Fit für den nächsten Job
Viele Unternehmen klagen, nicht genügend Fachkräfte zu finden und legen sich mächtig ins Zeug, ihr Personal an sich zu binden. Auch Amazon legt großen Wert auf treue und motivierte Mitarbeiter. Dennoch bietet der Online-Händler seinen Mitarbeitern in den Logistikzentren und im Kundenservice die Möglichkeit, sich über das Programm „Career Choice“ für eine Karriere nach Amazon oder einen Positionswechsel fit zu machen.
Weiterbilden für einen neuen Beruf
Die Idee zum Programm entstand vor dem Hintergrund, dass ein großer Teil der rund 576.000 Mitarbeiter weltweit in der Logistik arbeitet, wo sich die Aufgaben trotz Jobrotationen schnell wiederholen können. Das Unternehmen machte sich früh darüber Gedanken, dass diese Beschäftigten oft nur wenige Veränderungs- und Entwicklungschancen haben, da ihre Qualifikationen nicht ausreichen oder ihre Fähigkeiten am Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt sind. Andere Mitarbeiter sehen ihre Tätigkeit bei Amazon als Zwischenstation auf dem Weg zu einem attraktiveren Job.
Das Unternehmen hat sich deshalb überlegt, wie es diese Mitarbeiter in der Logistik und im Kundenservice unterstützen kann, damit sie in der Lage sind, in qualifiziertere Positionen zu wechseln. Es war klar, dass dies nur über Bildung möglich ist, und so wurde im Jahr 2012 in den USA der Startschuss für das Programm „Career Choice“ gegeben. Seither haben sich weltweit mehr als 10.000 Mitarbeiter auf diesem Weg weitergebildet oder beruflich neu orientiert.
Bildungsbudget für jeden Mitarbeiter
Seit 2014 läuft das Bildungsprogramm auch in Deutschland. Motivierte Mitarbeiter können sich – neben den regulären Angeboten der Personalentwicklung – ganz nach eigenem Interesse und Bedarf berufsbegleitend weiterentwickeln. Dies kann ein kurzes Training sein, aber auch eine dreijährige Ausbildung, ein Schulabschluss oder eine Meister- oder Fachwirt-Fortbildung. Das Besondere ist, dass das Unternehmen auch Aus- und Weiterbildungen fördert, die mit dem eigenen Kerngeschäft nichts zu tun haben. Die Themenbereiche reichen von Verwaltung über Maschinenbau, Handwerk und IT bis hin zu Gesundheitswesen sowie Transport und Logistik.
Das Unternehmen übernimmt 95 Prozent der Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 8.000 Euro und unterstützt Mitarbeiter maximal vier Jahre lang. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie dieses Budget für eine mehrjährige Ausbildung oder mehrere kürzere Trainings einsetzen, solange sie Förderbudget und -zeitraum nicht überschreiten. Einzige Zugangsvoraussetzung ist, dass sie seit zwei Jahren ohne Unterbrechung im Unternehmen beschäftigt sind.
Berufe mit guten Marktchancen
Buchhalter, Krankenpfleger, Softwareentwickler oder Berufskraftfahrer – so exotisch diese Mischung klingen mag, allen Qualifikationen und Ausbildungen im Katalog ist eines gemeinsam: Sie versprechen gute Berufsaussichten. Denn das Bildungsprogramm war von Beginn an darauf ausgerichtet, den Arbeitnehmern eine realistische Chance für eine Weiterentwicklung in qualifiziertere Tätigkeiten zu ermöglichen, ob bei Amazon selbst oder bei einem anderen Arbeitgeber. Ein Beispiel dafür ist die Ausbildung zum Berufskraftfahrer, die am Arbeitsmarkt händeringend gesucht werden.
Das Unternehmen arbeitet für „Career Choice“ mit einer kleinen Auswahl an Bildungspartnern zusammen. Einer davon ist die Dekra Akademie, mit der das Unternehmen seine Berufskraftfahrerqualifizierung deutschlandweit umsetzt. Gemeinsam haben sie den Rahmen für die Ausbildung zum Berufskraftfahrer festgelegt, die an allen Standorten einheitlich angeboten wird.
Hilfe auch bei der Arbeitgebersuche
Amazon geht nach einer abgeschlossenen Weiterbildung sogar noch einen Schritt weiter und erleichtert an einem Wechsel interessierten Teilnehmern mit einer neuen Qualifikation, für die es im Unternehmen keinen Bedarf gibt, den Kontakt zu passenden Arbeitgebern. Im Fall der qualifizierten Berufskraftfahrer stellt die Dekra Akademie bei Interesse den Kontakt zu Logistikunternehmen in ihrem Netzwerk her.
Die Resonanz auf „Career Choice“ ist sehr positiv. Derzeit befinden sich in Deutschland rund 300 Mitarbeiter in einer Aus- oder Weiterbildung. Eine Herausforderung ist jedoch die Tatsache, dass Beschäftigte in der Logistik und in den Servicecentern oft seit Längerem keine Weiterbildung mehr besucht oder in der Vergangenheit schlechte Lernerfahrungen gemacht haben.
Bildung als Teil der Corporate Responibility
Auch wenn es zunächst widersinnig klingt, als Unternehmen die eigenen Mitarbeiter für den Markt auszubilden, ist Rabea Tamm, die Leiterin von „Career Choce“ in Europa und Südafrika, von dem Bildungsprogramm voll überzeugt: „Wenn wir mehrere Jahre mit der guten Leistung eines Mitarbeiters rechnen können und dieser irgendwann sagt, er möchte noch etwas anderes machen, dann unterstützen wir das auch. Hat er danach bessere Chancen am Arbeitsmarkt und findet einen guten Job, behält er Amazon in guter Erinnerung. Wechselt er intern in eine andere Position, ist er hoch motiviert und loyal – was will man mehr als Arbeitgeber?“
Autorin: Ulla Laux ist Kommunikationsberaterin in Augsburg.
Dieser Artikel ist in ungekürzter Version in Ausgabe 01/2019 des Personalmagazins erschienen und kann in der Personalmagazin-App gelesen werden.
-
Workation und Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber beachten müssen
1.993
-
Essenszuschuss als steuerfreier Benefit
1.713
-
Vorlage: Leitfaden für das Mitarbeitergespräch
1.500
-
Ablauf und Struktur des betrieblichen Eingliederungsmanagements
1.276
-
Probezeitgespräche als Feedbackquelle für den Onboarding-Prozess
1.249
-
Krankschreibung per Telefon nun dauerhaft möglich
1.129
-
BEM ist Pflicht des Arbeitgebers
1.031
-
Checkliste: Das sollten Sie bei der Vorbereitung eines Mitarbeitergesprächs beachten
709
-
Das sind die 25 größten Anbieter für HR-Software
514
-
Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten
390
-
Tipp der Woche: Mehr Inklusion durch KI
19.12.2024
-
Gleichstellung in Europa verbessert sich nur langsam
16.12.2024
-
Fünf Tipps für effektive Recruiting-Kampagnen zum Jahresstart
13.12.2024
-
Eine neue Krankenkasse als Zeichen der Fürsorge
11.12.2024
-
Wie Personalarbeit wirtschaftlichen Erfolg beeinflusst
10.12.2024
-
1.000 neue Fachkräfte für den Glasfaserausbau
09.12.2024
-
KI für eine inklusive Arbeitswelt
06.12.2024
-
Weihnachtsgeld: Wer bekommt wie viel?
05.12.2024
-
Mit Corporate Volunteering Ehrenamt ins Unternehmen bringen
05.12.2024
-
Die Angst vor KI lässt nach
05.12.2024