Ehemaliger Grenzgänger: Arbeitgeber haftet nicht für nachgeforderte Lohnsteuer
Arbeitgeber, die französische Grenzgänger beschäftigen, müssen besondere Regeln beachten. So müssen sie beispielsweise eine Aufstellung über die Tätigkeitsorte des Arbeitnehmers vornehmen, damit eine spätere Überprüfung der Grenzgängereigenschaft durch die Lohnsteuer- Außenprüfung möglich ist. Ob sie auch für die Nachforderung der Lohnsteuer aufgrund des Verlusts der Grenzgängereigenschaft eines Arbeitnehmers haften, musste vorliegend das Arbeitsgericht Karlsruhe entscheiden.
Doppelbesteuerungsabkommen: Wer gilt als Grenzgänger?
Als Grenzgänger im Sinne des deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommen gelten Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in Frankreich im Gebiet Haute-Rhin, Bas Rhin und Moselle haben und in Deutschland maximal 30 Kilometer entfernt von der Grenze arbeiten. Sie werden am Wohnsitz, also in Frankreich, besteuert. Voraussetzung für die Grenzgängereigenschaft ist, dass der Arbeitnehmer üblicherweise jeden Tag an seinen Wohnsitz zurückkehrt.
Verlust des Grenzgängerstatus: Muss Arbeitgeber Lohnsteuer zahlen?
Im vorliegenden Rechtsstreit war der Arbeitnehmer von 2015 bis 2016 in Frankreich in der deutsch-französischen Grenzzone ansässig und arbeitete bei dem Reifenhersteller Michelin in Karlsruhe. Er war daher Grenzgänger im Sinne des deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommen. Der Mitarbeiter führte die Lohnsteuer für die Jahre 2015 bis 2016 in Frankreich ab. Aufgrund einer zu großen Anzahl von (mehrtägigen) Dienstreisen verlor er seine Eigenschaft als Grenzgänger. Daher forderte der deutsche Fiskus für den Zeitraum von 2015 bis 2016 Lohnsteuer nach. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, der Arbeitgeber habe die nachgeforderte Lohnsteuer für die beiden Jahre zu tragen. Nach Auffassung des Arbeitgebers war er hierzu nicht verpflichtet.
ArbG Karlsruhe: Arbeitnehmer schuldet Nachzahlung der Lohnsteuer
Das Arbeitsgericht Karlsruhe entschied, dass der Arbeitnehmer die Nachforderung der Lohnsteuer zu tragen hat. In der Begründung führte das Gericht an, dass grundsätzlich der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer sei, außer der Arbeitgeber lasse den klaren Willen erkennen, die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer übernehmen zu wollen. Vorliegend konnte das Gericht keinen Rechtsbindungswillen des Arbeitgebers erkennen, die nachgeforderte Lohnsteuer für den Arbeitnehmer zu übernehmen.
Keine Haftungsübernahme wegen Dienstreisen für den Arbeitgeber
Die Richter machten deutlich, dass die Tatsache, dass der Arbeitnehmer die Dienstreisen im Interesse des Arbeitgebers tätigte, keine vollständige Haftungsübernahme durch den Arbeitgeber begründen konnte. Es sei die Pflicht des Arbeitnehmers gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass er die Bestimmungen aus dem Doppelbesteuerungsabkommen hinsichtlich seiner Grenzgängereigenschaft einhält. Dies sei ihm auch möglich gewesen, da er seine Dienstreisen völlig frei planen und organisieren konnte.
Haftung aufgrund Äußerung einer Referentin?
Der Arbeitnehmer brachte vor Gericht vor, dass eine Referentin auf einer internen Veranstaltung geäußert habe, dass Nachforderungen von Lohnsteuer für die Vergangenheit aufgrund des Verlusts der Grenzgängereigenschaft "Arbeitgeberproblematik" seien. Auch hierin konnte das Arbeitsgericht Karlsruhe jedoch keinen Bindungswillen des Arbeitgebers erkennen, die Lohnsteuer zu übernehmen.
Zum damaligen Zeitpunkt habe der Arbeitgeber noch keine Kenntnis gehabt, ob und in welcher Höhe Lohnsteuer wegen des Verlusts der Grenzgängereigenschaft durch die deutschen Finanzbehörden nachgefordert werden würde. Schließlich konnte das Gericht nicht feststellen, dass die damalige Referentin mit Wissen und Wollen im Verhältnis zum Arbeitgeber gehandelt habe.
Hinweis: Arbeitsgericht Karlsruhe, Urteil vom 24.06.2020, Az: 3 Ca 15/20
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