Aufstockung: Neuer Wohnraum ohne Nachteile?
Es ist eigentlich ein alter Hut: Aufstockungen bestehender Gebäude könnten einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des Wohnungsmangels leisten – ohne weiteren Flächenverbrauch. Und trotz des großen Potenzials dieser Art der Nachverdichtung geht es nur zäh voran. Das liegt auch daran, dass die baurechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene der Sache noch nicht unbedingt reizvoll für Bauherren sind.
Darauf hat bereits vor rund dreieinhalb Jahren die bundesweite "100 Tausend Dächer"-Initiative des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW hingewiesen. Manche Bundesländer haben mittlerweile allerdings ihre Bauordnungen dahingehend reformiert.
Studie: 240.000 neue Wohnungen nur im Rhein-Main-Gebiet
Auf Bestandsgebäuden könnten dem Eigentümerverband Haus & Grund Hessen zufolge allein im Rhein-Main-Gebiet bis zu 240.000 neue Wohneinheiten ohne weiteren Flächenverbrauch geschaffen werden. Ermittelt hat diesen Wert Prof. Dr. Karsten Tichelmann von der Technischen Universität (TU) Darmstadt in seiner jüngsten "Deutschlandstudie", einer Gemeinschaftsarbeit mit dem Pestel Institut. Er untersucht das Potenzial von Aufstockungen vor allem auf Nicht-Wohngebäuden regelmäßig – vor zwei Jahren waren demnach noch 24.000 Wohnungen weniger durch Aufstockung möglich als jetzt.
Das wachsende Potenzial auch zu nutzen, das käme der hessischen Landesregierung entgegen: Die will den Flächenverbrauch bis zum Ende der Legislaturperiode 2023 auf 2,5 Hektar pro Tag senken. 2020 waren täglich 2,63 Hektar im Land verbraucht worden. Im Rhein-Main-Gebiet sind nach Angaben von Haus & Grund seit 2018 zirka 4.200 neue Wohnungen durch das Aufstocken bestehender Gebäude entstanden. Der Verband forderte auf Grundlage der jüngsten Tichelmann-Analyse, das vorhandene Potenzial in Zukunft besser zu nutzen – vor allem da die Bevölkerung in der Region bis zum Jahr 2030 nach dem heutigen Stand um voraussichtlich 300.000 Einwohner wachsen werden wird.
Wissenschaftler: Offensive bei Dachaufstockung von Wohngebäuden muss her
Die "Deutschlandstudie" von TU Darmstadt und Pestel Institut geht bundesweit von rund 1,2 Millionen neuen Wohnungen aus, die auf Nicht-Wohngebäuden entstehen könnten, ohne zusätzliche Flächen versiegeln und teures Bauland in die Kosten einkalkulieren zu müssen. Voraussetzung wäre, die vorhandenen innerstädtischen Bau-Potenziale viel konsequenter zu nutzen. Die Wissenschaftler plädieren außerdem für eine Offensive bei der Dachaufstockung von Wohngebäuden, deren Potenzial bundesweit bei 1,1 bis 1,5 Millionen Wohneinheiten liegen soll.
Letzteres ist erklärtes Ziel der "100 Tausend Dächer"-Initiative, der neben dem GdW der Bundesverband der Gipsindustrie und der FMI Fachverband Mineralwolleindustrie angehören. Um "attraktiven neuen und bezahlbaren Wohnraum in Ballungsräumen, Groß- und Universitätsstädten zu schaffen", müssten Regeln flexibler gestaltet werden – es geht zum Beispiel um Abstandsflächen und Ausgleichsmaßnahmen, um Stellplatzpflichten und Brandschutz, heißt es in einem Positionspapier der "100 Tausend Dächer- Initiative.
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