So gelingt die agile Transformation in der Wohnungswirtschaft
Für die EBZ-Akademie wird es immer wichtiger, neben der Konzentration auf das operative Geschäft und dessen Effizienzsteigerung auch die Fähigkeit zu besitzen, Veränderungen im Marktumfeld zu reflektieren. Sie muss in der Lage sein, Bedrohungen für ihre Geschäftsfelder frühzeitig zu erkennen und darauf flexibel zu reagieren. Deshalb hat sie sich vor zwei bis drei Jahren auf den Weg gemacht, traditionelle Organisationsstrukturen um agile Managementkonzepte zu ergänzen.
Was zeichnet ein agiles Unternehmen aus?
Agilität kann als Fähigkeit eines Unternehmens beschrieben werden, beweglich und wendig nur schwer vorhersehbare Veränderungen im Unternehmenskontext reagieren zu können – und dabei stets die Kundenbedürfnisse im Auge zu behalten. Agile Unternehmen zeichnen sich in der Regel durch Geschwindigkeit (Schnelligkeit der Reaktionen), Veränderungsfähigkeit (schnelle Anpassung von Organisationsstrukturen), Kundenzentriertheit (Prozesse mit kurzen Zyklen und Iterationen) und ein agiles Mindset (Wertschätzung, Augenhöhe, Beteiligung, Vertrauen, Transparenz, Offenheit, Reflexion) aus. Drei Handlungsfelder waren für die EBZ-Akademie als Einstieg zentral, um sich in Richtung einer agilen Organisation zu entwickeln, und lassen sich ohne Weiteres von Wohnungsunternehmen adaptieren.
Handlungsfeld: Organisationsstrukturen
Unternehmen sind – je nach Größe – in der Regel in Bereiche, Abteilungen und Teams gegliedert. Diese Strukturen haben sich in der Vergangenheit bewährt, neigen aber zu einer gewissen Intransparenz und tendieren zu "Silodenken". Bei bereichsübergreifenden Projekten und Prozessen verursachen sie häufig Schnittstellenprobleme. Deshalb wurden die klassischen Organisationsstrukturen um Projekt-, Prozess- und Netzwerkstrukturen ergänzt.
Aufbau eines Projektbüros
Innovationen, IT-Projekte und größere Kundenaufträge laufen auch in der EBZ-Akademie meist über Projekte. Um Projektmanagementkompetenzen zu stärken, wurde der aus der IT-Welt bekannte Scrum-Ansatz übernommen: Projekte werden über ein sogenanntes Projektbüro gesteuert, das ein klares Rollenkonzept mit Auftraggebern, Projektleitern und -mitgliedern vorgibt. Die Aufträge werden schriftlich fixiert (Projektziele, Rollen, Meilensteine, Ressourcen) und für alle Mitarbeiter sichtbar an einer zentralen Projektwand veröffentlicht. Pro Woche gibt es ein Stand-up von zirka 15 Minuten, bei dem sich Auftraggeber und Projektleiter auf den aktuellen Stand bringen. Die Projektarbeit findet meist in einer Kollaborations- und Projektmanagementsoftware statt. Nach Projektende gibt es neben der Projektabnahme ein Reflexionsgespräch ("Lessons Learned") mit allen Beteiligten.
Aufbau eines Projektteams
Prozesse sind heute häufig digital und teamübergreifend. Klassische Teamverantwortlichkeiten stoßen da schnell an Grenzen. Deshalb wurde mit einer ERP-Software ein Prozessteam etabliert, das sich aus Mitarbeitern unterschiedlicher Bereiche zusammensetzt und nach Abschluss der Einführungsphase bestehen bleibt. Das tTeam trifft sich wöchentlich und nimmt eine laufende Prozessoptimierung (inklusive IT-Unterstützung) vor, dokumentiert und überwacht die Prozesse und führt laufend Schulungen mittels Stand-ups, Lernvideos und anderer Lernmittel durch.
Entwicklung von Netzwerkstrukturen
Um klassische, also hierarchische Unternehmensstrukturen aufzuweichen und eine abteilungs- und teamübergreifende Netzwerkstruktur zu fördern, wurden kreative Veranstaltungsformate geschaffen. Dazu gehört "Lunch & Learn", ein gesponsortes gemeinsames Pizzaessen in der Mittagspause. Beliebt ist auch der "Open Friday", bei dem alle zwei bis drei Monate ein Vormittag geblockt wird, um Mitarbeitern die Möglichkeit zum Austausch zu geben. Neu im "Programm" ist WOL – Working out Loud. Dieser aktuelle Ansatz dient der Vernetzung von Mitarbeitern und soll die persönliche Vernetzungskompetenz fördern.
