EuGH: Entgeltgleichheit für gleiche und gleichwertige Arbeit

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Grundsatz der Entgeltgleichheit für gleiche und gleichwertige Arbeit gilt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich auch bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten unmittelbar darauf berufen.

Noch immer erhalten Frauen für gleiche oder gleichwertige Arbeit oftmals nicht das gleiche Entgelt wie ihre männlichen Kollegen. Das gilt europaweit. In der Praxis besteht die Schwierigkeit oftmals darin, eine Lohndiskriminierung zu beweisen. Auch im Unionsrecht ist der Grundsatz der Entgeltgleichheit für Männer und Frauen in Art. 157 AEUV festgeschrieben. Ein englisches Gericht hatte den konkreten Fall dem EuGH vorgelegt, um zu klären, ob sich Private in einem Verfahren unmittelbar auf diesen Grundsatz berufen können. Insbesondere bedürfe es der Klärung, was bei "gleichwertiger Arbeit" gelten soll.

Fall vor dem EuGH: Verstoß gegen den Grundsatz der Lohngleichheit?

Rund 6.000 Beschäftigte von Tesco Stores aus Großbritannien, darunter auch Männer, hatten seit 2018 gegen den Arbeitgeber geklagt. Sie machten vor Gericht geltend, dass Männer und Frauen für die gleiche Arbeit nicht das gleiche Entgelt erhalten hätten. Dies verstoße nicht nur gegen nationale Rechtsvorschriften, sondern auch gegen EU-Recht, genauer gegen Art. 157 AEUV. Das zuständige Arbeitsgericht Watford hat die Verfahren, in denen Männer beteiligt waren, ausgesetzt, da die Entscheidung über diese Klagen von der Entscheidung über die Klagen der Frauen abhänge.

Vergleichbarkeit der Tätigkeit in unterschiedlichen Betrieben?

Die in den Ladengeschäften von Tesco tätigen Mitarbeiterinnen machten geltend, dass ihre Arbeit und die der Männer, die in den Vertriebszentren des Vertriebsnetzes von Tesco Stores beschäftigt seien, gleichwertig seien. Obwohl die Arbeit in unterschiedlichen Betrieben verrichtet werde, sei die Arbeit nach Art. 157 AEUV zulässigerweise vergleichbar. Sie argumentierten zudem, dass sich ihre Arbeitsbedingungen und die der in den Vertriebszentren beschäftigten Männer - wie unionsrechtlich erforderlich - auf eine einheitliche Quelle, nämlich Tesco Stores, zurückführen lasse.

Unmittelbare Wirkung des europäischen Grundsatzes unter Privaten?

Tesco Stores als Arbeitgeber vertrat dagegen vor Gericht die Meinung, dass Art. 157 AEUV bei Klagen, die auf eine gleichwertige Arbeit gestützt würden, keine unmittelbare Wirkung habe. Damit dürften sich die Mitarbeiterinnen vor dem englischen Arbeitsgericht gar nicht auf den europäischen Grundsatz der Entgeltgleichheit berufen. Außerdem könne das Unternehmen Tesco Stores nicht als "einheitliche Quelle" gesehen werden.

EuGH: gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil klargestellt, dass Art. 157 AEUV eindeutig ist. Der Grundsatz der Entgeltgleichheit gelte danach zwingend sowohl für gleiche als auch für gleichwertige Arbeit. Er führte weiter aus, dass Arbeitnehmende sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten unmittelbar auf diesen unionsrechtlich verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen berufen können.

Im konkreten Fall könnten sich die Mitarbeiterinnen daher auch wegen einer gleichwertigen Arbeit, die sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen ausüben, auf den Grundsatz der Entgeltgleichheit beziehen.

Nationale Gerichte müssen erneut entscheiden

In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof klar, dass die Frage, ob die betreffenden Arbeitnehmenden die "gleiche Arbeit" oder "gleichwertige Arbeit" im Sinne von Art. 157 AEUV verrichten, eine Frage der Tatsachenwürdigung durch das Gericht ist.

Als weitere Voraussetzung müssen die Entgeltbedingungen der miteinander zu vergleichenden Arbeitnehmenden sich auf ein und dieselbe Quelle zurückführen lassen. In einem Rechtsstreit, in dem es um eine gleichwertige Arbeit geht, die von Beschäftigten verschiedenen Geschlechts, die denselben Arbeitgeber haben, in verschiedenen Betrieben dieses Arbeitgebers verrichtet wird, könne Art. 157 AEUV daher vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden, sofern der Arbeitgeber eine solche einheitliche Quelle darstellt.


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