BAG: Arbeitgeber darf Urlaub wegen Elternzeit kürzen

Nach deutschem Recht dürfen Arbeitgeber bei einer Elternzeit von Mitarbeitern deren Urlaubsanspruch kürzen. Das steht im Einklang mit Unionsrecht, entschied das BAG mit Hinweis auf eine EuGH-Entscheidung und präzisierte die genauen Voraussetzungen.

Prinzipiell erwerben Arbeitnehmer in Deutschland auch dann einen Urlaubsanspruch, wenn sie sich in Elternzeit befinden. Allerdings können Arbeitgeber – anders als bei Mutterschutz oder Krankheit – nach § 17 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) den Jahresurlaub „für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen“. Weil die Regelung in das europarechtlich garantierte Recht auf bezahlten Jahresurlaub eingreift, mussten sich deutsche Arbeitsgerichte immer wieder mit der Frage beschäftigen, ob § 17 BEEG den europarechtlichen Vorgaben entspricht. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) kürzlich eine rumänische Regelung nicht beanstandet hat, die eine Kürzung des Urlaubsanspruchs für die Dauer des sogenannten Elternurlaubs vorsieht, hat sich jetzt auch das Bundesarbeitsarbeitsgericht (BAG) in der Frage klar positioniert. 

Der Fall: Kürzung des Urlaubsanspruchs während der Elternzeit

Eine Arbeitnehmerin, die seit 2001 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt war, kündigte ihr Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2016. Von Januar 2013 bis Dezember 2015 befand sie sich durchgehend in Elternzeit. Mit der Kündigung beantragte sie Urlaub für den Zeitraum der Kündigungsfrist - unter Einbeziehung der während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche. Der Arbeitgeber erteilte ihr Urlaub, ohne den auf die Elternzeit entfallenden Urlaub zu berücksichtigen. Die Arbeitnehmerin klagte daraufhin vor Gericht auf Abgeltung von 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus dem Zeitraum ihrer Elternzeit.

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BAG: Wirksame Kürzung der Urlaubsansprüche nach § 17 BEEG 

Die Arbeitnehmerin hatte mit ihrer Klage keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche der Arbeitnehmerin aus den Jahren 2013-2015, in denen sie sich in Elternzeit befand, rechtmäßig gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt habe. Die obersten Arbeitsrichter wiesen in ihrem Urteil darauf hin, dass das Kürzungsrecht des Arbeitgebers, die Abgabe einer darauf gerichteten empfangsbedürftigen rechtsgeschäftlichen Erklärung erfordert.

Kürzungsrecht gilt auch für vertraglichen Mehrurlaub

Der Arbeitgeber müsse also für den Arbeitnehmer erkennbar erklären, dass er den Urlaub in der Elternzeit kürzen möchte. Vorliegend reichte den Richtern das Schreiben, in dem der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin Urlaub erteilte, die Gewährung des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs jedoch ablehnte. Das BAG stellte in seiner Urteilsbegründung fest, dass das Kürzungsrecht des Arbeitgebers nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch den vertraglichen Mehrurlaub erfasse -  immer vorausgesetzt, dass die Arbeitsvertragsparteien keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung für diesen vereinbart hätten.

Kürzung von bezahltem Jahresurlaub verstößt nicht gegen Europarecht

In dem Urteil verwiesen die Erfurter Arbeitsrichter auch auf die aktuelle Rechtsprechung des EuGH, nach der die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG noch gegen § 5 Nr. 2 der Elternzeit-Richtlinie 2010/18/EU verstoße.

Unter Hinweis auf ein kürzlich ergangenes EuGH-Urteil betonte das BAG, dass das Unionsrecht nicht verlange, Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben.

EuGH: Jahresurlaub als Erholung für tatsächliches Arbeiten

Erst kürzlich hatte der EuGH in einem Fall zu einer entsprechenden rumänischen Regelung Stellung genommen, die eine Kürzung des Urlaubsanspruchs für die Dauer des sogenannten Elternurlaubs vorsieht. Die Luxemburger Richter hatten hier entschieden (EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2018, Az:  C-12/17), dass die rumänische Regelung europarechtskonform ist. In der Begründung betonte der EuGH, dass der Anspruch von Arbeitnehmern auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen ein bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union sei. Dessen Zweck liege darin, dass der Arbeitnehmer sich erholen könne - was voraussetze, dass er im Laufe des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet habe.

Urlaub und Elternzeit: Unterschiede zu Mutterschutz oder Krankheit

In seinem Urteil betonte der EuGH, dass der sogenannte Elternurlaub nicht mit Mutterschutz oder krankheitsbedingter Abwesenheit vergleichbar sei. In diesen besonderen Konstellationen dürfe der Anspruch auf Jahresurlaub nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet habe.

Das Eintreten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit sei grundsätzlich nicht vorhersehbar und vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig. Zudem leide ein Arbeitnehmer im Elternurlaub unter keinen durch eine Erkrankung hervorgerufenen physischen oder psychischen Beschwerden, argumentierte der EuGH.

Auch die Situation des Mutterschutzes unterscheide sich erheblich von der des Elternurlaubs: Während der Schwangerschaft und direkt nach der Entbindung soll die körperliche Verfassung der Frau geschützt und eine besondere Beziehung zwischen Mutter und Kind ermöglicht werden, begründete der EuGH seine Entscheidung.

In dieser Entscheidung akzeptierte der EuGH also die Möglichkeit, Elternzeitperioden bei der Berechnung des Jahresurlaubs nicht zu berücksichtigen, weshalb das BAG nun auf eine Vorlage des Falls verzichtete. 


Hinweis: BAG, Urteil vom 19.03.2019; Az: 9 AZR 362/18;  Vorinstanz: LAG Hamm, Urteil vom 31.01.2018; Az: 5 Sa 625/17

EuGH, Urteil vom 4.10.2018, Rechtssache C-12/17


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