BVerfG bestätigt Verbot von Leiharbeitern als Streikbrecher

Wird ein Unternehmen bestreikt, darf es keine Leiharbeiter einsetzen, um damit den Streik seiner Belegschaft zu unterlaufen. Dies hatte der Gesetzgeber 2017 im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) so festgeschrieben. Mit seinem Beschluss bestätigt das Bundesverfassungsgericht die Rechtmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines bundesweit tätigen Kinobetreibers nicht zur Entscheidung angenommen. Der Kinobetreiber hatte den 2017 im Zuge der AÜG-Reform eingeführten § 11 Abs. 5 AÜG für verfassungswidrig gehalten und argumentiert, die Norm verletze ihn in seinem Grundrecht auf Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz. § 11 Abs. 5 AÜG enthält das Verbot, Leiharbeitnehmer als Streikbrecher einzusetzen, wenn in dem entleihenden Betrieb gestreikt wird.

Koalitionsfreiheit kann eingeschränkt werden

Der Erste Senat des BVerfG hielt die angegriffene Regelung allerdings für mit den sich aus Art. 9 Abs. 3 GG ergebenden Anforderungen für vereinbar und erkannte keine Grundrechtsverletzung. Zwar werde in Art. 9 Abs. 3 GG die Koalitionsfreiheit ohne Vorbehalte gewährleistet, sie könne aber dennoch zugunsten anderer Ziele mit Verfassungsrang durch den Gesetzgeber eingeschränkt werden. Hierbei sprach das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber einen weiten Handlungsspielraum zu.

Bundesverfassungsgericht: Verbot ist verhältnismäßig

Es sei zwar richtig, dass die Arbeitgeber durch die AÜG-Norm in ihrer Entscheidung beschränkt werden, Leiharbeitskräfte einzusetzen, um sich gegen einen Streik zu wehren. Es handle sich dabei aber gerade nicht um ein generelles Verbot, Leiharbeitnehmer im Betrieb einzusetzen. Die Verfassungsrichter halten die AÜG-Regelung daher für verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber damit das zulässige Ziel verfolge, auch Leiharbeitnehmern ein angemessenes Arbeitsverhältnis zu gewähren und eine funktionierende Tarifautonomie zu erhalten. Die Arbeitnehmerüberlassung war vor dem Verbot des Gesetzgebers häufig eingesetzt worden, um Streiks gleichsam ins Leere laufen zu lassen. Dies schwäche die Kräfte der Gewerkschaften und störe die Parität der Tarfifvertragspartner, erklärte das BVerfG.

Parität sichert Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie

Der Kinobetreiber war der Ansicht, dass die Gewerkschaften ohnehin die stärkeren Kampfmittel besäßen. Dieser Auffassung hat sich das BVerfG aber nicht angeschlossen. Es betonte, dass gerade die Gewerkschaften auf ein ausgewogenes Kräfteverhältnis angewiesen seien. Die Parität zwischen den Tarifparteien sei bedeutend für die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.06.2020, Az. 1 BvR 842/17.


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dpa