Manager haftet nicht für Bußgeld
Die Klage von Thyssen-Krupp gegen einen ehemaligen Mitarbeiter zählt vermutlich zu den höchsten Schadensersatzforderungen, die ein Unternehmen vor einem deutschen Arbeitsgericht verlangt hatte. Mit dem größten Teil der 291-Millionen-Euro- Klage ist der Konzern jedoch in zweiter Instanz gescheitert. Das Bußgeld, das das Bundeskartellamt gegenüber einer Gesellschaft des Thyssen-Krupp-Konzerns verhängt hatte, ist vom ehemaligen Mitarbeiter grundsätzlich nicht zu verlangen. Das entschied nun das LAG Düsseldorf und wies die Klage in Höhe von 191 Millionen Euro ab.
Bußgeld gegen Unternehmen oder handelnde Person?
Begründet hat das Gericht seine Entscheidung mit der Funktion der Unternehmensgeldbuße, den durch den Kartellverstoß erzielten Vorteil bei dem Unternehmen abzuschöpfen. Könnte die Gesellschaft nun den Betrag an die handelnden Personen weiterreichen, würde sie diese Aufgabe der Geldbuße unterlaufen. Zudem unterscheide das Kartellrecht zwischen Bußen gegen Unternehmen und solchen gegen natürliche Personen. Letztere sind auf den Wert von einer Million Euro begrenzt, während der Spielraum bei einem Unternehmen zehn Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen kann. Dieser differenzierte Bußgeldrahmen würde ins Leere laufen, wenn die Unternehmensgeldbuße weitergereicht werden könnten.
In drei eigenständigen, zeitgleich terminierten Verfahren versuchten sowohl zwei konzernangehörige Gesellschaften als auch die Konzernmutter von dem ehemaligen Mitarbeiter den Schadensersatz zu erlangen. Gegen eine der beiden konzernangehörigen Gesellschaften hatte das Bundeskartellamt Bußgelder von insgesamt 191 Millionen Euro wegen rechtswidriger Kartellabsprachen beim Vertrieb von Schienen und anderer Oberbaumaterialien verhängt, das sogenannte "Schienenkartell". Die andere konzernangehörige Gesellschaft ist Alleingesellschafterin des Unternehmens, gegen welches das Bußgeld verhängt wurde. Die Konzernmutter hält die mehrheitlichen Anteile an der anderen Gesellschaft. Der beklagte Manager war zwischen 2003 und 2009 Geschäftsführer bei beiden Gesellschaften, später Arbeitnehmer bei der Konzernmutter.
Hinsichtlich des Bußgelds scheiterten jedoch alle drei Verfahren vor dem LAG. Die Richter folgten gerade nicht der Begründung des Konzerns. Dieser legte dar, dass der Manager an den rechtswidrigen Kartellabsprachen aktiv beteiligt gewesen sein soll oder zumindest davon gewusst und es pflichtwidrig unterlassen habe, den Vorstand oder den Bereich Compliance zu informieren. Das LAG hat jedoch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen die Revision hinsichtlich dieses Teils des Verfahrens zugelassen.
Haftung: Zunächst Beteiligung feststellen
In einem zweiten Teil verlangte Thyssen-Krupp die Feststellung, dass der ehemalige Mitarbeiter für alle Schäden, die aus den rechtswidrigen Kartellabsprachen entstanden sind oder noch entstehen werden, zumindest mithaftet. Der Konzern konkretisierte dieses Verlangen auf den Betrag von 100 Millionen Euro. In dieser Höhe hatte sich das Unternehmen mit einem von der Kartellabsprache betroffenen Kunden geeinigt.
Diesen Teil der Klage betreffend hat das Gericht das Verfahren nach § 149 ZPO ausgesetzt. Für eine endgültige Entscheidung bedürfe es einer Beweisaufnahme, um festzustellen, ob der Manager tatsächlich aktiv oder zumindest fahrlässig pflichtwidrig an Kartellabsprachen beteiligt war.
Hinweis: LAG Düsseldorf, Teilurteile und Beschlüsse vom 20. Januar 2015, Az. 16 Sa 459/14, Az. 16 Sa 460/14 sowie Beschluss vom 20. Januar 2015, Az. 16 Sa 458/14; Vorinstanz: ArbG Essen, Urteile vom 19. Dezember 2013, Az. 1 Ca 3569/12, Az. 1 Ca 657/13, Az. 1 Ca 568/13
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