Die Impfauskunftspflicht und ihre Folgen für die Praxis
Arbeitgeber sollen künftig von Beschäftigten in Kitas, Schulen und Pflegeheimen Auskunft über eine Corona-Impfung oder eine überstandene Covid-Erkrankung verlangen können. Nachdem sich Union und SPD darauf am 2. September 2021 geeinigt hatten, ist der entsprechende Änderungsantrag am 7. September auch vom Bundestag beschlossen worden. (Anm. d. Red.: Der Bundesrat hat den Neuregelungen in einer Sondersitzung am Freitag, 10. September, zugestimmt.)
Begründet wurde das Vorhaben in dem Antrag damit, dass in den betroffenen Einrichtungen "besonders vulnerable Personengruppen betreut werden oder untergebracht sind beziehungsweise aufgrund der räumlichen Nähe zahlreiche Menschen einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind." Arbeitgeber könnten durch die Informationen die Arbeitsorganisation so ausgestalten, "dass ein sachgerechter Einsatz des Personals möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Hygienemaßnahmen treffen". Die Daten sind direkt beim Beschäftigten zu erheben. Die Freiwilligkeit der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Impfschutz bleiben unberührt.
Coronaimpfung: weiterhin keine generelle Auskunftspflicht
Weiterhin sind lediglich rund die Hälfte der Arbeitnehmenden vollständig geimpft. Eine generelle Impfauskunftspflicht, unter anderem auch für die Kantine, wird vorerst jedoch nicht eingeführt. Obwohl es in der Bundesregierung, zum Beispiel in Person von Gesundheitsminister Jens Spahn, und bei diversen weiteren Politikern, zum Beispiel bei den Grünen, Anhänger dieser Pflicht gibt, konnte sie sich bislang nicht durchsetzen. Zu groß sind zum Teil auch die juristischen Bedenken, da es sich um personenbezogene Daten im Sinne von Artikel 9 DSGVO in Verbindung mit §26 Abs. 3 BDGS handelt.
Seltene Ausnahmen sind gegebenenfalls möglich. Zudem darf ein Arbeitgeber fragen, ob sich ein oder eine Beschäftigte im Urlaub in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Grundsätzlich gilt aber: Arbeitnehmende können auch dann nicht arbeitsrechtlich (Abmahnung, Kündigung etc.) belangt werden, wenn sie sich entgegen der Bitte oder des Rates des Unternehmens nicht impfen lassen.
Indirekte Abfrage des Impfstatus der Beschäftigten
In der Praxis haben sich trotzdem bestimmte Varianten durchgesetzt, die sich juristisch zum Teil in einer dunklen Grauzone bewegen:
- Es wurden zum Teil Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat geschlossen, in denen die Mitarbeitenden dringend gebeten werden, ihren Impfstatus offenzulegen.
- Einige Unternehmen, besonders aus dem Startup-Bereich, nutzen die Luca-App um Mitarbeitende einzuchecken, oder gar die Corona-Warn-App der Bundesregierung, bei denen zum Teil auch der Impfstatus ersichtlich ist. Dies basiert meist jedoch auch auf freiwilliger Basis.
- Viele Unternehmen haben eine Maskenpflicht mit der (inoffiziellen) Regelung, dass vollständig Geimpfte sie nicht umsetzen müssen.
- Einige Unternehmen testen alle Mitarbeitenden täglich beziehungsweise bei jedem Besuch am Arbeitsplatz, womit der aktuelle Impfstatus in den Hintergrund tritt.
Armin Laschet für Ausweitung der Auskunftspflicht
Aus der aktuellen politischen Diskussion zeichnet sich ab, dass die Impfauskunftspflicht gegebenenfalls auf weitere Berufe ausgeweitet werden könnte. So hat sich Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet am 6. September 2021 für eine Auskunftspflicht in allen Betrieben ausgesprochen. "Der Arbeitgeber muss wissen, wer im Betrieb geimpft ist, um Schutzmaßnahmen ergreifen zu können", sagte der CDU-Vorsitzende am Montag beim "Wahlcheck" der "Heilbronner Stimme". Allerdings dürften Nicht-Geimpfte nicht diskriminiert werden. "Man muss das behutsam machen", so Laschet.
Welche Konsequenzen dürfen Unternehmen aus den Infos ziehen?
Ob die Auskunftspflicht auf alle Betriebe ausgeweitet wird oder nicht: Die Frage bleibt bestehen, welche Konsequenzen ein Unternehmen aus der Information ziehen könnte, dass bestimmte Beschäftigte nicht geimpft sind. Gerade in den Pflegeberufen soll eine besonders niedrige Impfquote herrschen. Wenn ein Krankenhaus nun über die Information verfügt, dass Schwester XY nicht geimpft ist, müsste es sie konsequenterweise vom Patienten abziehen. Dies käme einem Berufsverbot gleich.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzt steht über allem
Aber auch in den Office-Berufen, stellen wir uns ein Großraumbüro mit 50 Mitarbeitenden und zehn Ungeimpften vor, kann man sich schwer ausmalen, was eine generelle Impfauskunftspflicht zur Folge haben könnte. Sollen alle "Nicht-Geimpften" isoliert werden? Sollen sie in einer Ecke, in einem separaten Büro kaserniert werden? Oder belohnt man sie gar und lässt sie, um Infektionen in der Unternehmung zu vermeiden, gar von zu Hause aus arbeiten? Dies scheint alles kaum vorstellbar, das allgemeine Gleichbehandlungsgesetzt ist als Damoklesschwert über allen Maßnahmen zu sehen. Eine Stigmatisierung der ungeimpften Mitarbeitenden wird aber mittelfristig eintreten.
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