Gesundes Wohnen und prima Klima ist das Ziel
Das Klimaschutzgesetz gibt vor, das bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität beim Bauen erreicht werden muss. Obwohl es Lösungsbeispiele für einzelne Gebäude und Quartiere gibt, ist es eine gewaltige Aufgabe, dieses Ziel in der Breite zu erreichen. Die Herausforderung bietet aber auch die Chance, den Gebäudebestand architektonisch und städtebaulich aufzuwerten, die Synergien von Energieeffizienz und erneuerbarer Versorgung zu heben und nebenbei hohen Komfort in Gebäuden und auf Freiflächen inklusive zahlreicher Aspekte der Wohngesundheit zu erreichen.
Eine vielfach angewandte Definition ist die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen auf eine bilanzielle Net-Zero-Bilanz. Zudem zielen viele Quartierskonzepte darauf ab, eine Plusenergiebilanz zu erreichen – das heißt: Der erneuerbare Endenergieertrag im Gebiet soll höher sein als der Bedarf für Heizen, Kühlen, Warmwasser und sämtliche Stromanwendungen. Grundlage dafür ist eine hohe bauliche Energieeffizienz, um Gebäude und Quartiere wirtschaftlich mit erneuerbaren Energien zu versorgen.
Klimaschutz und Wohngesundheit: Synergien
Die hochwertige Dämmung der Gebäudehülle sorgt für ein ausgewogen komfortables und gesundes Raumklima. Wird zusätzlich Lüftungstechnik mit Wärmerückgewinnung eingebaut, kann für hygienisch einwandfreie Raumluft gesorgt werden und im günstigen Fall die erforderliche Heizlast halbiert werden. Ganz nebenbei ergibt sich – insbesondere in Stadtquartieren mit Äußenlärmpegel – ein ausgesprochen guter Schallschutz. Wenn ökologisch und biologisch unbedenkliche Baustoffe Verwendung finden, erhöht sich der Gesundheits- und Wohnkomfort weiter.
Bei Neubau und Sanierung von Quartieren drängen sich Optimierungen bei der Freiflächengestaltung auf, um ein gutes Mikroklima zu erzielen – und für die Menschen Wohlfühlzonen im direkten Wohnumfeld bereitzustellen. Dabei geht es auch um Artenvielfalt für Flora und Fauna. Ergänzend dazu sollten Schwammstadtaspekte samt Management und Nutzung des Niederschlagwassers verbessert und für die Menschen erlebbar gemacht werden.
Wieviel Kilowattstunden Wärme pro Kilowattstunde Strom können bereitgestellt werden? Vorneweg Tiefengeothermie, wo geologische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen stimmen, gefolgt von Wärmepumpentechnik – von Kleinstwärmepumpen bis hin zu großen Aggregaten in Fernwärmenetzen.
Dabei können Wärmepumpenlösungen pro Gebäude oder gar Wohnung wirtschaftlicher sind als Wärmenetze, da Strom mit minimalen Verlusten verteilt werden kann, Wärmenetze jedoch mit hohen Wärmeverlusten verbunden sind. Es ist eine große Herausforderung, das optimale Versorgungssystem für das jeweilige Quartier zu finden. Ob die Entscheidung zugunsten eines Wärmenetzes ausfällt, hängt von verschiedenen Parametern ab.
Von Ökobilanzierung bis "Urban Mining"
Müssen Quartiere ihre Herstellungsemissionen ausgleichen? Nein! Zwar ist es sehr einfach, bei einem zweigeschossigen Einfamilienhaus mit vollflächiger Dach-Photovoltaik eine Berechnung zu erstellen, bei der auch die Aufwendungen für die Herstellung des Gebäudes über den Betrachtungszeitraum von fünfzig Jahren bilanziell ausgeglichen werden. Das gilt aber nicht mehr in verdichteten Quartieren ab drei bis vier Geschossen. Zudem ist bei der Abwägung die Wirksamkeit der Maßnahmen zu beachten, mit denen die Treibhausgasemissionen reduziert werden sollen.
Es wird aber nicht möglich sein, die Nachhaltigkeit beim Bauen allein durch Holzbau zu erreichen. Vielmehr müssen alle Konstruktionen und Materialien auf den Prüfstand. Die Bauindustrie wird innerhalb der nächsten ein, zwei Jahrzehnte ihre Produktion vollständig klima- und ressourcenneutral umzustellen müssen. Klimapositive Materialien spielen dabei eine entscheidende Rolle: Biomasse und andere natürliche Kohlenstoffpotenziale gilt es als Rohstoffe zu nutzen – nicht nur während der Nutzungsphase als Kohlenstoffspeicher, sondern müssen bei Abriss im Sinn der Kreislaufwirtschaft und des "Urban Mining" als Rohstoff für neue Produkte.
Klimaschutz und Wohngesundheit versus Wirtschaftlichkeit
Im Baubereich verfügen wir über das Wissen und die Techniken, um wohngesund zu bauen und zugleich Klimaneutralität zu erreichen. Ob wir das ambitionierte Ziel bis 2045 schaffen, hängt im Wesentlichen vom konsequenten Wollen und konstruktiven Miteinander aller Akteure ab. Erforderlich sind kluges Langfristdenken, Mut und Innovationswillen – vor allem aber ein gesellschaftlicher Konsens und Solidarität, die mit einer positiven Art von Suffizienz verbunden wird.
Die gute Nachricht lautet: Techniken für das Erreichen der Klimaneutralität im Gebäudesektor sind marktverfügbar. Investitionen in Effizienz und Erneuerbare sorgen dafür, dass Betriebskosten sinken und sich eine verlässliche Preissituation einstellt. Preissprünge für Energie, wie sie in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder für Verwerfungen gesorgt haben, wird es in einem regional orientierten erneuerbaren Versorgungssystem nicht geben. Und, wenn die Bau- und Sanierungszyklen zugleich als Chance für wohngesundes Bauen gesehen werden, stehen viele Optionen für zukunftsfähige Gebäude und Quartiere offen, deren Lebenszykluskosten günstiger liegen als bisher übliche Standardlösungen.
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