Konsolidierung am Verwaltermarkt ist seit vielen Jahren ein Thema. Starker Wettbewerb, Kostendruck, auch das Fehlen einer Nachfolgestrategie machen es den Käufern einfach. Die Mittel dazu haben oft nur die großen Unternehmen. Vereinfachung der Abberufung, Organschaft für die Eigentümergemeinschaft, Zertifizierung, Modernisierung und privilegierte bauliche Maßnahmen, Öffnung für digitale Prozesse – all das könnte kleine Verwalter in den kommenden Jahren stärker unter Druck setzen.
These 1: Die Starken werden noch stärker
Zwar ist der Verwaltermarkt immer noch von tausenden kleinen, lokalen Anbietern geprägt. Doch es gibt inzwischen eine Reihe international tätiger großer Unternehmensgruppen. So wie die Foncia Deutschland Gruppe: 17 Tochtergesellschaften, 800 Mitarbeiter, 1.000 betreute Eigentümergemeinschaften, der verwaltete Gesamtbestand umfasst rund 130.000 Wohneinheiten. Der französische Mutterkonzern war im Jahr 2003 mit einer klaren Akquise-Strategie im deutschen Verwaltermarkt eingestiegen. Allein die jüngsten Übernahmen – von Vegis, Präzisa, Sorgertec und Paul Immobilien, alle im Jahr 2020 – brachten Foncia Deutschland mehr als 50.000 Einheiten ein.
Auch einheimische Immobilienverwaltungen befinden sich auf Expansionskurs. In den vergangenen Jahren entstanden überregional aktive Firmenkonglomerate wie die Immobiliengruppe Rhein-Neckar oder die Kunze Gruppe. Am anderen Ende des Marktes stehen Verwalter, die für eine Handvoll bis wenige hundert Eigentümer Hausgeldabrechnungen erstellen – häufig noch mit Excel. Wie können sie im Markt bestehen?
These 2: Chancen im wachsenden Markt
Von einer starken Konsolidierung gehe ich nicht aus. In der Vergangenheit ist der Markt kontinuierlich gewachsen. 2010 zählte das Statistische Bundesamt 22.343 Immobilienverwaltungen, 2018 waren es 24.066. Dabei haben die "größeren Kleinen" (ab 100.000 Euro Umsatz, mehr als 500 Einheiten) und die mittelgroßen Immobilienverwaltungen (bis fünf Millionen Umsatz und zirka 10.000 Einheiten) zahlenmäßig zugenommen, während die Anzahl der ganz großen und ganz kleinen Unternehmen sank.
Ein wichtiger Grund für die positive Entwicklung dürfte das Wachstum im Wohnungsbau sein. Die Zahl der Baugenehmigungen stieg von Januar bis November 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 3,9 Prozent. Ein Ende des Booms ist nicht Sicht. Die Grundstückspreise sind in vielen Metropolregionen, aber auch in den beliebten Universitäts- und Schwarmstädten inzwischen auf einem Niveau, bei dem sich junge Familien das begehrte Einfamilienhaus nicht mehr leisten können und auf Eigentumswohnungen ausweichen müssen. Auf diesem Markt können sich Familienunternehmen behaupten – wenn sie professionell aufgestellt sind.
These 3: "Excel-Verwaltungen" werden endgültig abgehängt
Wettbewerbsfähige Preise, modernen Komfort, Datenschutz und -sicherheit müssen die kleinen Verwalter allerdings bieten, wenn sie im Geschäft bleiben wollen. Es geht beispielsweise um die Automatisierung von Zahlungsverkehr und Buchhaltung – hier liegt enormes Einsparpotenzial. Es geht um Vernetzung, damit die Daten über alle Schnittstellenprozesse hinweg fließen, die Objektbetreuer mobil arbeiten und Dienstleister, Handwerker oder Versorgungsunternehmen integriert werden können.
Es geht um moderne Kommunikation und Services für Eigentümer und Mieter: Jüngere lesen keine E-Mails, sie informieren sich im Kundenportal, erwarten alle Dokumente im Online-Archiv und wollen ihre Anliegen zu jeder Tageszeit über das Smartphone oder Tablet loswerden, ob neue Kontoverbindung, Schadensmeldung oder Mieterwechsel. Chatbots wiederum erleichtern dem Verwalter die Anfragenbearbeitung. Die Online-Teilnahme an Eigentümerversammlungen bietet die Chance, mehr Eigentümer, gesicherte Entscheidungen und eine höhere Kundenzufriedenheit zu erreichen. Dass bei all dem hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden und alles DSGVO-konform abläuft, ist ein "Hygienefaktor".
Die Fülle der Möglichkeiten mag kleine Immobilienverwaltungen, die noch nicht einmal eine Verwaltungssoftware nutzen, überfordern. Doch wer die digitale Entwicklung ignoriert, wird abgehängt und gefährdet seine Existenz. Zumal im Moment noch andere Dinge im Fokus stehen.
