Keine Entgeltfortzahlung bei Online-Krankschreibung
Um bei Krankheit den Lohn weiterhin gezahlt zu bekommen, müssen Arbeitnehmende ihre Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß nachweisen. Zwar haben Sonderregelungen aufgrund der Coronapandemie für Erleichterungen gesorgt: So ist bis Ende September 2021 weiterhin eine telefonische Krankschreibung für bis zu sieben Tage bei leichten Atemwegserkrankungen möglich. Auch Krankschreibungen per Videosprechstunde sind durch die neue Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dennoch bietet nicht jedes telemedizinische Angebot eine rechtssichere Krankschreibung.
Wer hier sichergehen will, sollte weiterhin besser zum Hausarzt gehen. Denn während einer in der Praxis ausgestellten AU-Bescheinigung grundsätzlich ein hoher Beweiswert zukommt, erachten Gerichte eine Krankschreibung ohne direkten Arztkontakt oftmals für wenig beweiskräftig.
Der Fall: Arbeitgeber akzeptiert Online-Krankschreibung nicht
Im vorliegenden Fall ist der Arbeitnehmer als Sicherheitsmitarbeiter in einem Berliner Unternehmen tätig. Er legte dem Arbeitgeber für die Zeiträume vom 26. bis 30. August 2020 und vom 5. bis 9. September 2020 zum Beweis seiner Arbeitsunfähigkeit je eine AU-Bescheinigung vor, die er sich über das Internetportal "www.au-schein.de" ausstellen ließ. Die Krankschreibung erfolgte ohne einen persönlichen oder telefonischen Kontakt zum Arzt. Der Arbeitnehmer musste lediglich einige Fragen zu seiner Krankheit online beantworten. Der Arbeitgeber lehnte daher die Entgeltfortzahlung ab. Der Arbeitnehmer klagte daraufhin vor Gericht. Er machte geltend, dass er aufgrund der Coronapandemie einen Besuch in der Arztpraxis vermeiden wollte.
Kein Beweis der Arbeitsunfähigkeit durch Online-Krankschreibung ohne Arztkontakt
Das Arbeitsgericht Berlin entschied, dass der Arbeitgeber nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen habe. Die Online-Krankschreibungen waren aus Sicht des Gerichts nicht geeignet, die Arbeitsunfähigkeit zu beweisen. Für eine "ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" im Sinne der BAG-Rechtsprechung fehle es vorliegend an einer ärztlichen Untersuchung des Arbeitnehmers, stellte das Gericht fest. Weder habe ein Arzt mit dem Arbeitnehmer ein persönliches oder telefonisches Gespräch geführt, noch ihn persönlich untersucht. Auch gab es keine bestehende Patientenbeziehung.
Krankschreibung per Telefon bleibt Ausnahmefall
Daran änderten nach Auffassung der Berliner Richter auch die neuen Bestimmungen aufgrund der Coronapandemie nichts. Die Möglichkeit der telefonischen Anamnese sei eine Maßnahme, um das Risiko in einer Ausnahmesituation wie der Covid-19-Pandemie zu vermindern. Damit werde deutlich, dass selbst in einer solchen Ausnahmesituation zumindest ein telefonischer Kontakt zwischen Arzt und Patient erforderlich sei, um eine Diagnose zu stellen.
Hinweis: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 1. April 2021, Az: 42 Ca 16289/20
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