Entgeltfortzahlung bei Coronainfektion

Arbeitgeber müssen Beschäftigten für die Zeit, in der sie wegen einer (symptomlosen) Coronainfektion in behördlicher Quarantäne waren und daher nicht zur Arbeit kommen konnten, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Das gilt unabhängig vom Impfstatus, entschied das BAG. 

Die Coronapandemie ist vorbei. Doch die damit verbundenen rechtlichen Probleme beschäftigen die Gerichte heue noch. Müssen Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten, wenn Beschäftigte wegen einer (symptomlosen) Coronainfektion in behördlicher Quarantäne sind und nicht zur Arbeit kommen können? Das BAG hat mit seiner aktuellen Entscheidung hier Klarheit geschaffen. Arbeitgeber müssen Entgeltfortzahlung für die Zeit leisten, die ein Arbeitnehmer wegen eines positiven Coronatests in behördlicher Quarantäne verbringen musste. 

Der Fall: Arbeitgeber verweigert Entgeltfortzahlung für Zeiten der Corona-Quarantäne

Der nicht gegen Corona geimpfte Arbeitnehmer wurde im Dezember 2021 positiv auf das Coronavirus getestet. Aufgrund behördlicher Anordnung hatte er sich für 14 Tage in häusliche Quarantäne zu begeben.

In der Anfangszeit hatte er Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen, woraufhin der Arzt ihm eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellte. Für diese Zeit leistete der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung. Später ließen die Symptome nach. Eine Folgebescheinigung stellte der Hausarzt mit Verweis auf das positive Testergebnis und die Absonderungsanordnung nicht aus. Der positive Test und die Quarantäneanordnung reichten seiner Meinung nach, um eine Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Während der gesamten Zeit konnte der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht verrichten. Homeoffice war ihm als Produktionsmitarbeiter in einem Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie nicht möglich.

Mit der Entgeltabrechnung für den Monat Januar 2022 zog der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn für zehn Tage ab. Er war der Meinung, er schulde ihm für den Quarantänezeitraum keine Entgeltfortzahlung.

BAG: Arbeitgeber schuldet Lohnfortzahlung bei Corona-Quarantäne  

Das LAG Hamm bejahte die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Vorinstanz habe zutreffend erkannt, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Coronainfektion durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war, ohne dass es darauf ankam, ob bei ihm durchgehend Symptome vorlagen.

Gemäß § 3 Abs. 1 EFZG haben Beschäftigte einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie infolge einer Krankheit unverschuldet verhindert sind ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Diese Voraussetzungen lagen im vorliegenden Fall nach Auffassung des BAG vor. Eine Coronainfektion sei ein “ regelwidriger Körperzustand“ und damit eine Krankheit, die unabhängig von körperlichen Symptomen zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe und den Arbeitnehmer an seiner Arbeitsleistung gehindert habe.

Erkrankung als alleinige Ursache der Arbeitsverhinderung

Grundsätzlich muss für den Entgeltfortzahlungsanspruch die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung sein (sogenannte Monokausalität). Nach Ansicht des BAG war die erforderliche Monokausalität gegeben. Die Quarantäneanordnung war nur eine Folge der Coronainfektion und der damit einhergehenden Arbeitsunfähigkeit, nicht aber eine eigenständige parallele Ursache, machte das Gericht deutlich. Das gesetzliche Beschäftigungsverbot sei auch bei einem symptomlosen Verlauf eine Konsequenz der Erkrankung, ohne selbstständige Bedeutung als Ursache für die Nichterbringung der Arbeitsleistung.

Erkrankung schuldhaft durch Impfverweigerung herbeigeführt?

Die Frage, ob den Arbeitnehmer ein Verschulden im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG traf, weil er sich nicht gegen das Coronavirus hatte impfen lassen, hatte das LAG Hamm verneint. Diese Überzeugung hielt das BAG für richtig.

Zwar stelle das Unterlassen der empfohlenen Schutzimpfung einen „gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen zu erwartende Verhalten dar (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG)", bestätigte das BAG. Die Entscheidung des LAG Hamm sei jedoch rechtsfehlerfrei, da zum Zeitpunkt der Corona-Infektion des Arbeitnehmers auch bei vollständig geimpften Personen Impfdurchbrüche und symptomatische Corona-Infektionen auftraten. Es habe sich somit nicht feststellen lassen, dass eine Schutzimpfung die Corona-Infektion und die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers verhindert hätte.

Der Arbeitgeber durfte die Entgeltfortzahlung auch nicht verweigern, weil der Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzeigen konnte, entschied das BAG. Indem er die behördliche Quarantäneanordnung der Gemeinde vorgelegt habe, habe er ausreichend nachgewiesen, infolge seiner Corona-Infektion objektiv an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert zu sein.


Hinweis: BAG, Urteil vom 20. März 2024, Az. 5 AZR 234/23, LAG Hamm, Urteil vom 24. August 2023, Az. 15 Sa 1033/22


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