These 4: Die Branche durchläuft eine anstrengende Phase
Klimawandel und energetische Sanierung, E-Mobilität, Compliance – all das verändert die Branche. Die Themen schlagen in neuen rechtlichen Vorgaben auf, beispielsweise via Geldwäschegesetz, DSGVO, Förderrichtlinien, Gebäudeenergiegesetz, Grundsteuerreform. Im kommenden Jahr holt die Branche der Zensus ein, doch das neue WEG-Recht stellt aktuell alles in den Schatten.
Es bringt zwar Erleichterungen mit sich, birgt für die Verwalterinnen und Verwalter aber auch größere Anforderungen und Risiken. Viele vertraute Abläufe sind neu zu definieren, mehr technisches Wissen wird verlangt. So stellt ein Elektroauto in der Tiefgarage hohe Anforderungen an den Brandschutz. Die neuen Rechte der Eigentümer und Mieter erhöhen den Druck. Es braucht seine Zeit, bis sich alles einschleift.
Kleine Immobilienverwaltungen haben mit den Anforderungen stärker zu kämpfen als große. Gleichzeitig bremst die Pandemie immer noch den persönlichen Kontakt aus – hier läge ihr Trumpf gegenüber großen Gesellschaften.
These 5: Digitale Technologie stärkt die Wettbewerbsposition der kleinen Unternehmen
Die Digitalisierung ist nicht gratis zu haben. Doch vorbei sind die Zeiten, als die digitalen Hilfsmittel mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden waren. Im Gegenteil: Die Nutzung von moderner Cloud-Technologie und SaaS-Lösungen kommt ohne teure Hardware und IT-Betreuung aus. Auch sind Einführung und Einsatz moderner webbasierter Systeme bei kleinen Unternehmen deutlich einfacher.
Cloud-Software eröffnet neue Möglichkeiten für mobiles Arbeiten. Sie fördert die Vernetzung mit Dienstleistern und Partnern, befeuert Automatisierung und Effizienz. Schließlich kann eine digitale Verwaltung besser gesetzliche Anforderungen an Datenschutz und Compliance erfüllen. Die vier wesentlichen Erfolgsfaktoren für den Aufbruch ins digitale Zeitalter sind:
- Am Anfang muss ein starkes Commitment und klares Zielbild der Unternehmensleitung stehen.
- Die digitale Strategie muss zum Unternehmen passen und einen realistischen Fahrplan vorsehen, der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht überfordert.
- Die Auswahl der IT-Systeme muss sich an den Zielen, Anforderungen und Gegebenheiten des Unternehmens orientieren.
- Verwalter, Verwalterinnen und Nachwuchskräfte müssen sowohl in fachlicher Hinsicht als auch im Umgang mit modernen IT-Systemen umfänglich qualifiziert werden.
Ich kenne etliche kleinere Immobilienverwaltungen, die in den vergangenen Jahren erfolgreich gewachsen sind. Es sind Unternehmen, die genau diesen Weg gewählt haben und digitale Hilfsmittel gewinnbringend einsetzen. Ihre Prozesse und ihr Know-how erlauben es ihnen, neue Eigentümergemeinschaften zu akquirieren und nach der Umstellung effizient zu verwalten. Wenn sich ein Unternehmen im Nachbarort zurückzieht aus dem Geschäft, präsentieren sie sich als Nachfolger, der die Kunden kompetent, modern und persönlich betreut und dabei fest in der Region verwurzelt ist. Auch das ist die Zukunft.
Anzahl professioneller Verwalter und Umsatz
Verhältnis Umsatz, Mitarbeiterzahl, Bestand und Anzahl der Unternehmen (Stand 2020)
Umsatz 2019 in Euro | Durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter (VZÄ) | Durchschnittlicher Verwaltungsbestand (VE) | Anzahl Unternehmen |
bis 17.500 | 1,1 | 60 | - |
17.500 - 50.000 | 2,0 | 184 | 5.126 |
50.000 - 100.000 | 2,2 | 361 | 4.498 |
100.000 - 250.000 | 3,8 | 612 | 6.117 |
250.000 - 500.000 | 5,6 | 1.274 | 3.436 |
500.000 - 1 Mio. | 12,5 | 2.123 | 2.251 |
1 Mio. - 2 Mio. | 18,6 | 4.259 | 1.278 |
2 Mio. - 5 Mio. | 46,6 | 9.759 | 855 |
5 Mio. - 10 Mio. | 60,4 | 16.870 | 273 |
10 Mio. - 25 Mio. | 207,4 | 51.628 | 167 |
25 Mio. - 50 Mio. | - | - | 48 |
50 Mio. - 100 Mio. | - | - | 17 |
100 Mio. - 250 Mio. | - | - | - |
250 Mio. und mehr | - | - | - |
(Quelle: VDIV Branchenbarometer 2020) | (Quelle: VDIV Branchenbarometer 2020) | (Quelle: VDIV Branchenbarometer 2020) | (Quelle: Destatis 2020 nach USt.-Statistik 2018) |