Betriebsratswahl bei Daimler war unwirksam
Im Frühjahr 2018 wurde der 41-köpfige Betriebsrat bei Daimler gewählt. Zu den wahlberechtigten Arbeitnehmern zählten - wie schon seit Jahren - nicht nur rund 17.000 Beschäftigte am Hauptsitz Stuttgart, sondern auch insgesamt 36 Mitarbeiter der Standorte Berlin und Gernsbach. Das Arbeitsgericht Stuttgart erklärte die Betriebsratswahl nach der Anfechtung einiger Arbeitnehmer im April 2019 für unwirksam. Die Beschwerden von Daimler und dem Betriebsrat hatten nun vor dem LAG Baden-Württemberg keinen Erfolg.
Betriebsbegriff verkannt: Eigene Betriebsräte für Gernsbach und Berlin?
Sowohl Arbeitgeber als auch der Betriebsrat vertraten die Überzeugung, dass es nur einen Betrieb mit einer einheitlichen Leitung gebe. Zudem argumentierten sie, dass der Wahlfehler keine Auswirkung auf das Wahlergebnis gehabt habe. Das LAG Baden-Württemberg folgte dieser Auffassung nicht. Es wies die Beschwerden gegen den Beschluss aus erster Instanz zurück.
Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte in diesem zuvor entschieden, dass beide Standorte außerhalb des Betriebs "Zentrale" als selbständige Betriebe zu gelten hätten, da sie vom Hauptbetrieb in Stuttgart räumlich weit entfernt seien. An den Standorten Gernsbach und Berlin hätte somit ein eigener Betriebsrat gewählt werden müssen, da eine Betreuung der Mitarbeiter vom Hauptbetrieb aus, aufgrund der Entfernung, unmöglich sei.
Wahlfehler ist Anfechtungsgrund
Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte weiter klargestellt, dass die Verkennung des Betriebsbegriffs gemäß § 4 BetrVG einen kausalen Anfechtungsgrund einer Betriebsratswahl darstelle und damit allein das Wahlergebnis beeinflusse. Dies gelte unabhängig davon, ob durch die Zahl der Arbeitnehmer in den Teilbetrieben keine Änderung des gewählten Betriebsratsgremiums nach Größe und Zusammensetzung möglich sei.
Zugehörigkeit zur Zentrale: Kein wirksamer Teilnahmebeschluss
Das Betriebsverfassungsgesetz sieht gemäß § 4 S.1 Nr.1, S.2 BetrVG die Möglichkeit vor, dass die Belegschaft einen Beschluss fassen kann, an der Betriebsratswahl des Hauptbetriebs teilzunehmen. Aus Sicht von Daimler und Betriebsrat wurde genau dies vor rund 20 Jahren so beschlossen, da sich beide Standorte der Zentrale zugehörig fühlten. Die jahrelange Handhabung und das behauptete Zugehörigkeitsgefühl zur Zentrale reichten dem Arbeitsgericht Stuttgart nicht, zumal es die rechtliche Möglichkeit eines Teilnahmebeschlusses vor 20 Jahren noch nicht gegeben habe.
Die schriftliche Begründung der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg steht noch aus. Es bleibt abzuwarten, ob Daimler und Betriebsrat in der Sache weiter vorgehen. Das Gericht hat die Beschwerde vor dem BAG zugelassen.
Beschluss zukünftiger Teilnahme an Betriebsratswahl der Zentrale
Bereits nach dem erstinstanzlichen Urteil beschlossen die Arbeitnehmer in Gernsbach und Berlin mit Stimmenmehrheit, an der Wahl des Betriebsrats der Zentrale teilzunehmen. Zudem schlossen im August 2019 der Arbeitgeber und weitere Konzerngesellschaften mit der IG Metall einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zur Bildung von Gemeinschaftsbetrieben. In diesem Zusammenhang ordneten sie die Betriebsteile in Gernsbach und Berlin dem Betrieb "Stuttgart Zentrale" zu.
Hinweis: LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.10.2020, Az: 17 TaBV 3/19; Vorinstanz: Arbeitsgericht Stuttgart, Beschluss vom 25.4.2019, Az: 21 BV 62/18
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