Ein Tag ist um 24 Uhr zu Ende – das gilt auch für Wahlvorschläge
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte einen Rechtsstreit um die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl zu entscheiden. In einem Betrieb mit knapp über 200 Beschäftigten war mit Wahlausschreiben vom 4. Juli 2018 eine Betriebsratswahl eingeleitet worden. Sind bei einer Betriebsratswahl mehr als drei Mitglieder zu wählen, erfolgt die Wahl gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 der Wahlordnung zum BetrVG (WO) aufgrund von Vorschlagslisten. Die wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens wurden im Wahlausschreiben daher aufgefordert, dem Wahlvorstand innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens, also bis zum 18. Juli 2018, Wahlvorschläge in Form von Vorschlagslisten einzureichen.
Was passiert, wenn ein Wahlvorschlag zu später Stunde eingereicht wird?
Am 18. Juli 2018 wollten gegen 21 Uhr zwei Wahlberechtigte beim Wahlvorstand eine Vorschlagsliste einreichen. Nachdem sie niemanden mehr antrafen, warfen sie ihren Wahlvorschlag gegen 22 Uhr in den Briefkasten an der im Wahlausschreiben angegebenen Anschrift ein. Mit Schreiben vom 19. Juli erklärte der Wahlvorstand dem Listenvertreter der Liste, dass die Liste erst am 19. Juli angekommen und somit ungültig sei, da sie verspätet eingereicht worden sei. Der Wahlvorstand habe erst am 19. Juli die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Liste gehabt. Deswegen sei der Zugang der Liste an den Wahlvorstand auf den 19. Juli zu datieren. Am 6. September 2018 fand die Betriebsratswahl ohne die angeblich zu spät eingereichte Liste statt. Das Wahlergebnis wurde am 12. September bekannt gemacht.
Anfechtung der Betriebsratswahl
Daraufhin wurde die Wahl angefochten. Die Liste sei zu Unrecht nicht zur Wahl zugelassen worden. Die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen habe am 18. Juli erst um 24 Uhr geendet. Da in dem Wahlausschreiben keine Uhrzeit für die Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist angegeben gewesen sei, hätte der Wahlvorstand geeignete Vorkehrungen dafür treffen müssen, dass der Zugang von Wahlvorschlägen bei ihm bis zum Ablauf der Frist um 24 Uhr bewirkt werden konnte. Dies sei unterblieben.
Das sah das Bundesarbeitsgericht ähnlich und erklärte die Wahl für unwirksam. Es komme darauf an, wie die 14-Tage-Frist zu berechnen sei. Für die Berechnung der Frist finden die §§ 186 bis 193 BGB entsprechende Anwendung (§ 41 WO). Folglich endet die Frist grundsätzlich mit dem Ablauf des Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde (§ 188 Abs. 2 BGB).
BAG: Begrenzung bis zu einer bestimmten Uhrzeit ist möglich
Der Wahlvorstand wäre berechtigt gewesen, durch eine entsprechende Angabe im Wahlausschreiben die Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands zu begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmenden liegt. Dies ist zulässig. Macht der Wahlvorstand von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch, so gilt eine Vorschlagsliste, die bis 24 Uhr am letzten Tag der Frist eingeworfen wird, als rechtzeitig eingereicht.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. April 2021, Az: 7 ABR 10/20
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