Prämie für Gewerkschaftsaustritt verstößt gegen die Koalitionsfreiheit
Gewerkschaftsaustritt leicht gemacht: Genau 50 Euro und ein schon vorformuliertes Kündigungsschreiben bot ein Unternehmen seinen Mitarbeitern für den Austritt aus der Gewerkschaft. Der Fall kam vor das Arbeitsgericht Gelsenkirchen.
"Kopfprämie" für 200 Mitarbeiter
Ein Reinigungsunternehmen hatte rund 200 Mitarbeiter angeschrieben und ihnen eine Prämie von 50 Euro angeboten, falls sie ihre Mitgliedschaft bei der IG Bauen-Agrar-Umwelt kündigten. Gleichzeitig wurden den Arbeitnehmern ein schon vorformuliertes Kündigungsschreiben zur Verfügung gestellt. Die in Aussicht gestellte "Kopfprämie" bezeichnete das Unternehmen im Prozess als Reaktion auf eine angebliche Werbeaktion der IG Bauen-Agrar-Umwelt. Die Prämienzahlung sei nur als Angebot gedacht gewesen, um den Mitarbeitern den durch den Gewerkschaftseintritt entstandenen Schaden wieder gutzumachen.
Auslöser: Geplante Betriebsratsgründung?
Nach Angaben der Gewerkschaft hat es sich bei den ausgetretenen Mitarbeitern allerdings gerade nicht um Neumitglieder gehandelt. Hintergrund und Auslöser des Streits soll laut IG Bauen-Agrar-Umwelt die geplante Gründung eines Betriebsrats sein. Die Richter sahen das Vorgehen des Unternehmens als ganz klar rechtswidrig an. Sie sprachen im Prozess von einem „massiven Verstoß gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit“.
Hinweis: Arbeitsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 9.3.2016, Az. 3 GA 3/16
Grundrecht auf Koalitionsfreiheit
Das Recht, Gewerkschaften oder Arbeitgebervereinigungen zu gründen, ist verfassungsrechtlich geschützt (Art. 9, Abs. 3 GG). Das bedeutet, dass jede Behinderung dieser Koalitionsfreiheit durch Drohung, Versprechen oder sonstige Mittel rechtswidrig ist. Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung unterbleibt. Arbeitgeber dürfen auch die Einstellung eines Arbeitnehmers nicht von dessen Austritt aus einer Gewerkschaft abhängig machen.
Mehr zu diesem Thema:
Gewerkschaft: darf sie bei der Betriebswahl mitmischen?
Gewerkschaftsmitglieder dürfen mehr bekommen
Wann Arbeitgeber nach der Gewerkschaft fragen dürfen
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
5.447
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
5.2534
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
4.050
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
3.8492
-
Urlaubsanspruch richtig berechnen
2.914
-
Zulässige Differenzierung bei Inflationsausgleichsprämie
2.735
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
2.290
-
Wann Arbeitnehmende einen Anspruch auf Teilzeit haben
2.2821
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
2.282
-
Arbeitszeitkonto: Diese rechtlichen Vorgaben gelten für Arbeitgeber
1.908
-
Bei Verdachtskündigungen sind zusätzliche Anforderungen zu beachten
10.01.2025
-
Wann ist die Azubi-Vergütung angemessen?
09.01.2025
-
10 Jahre Mindestlohn: Notwendige Existenzsicherung oder ökonomischer Unsinn?
08.01.2025
-
Entgeltfortzahlung an Feiertagen: Maßgeblich ist der Arbeitsort
30.12.202412
-
"Ethik kann helfen, die Arbeitskultur in Unternehmen zu stärken"
20.12.2024
-
Betriebsrat wegen Drogenkonsums gekündigt
19.12.2024
-
Gibt es ein Recht auf Nichterreichbarkeit im Urlaub?
18.12.20244
-
Die wichtigsten BAG-Urteile des Jahres 2024
17.12.2024
-
Unwirksame Versetzung aus dem Homeoffice
16.12.2024
-
Überstundenregelung diskriminiert Teilzeitbeschäftigte
12.12.2024