keussen von Rohrer Immobilien aus München. Er erwartet von seinen lernenden Mitarbeitern grundsätzlich eine Art „Holschuld“ – also das aktive sich Einbringen und Nachfragen.
„Solche Eigeninitiative ist natürlich jetzt noch mehr gefragt, wenn man doch öfter über Video und Telefon miteinander spricht“
, sagt Sven Keussen.
Katharina Roth aus Köln bestätigt das und erklärt zugleich: „Unsere Auszubildenden haben das bisher prima gemeistert.“ Für die KSK-Sprecherin belegt dieses Verhalten, dass der mehrstufige Einstellungstest für Auszubildende wirkt. Neben fachlichen Fähigkeiten und Allgemeinwissen würden dabei Softskills und Sozialkompetenz geprüft.
Mehr Videokonferenzen, weniger Kundenbesuche
Solche Eigenschaften gepaart mit Selbstdisziplin braucht der Nachwuchs im Ausbildungsalltag nun besonders – führende Berufsbildungsstätten wie die EBZ Business School in Bochum haben ihre Lehrveranstaltungen ins Internet verlagert und erwarten von den Teilnehmern, sich eigenständig von zu Hause aus zu kümmern und zu lernen.
Im Berufsalltag hängt es von der Art der Tätigkeit und der Bürosituation vor Ort ab, wie Unternehmen mit ihren Auszubildenden umgehen. Consus RE etwa hat Azubis dort, wo möglich, ins Home Office geschickt, die in Norddeutschland vertretene Immobilienfirma Robert C. Spies ihre Lehrlinge genauso wie die festen Mitarbeiter unmittelbar mit Hardware und einem VPN-Zugang für den Heimarbeitsplatz ausgestattet. Tägliche Videokonferenzen sicherten den direkten Kontakt auch mit Führungskräften. „Die Situation ist natürlich dadurch erleichtert worden, dass die Azubis schon ein dreiviertel Jahr da sind“, sagt Personalchefin Jana Heijenga. Schwieriger sei es mit dem direkten Kundenkontakt gewesen. „Azubis sind sehr interessiert daran, auf Termine mitzukommen, das war nicht mehr möglich.“ Ihr Kollege Schürrer aus Stuttgart wiederum hat gemischte Teams mit erfahrenen Kräften, Berufsanfängern und Auszubildenden gebildet, die sich regelmäßig austauschen und so zumindest virtuelle Nähe und engen Kontakt unter den gegebenen Umständen sichern.
Andere Unternehmen konnten die Situation vor Ort so umbauen, dass die Mitarbeiter weiterhin kommen konnten – Quester aus Duisburg beispielsweise ging mit dem Zollstock durchs Büro und brachte die Schreibtische auf Abstand. Auch BVI-Präsident Meier erklärt, er habe keinen einzigen Mitarbeiter während der Zeit der Kontaktbeschränkungen ins Home Office beordern müssen. „Die Abstands- und Hygieneregelungen ließen sich problemlos im Büro umsetzen.“
„Home Office gibt es für Azubis nicht“, bestätigt Katja Kargert für Bonava. Solange die überbetrieblichen Ausbildungszentren geschlossen gewesen seien, habe der Nachwuchs die ganze Zeit in den Büros und auf den Baustellen gearbeitet. Inzwischen würden die Berufsschulen den Betrieb langsam wieder hochfahren, so Kargert. Auf den Baustellen gelten für Bonava-Azubis die gleichen Regelungen wie für die anderen Beschäftigten, sie orientieren sich an den Vorgaben der Berufsgenossenschaft Bau, denen des Robert-Koch-Instituts und der Bundesregierung. Drees & Sommer richtet sich bei der Organisation fester Bürotage mit den Auszubildenden ebenfalls nach geltenden Sicherheits- und Hygienestandards.
Attraktivität durch Corona womöglich gar gestärkt
Die Übernahmequote bei dem Projektentwickler liege bei 100 Prozent – verbunden mit dem Wunsch, das Ausbildungskonzept weiterzuentwickeln und das Ausbildungsvolumen zu steigern, wie HR-Chef Eliguel erklärt. Drees & Sommer bildet Bürokaufleute genauso aus wie technische Systemplaner und bietet ein duales Studium mit verschiedenen Fachrichtungen an, von Informatik bis Bauingenieurwesen. Ähnlich breit aufgestellt ist Bonava Deutschland, und auch aus der Konzernzentrale im brandenburgischen Fürstenwalde heißt es: "Grundsätzlich ist es unser Wunsch und unser Ziel, jeden Studenten und jeden Azubi zu übernehmen."
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