Die Idee der Berater-Challenge


Automobilindustrie im Wandel: Die Berater-Challenge

Das Business der Unternehmensberater boomt. 33,8 Milliarden Euro betrug der Branchenumsatz im Jahr 2018 in Deutschland. Prognose: weiterhin steigend. Besonders in Digitalisierungsfragen herrscht großer Bedarf. Doch haben die Unternehmensberatungen auch Antworten? Das Personalmagazin wollte es genauer wissen.

Konjunkturabschwung, Handelskonflikte, Brexit: Unsicherheiten prägen die gegenwärtige Wirtschaftslage. Hinzu kommt das Dauerthema Digitalisierung. Branchenübergreifend stehen Unternehmen vor einem grundlegenden Strukturwandel. Während das für die einen Adaption bedeutet, stehen andere vor einer Transformation – so auch die Automobilindustrie. Denn auch wenn der ewige Dauer-Diesel sicherlich noch ein paar Jahre weiterröhrt, gehört die Zukunft der E-Mobilität. Und Großkonzerne ebenso wie Zulieferer werden sich wandeln müssen, um die Mobilitätswende erfolgreich zu gestalten.

Unternehmensberater versprechen Antworten auf Zukunftsfragen

Es ist ein Klima, das für Unternehmensberatungen nahezu ideal scheint. Wo Zukunftsfragen offenbleiben, sind Zukunftsantworten begehrt. Berater liefern sie, zumindest werben sie damit – und das offenbar mit Erfolg. Unternehmensmanager buchen die Dienste der Consultants fleißig, um das eigene Geschäftsmodell möglichst rasch auf die Digitalwelt umzustellen. Entsprechend positiv fällt die Wachstumsprognose für 2019 des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) für die Branche aus: plus 7,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresumsatz. Insgesamt umfasst der Markt rund 20.000 Beratungen deutschlandweit, die zusammen etwa 150.000 Mitarbeiter beschäftigen. Auch wenn darunter eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen fällt, zeigt sich doch: Unternehmen, die eine Beratung suchen, haben die Qual der Wahl.

Diese will jedoch wohlüberlegt sein – insbesondere, wenn es um ein so sensibles Thema wie die organisationale Transformation geht. Denn dabei prallen strukturelle, strategische und kulturelle Aspekte aufeinander. Wer sind wir? Wer möchten wir sein? Wie kommen wir dorthin? Einen solchen Change-Prozess erfolgreich zu gestalten, bedeutet also immer auch, ihn ganzheitlich zu denken. Doch selbst das garantiert noch kein Gelingen. Denn der Berater muss auch zum Unternehmen passen. Wo Birkenstock auf Lackschuh trifft, ist fraglich, ob ein gemeinsames kulturelles Verständnis gelingen kann.

Qual der Wahl: Welcher Unternehmensberater ist der passende?

So stehen Unternehmen vor der Frage: Welcher Berater passt zu uns? Das wollte auch die Redaktion des Personalmagazins wissen und hat die führenden Unternehmensberatungen mit Schwerpunkt Organisation und New Work zum fiktiven Pitch eingeladen, 14 an der Zahl. Die "Personalmagazin-Challenge" lautete: Ein Zulieferbetrieb der Automobilindustrie muss neu aufgestellt werden. Eine echte Herausforderung für jede Beratung, Realitätsbezug inbegriffen.

Umso erfreulicher, gleich fünf nahmen die Challenge an: Detecon, EY, Haufe, HR Pioneers und Mercer Promerit. Absagen kamen von Accenture, Bain, Cap Gemini, Deloitte, Kienbaum, Korn Ferry, KPMG, McKinsey und PWC. Vielleicht läuft deren Beratungsgeschäft tatsächlich so gut, dass für eine Sandkastenübung ohne Aussicht auf einen Etatgewinn keine Zeit bleibt, vielleicht sind die Bedenken, sich in die Karten schauen zu lassen, zu groß. Es ist müßig, über die tatsächlichen Gründe zu spekulieren. Ein wenig verwundert es allerdings schon, dass gerade die erfahrenen und traditionsreichen Beratungshäuser mit Abwesenheit glänzen.

Berater-Challenge: Fiktiver Fall, reales Szenario

Die Beratungen sollten anhand einer einseitigen Fallbeschreibung zur Zukunft der Winds Of Change GmbH & Co. KG (WOC), einem fiktiven Automobilzulieferer für Abgas- und Klimalösungen, eine Lösungsskizze ausarbeiten. Konzipiert hat den Case Professor Ingo Weller, Leiter des Instituts für Human Capital Management an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Die Rahmendaten: Ein Traditionsunternehmen, 11.000 Mitarbeiter, die Hälfte davon in Deutschland, 50 Standorte weltweit, 5,1 Milliarden Euro Jahresumsatz, Gegenwart "noch komfortabel", Zukunft "bedrohlich". Sorgen machen der Gruppe insbesondere fehlende E-Mobilitäts-Lösungen, steigende Personalkosten, vorhandene Datensilos, ein rasches Wachstum sowie eine verwässerte Unternehmenskultur. Der fiktive Fall bildet somit ein durchaus reales Szenario ab – und beschreibt zugleich die grundlegende Herausforderung der Automobilbranche, für die bisher noch kein Masterplan existiert.

Um die verschiedenen Konzepte vergleichbar zu machen, waren im Angebot die veranschlagten Beratertage sowie der Zeitbedarf für die Analyse und Erstellung einer Entscheidungsvorlage gefordert. Die Bearbeitungsdauer für den Case betrug 14 Tage. Ein Re-Briefing bot die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen. Dabei zeichnete sich ab, was der Redaktion des Personalmagazins bereits während der Projektplanung auffiel: Die größte Schwierigkeit für die Bearbeitung des Falls würde in der verkürzten Darstellung einer hochkomplexen Situation liegen. Ein Unternehmen im Umbruch – interne und externe Wirkkräfte, dazu eine unvollständige Informationslage. Der Transformationsdruck ist enorm. Klar ist nur, es besteht ein dringender Handlungsbedarf. Schwer, darauf basierend ein Konzept zu entwickeln, so der Tenor der Teilnehmer.

Das Ziel: Beraterhandschriften nachzeichnen

Doch war es das, was die Redaktion forderte. Bewusst! Denn auch in realen Pitches zeigt sich: Situationsbeschreibungen sind oft unzureichend, Detaildaten, Hintergründe, Zusammenhänge fehlen. Dann hilft nur, Annahmen zu treffen – in deren Kontext anschließend auch die Lösungen zu bewerten sind. Auch deshalb entschied sich die Redaktion gegen ein Ranking und für eine Synthese.


In der Ausgabe 05/2019 mit dem Schwerpunkt "Berater-Challenge" präsentiert das Personalmagazin sowohl die Auswertung von Professor Ingo Weller, der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ansätze herausgearbeitet hat, als auch in Kurzform die eingereichten Konzepte der Berater, die einen Blick auf deren Handschrift erlauben. Lesen Sie das gesamte Magazin auch in der Personalmagazin-App.