Abkehrwillen: Darf der Arbeitgeber deswegen kündigen?
Grundsätzlich ist unter einem Abkehrwillen zu verstehen, dass der Beschäftigte, den Wunsch hat, das Unternehmen zu verlassen und dafür auch schon Vorbereitungen trifft. Entweder, um ein anderes Arbeitsverhältnis einzugehen oder sich selbstständig zu machen. Das ist zunächst sein gutes Recht, eine verhaltensbedingte Kündigung kommt jedenfalls allein aus diesem Grund nicht in Betracht. In Ausnahmefällen kann eine betriebsbedingte Kündigung erfolgen. Zu den möglichen Gründen hat das Arbeitsgericht in seinem Urteil Stellung genommen, im konkreten Fall aber verneint.
Abkehrwille: Grund für Kündigung mit kürzerer Kündigungsfrist?
Der Arbeitnehmer war seit 2016 als Teamleiter beschäftigt. Er teilte dem Arbeitgeber mit, dass er nach einer für März und April 2019 geplanten Kur beabsichtige zu kündigen und sich einen neuen Job zu suchen. Seine schriftliche Kündigung reichte er am 22. Januar 2019 zu Mitte April 2019 ein. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber ihm neun Tage später mit einer Frist bis Ende Februar. Der Grund: der durch die Kündigung zum Ausdruck gekommene Abkehrwille des Mitarbeiters. Der Teamleiter wehrte sich vor Gericht mit der Kündigungsschutzklage.
ArbG Siegburg: Keine Gründe für Kündigung wegen Abkehrwille
Das Arbeitsgericht Siegburg gab ihm recht und entschied: Die Kündigung des Arbeitgebers war rechtswidrig. Es konnte keine Kündigungsgründe erkennen, insbesondere sei die Kündigung nicht durch den in der eigenen Kündigung zum Ausdruck gekommenen Abkehrwillen des Arbeitnehmers begründet. Hierzu führte das Gericht aus, dass der Abkehrwille zwar in Ausnahmefällen eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen könne. Voraussetzung hierfür sei jedoch, entsprechend der BAG-Rechtsprechung
- dass Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung der Stelle zu erwarten seien
- und der Arbeitgeber gerade eine sonst schwer zu findende passende Ersatzkraft „an der Hand habe“.
Voraussetzungen für Kündigung nicht gegeben
Das Gericht hielt die Voraussetzungen für eine Kündigung hier nicht für gegeben. Es führte hierzu aus, dass offensichtlich keine Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung der Stelle eines Teamleiters ersichtlich waren, da der Arbeitgeber unproblematisch auf eine bereits bei ihm beschäftigte Mitarbeiterin zurückgreifen konnte. Er sei also nicht darauf angewiesen gewesen, die Stelle durch die Suche eines auf dem Arbeitsmarkt schwierig zu findendem Arbeitnehmer neu zu besetzen. Auch habe der Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitarbeiters bereits festgestanden.
Die Richter entschieden, dass das Arbeitsverhältnis entsprechend der Eigenkündigung erst Mitte April endete. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Hinweis: Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 17.07.2019, Az: 3 Ca 500/19
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