Handlungsfeld: Kommunikation und Kollaboration
Mobiles Arbeiten, flexible Arbeitszeiten und Projektarbeit setzen sich immer stärker durch. Sie verändern die Kommunikation und Zusammenarbeit in Unternehmen. Verstärkt und unterstützt wird dieser Trend durch das Aufkommen von IT-Tools für den digitalen Arbeitsplatz (Cloudtechnologie, Laptops und mobile Endgeräte, digitale Kollaborations- und Projekttools). Deren Einsatz ermöglicht, dass von 30 Mitarbeitern der EBZ-Akademie aktuell 15 mobil arbeiten. Die vier angestellten Trainer und Berater arbeiten ausschließlich mobil, elf weitere Mitarbeiter bis zu zwei Tage pro Woche.
Von Beginn an wurde mit Softwarelösungen experimentiert – anfangs waren die Resultate nicht zufriedenstellend. Mit der Kollaborationsplattform Teams von Microsoft Office 365 wurde eine adäquate Lösung gefunden. Teams erlaubt virtuelle Arbeitsgruppen, Videokonferenzen und Chats und ist das zentrale Kommunikationsmedium geworden.
Neben dem Trend zur digitalen Kommunikation und Kollaboration behält die Face-to-Face-Kommunikation ihre Bedeutung. Daher galt es, bewusst Räume für den persönlichen Austausch zu schaffen, wie zum Beispiel zentrale Kaffeestationen oder Kreativräume. Auch die Bedeutung von gemeinsamen Aktivitäten wächst: Ob Volleyball, Kinoabend oder Gartenfest – das Erlebnis stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und prägt die Kultur im Unternehmen.
Handlungsfeld: Lernende Organisation
Learning Analytics, adaptive Lernsysteme mit künstlicher Intelligenz, Lernen mit Augmented Reality und Virtual Reality sind Schlagworte, die für viele noch weit weg erscheinen – im Gegensatz zu Bildungsanbietern aus der Industrie 4.0. Aber unabhängig davon, wann und in welcher Intensität diese Art des Lernens von den Kunden aus der Immobilienwirtschaft eingefordert wird, stehen die genannten Begriffe als Synonym dafür, wie stark sich die Weiterbildung verändern wird und wie mit der erforderlichen wendigen und flexiblen Reaktionskompetenz (Agilität) darauf eizugehen ist.
Die "lernende Organisation" wird als zentraler Schlüssel hierfür gesehen. Es müssen die Rahmenbedingungen und eine Kultur entwickelt werden, in der das permanente Beschäftigen mit neuen Themen zum Normalfall wird – und somit in die DNA der Organisation eingeht. Damit dies auch gelingt, sind folgende Punkte wichtig:
Aufbau einer Lernkultur
Das Lernen und die persönliche Entwicklung jedes Einzelnen muss vom Unternehmen und von der jeweiligen Führungskraft gewollt sein sowie in der täglichen Arbeit und in Feedbackgesprächen eingefordert werden. Sinnvoll ist auch, gemeinsam mit den Mitarbeitern und dem Team bindende Regeln für eine Kultur des Lernens zu entwickeln.
Die Rolle der Führungskraft im Lernprozess
Modernes Lernen ist immer auch ein arbeitsintegriertes Lernen. Deshalb kommt der Führungskraft eine besondere Rolle zu. Sie sollte Ermöglichungsräume für Lernen am Arbeitsplatz schaffen und die Mitarbeiter im Lernprozess unterstützen (Führungskraft als Lerncoach oder "Enabler").
Just-in-Time Bereitstellung von Wissen
Die Mitarbeiter benötigen einen einfachen Zugriff auf das benötigte Wissen. "Digital Workspaces" auf Sharepoint-Basis bieten einen guten ersten Ansatz, Wissensmanagementsysteme sind der nächste sinnvolle Schritt. Lernmanagementsysteme (LMS) bieten die Möglichkeit, eingekaufte oder selbstproduzierte Lernvideos und E-Learnings bereitzustellen. Die EBZ-Akademie arbeitet mit dem LMS-Moodle und geht aktuell die ersten Schritte mit LMS365, einem LMS, dass sich ganz in die Landschaft von Microsoft Office 365 einfügt. Lernen wird zum integrierten Bestandteil der Arbeit.
Der vollständige Artikel erschien im Fachmagazin "DW Die Wohnungswirtschaft", Ausgabe 02/2020.
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