Digital, interaktiv, spaßig: So wünschen sich viele Azubis das Lernen im Betrieb. Die Realität sieht jedoch oft eher dröge aus. Dabei ist heute technisch schon vieles möglich – etwa das Lernen mit Augmented Reality. Ein Lernexperte verrät, worauf es dabei ankommt.

Haufe Online-Redaktion: Vor wenigen Jahren waren mobile Geräte, mit denen sich die Realität durch virtuelle Elemente anreichern lässt, noch Zukunftsmusik. Heute sind Datenbrillen und Co. dabei, ein Massenphänomen zu werden. Inwiefern ist Augmented Reality in der betrieblichen Weiterbildung schon die Regel?

Thomas Hagenhofer: Das Lernen mit Augmented Reality ist zwar keine ganz neue Idee mehr – aber es ist bislang tatsächlich noch die Ausnahme in Betrieben. Ich bin jedoch der Meinung, dass sich diese Art zu Lernen in den kommenden Jahren immer weiter verbreiten wird – denn mobile Endgeräte werden immer günstiger verfügbar. Vor allem in der Berufsausbildung halte ich Augmented Reality für einen guter Ansatz, denn mobile Endgeräte sind das ideale Mittel um technikaffine Jugendliche zu erreichen.

Haufe Online-Redaktion: Wo kommt denn das Lernen mit der verstärkten Realität schon zum Einsatz?

Hagenhofer: In der Automobilindustrie wird bereits der Ansatz gefahren, Augmented Reality als Assistenzsystem einzusetzen – indem die Mitarbeiter bei Ausbildungseinheiten am Motor über Datenbrillen, Tablet und andere Mobilgeräte Zusatzinformationen zu den Inhalten bekommen können. BMW setzt "Augmented Reality Learning" etwa schon in der Berufsausbildung ein. Aktuell erproben wir beim Zentral-Fachausschuss Druck und Medien Augmented-Reality-Modelle in der Druckindustrie an acht Berufsschulen und zwei Ausbildungsbetrieben. Aber auch über Aus- und Weiterbildung hinaus soll die Methode künftig vermehrt genutzt werden: VW hat etwa angekündigt, im Logistikbereich die Datenbrille einzusetzen. Auf diese Weise sollen die Mitarbeiter bei Qualitätskontrollen die Hände frei haben.

Haufe Online-Redaktion: Was kann denn das Lernen mit Augmented Reality in der Berufsausbildung leisten, was das praktische Lernen an der Maschine oder das Lernen mittels Web-Based-Trainings nicht kann?

Hagenhofer: Augmented Reality ermöglicht es, Prozesse zu durchleuchten, während sie ablaufen. Ein Beispiel: Eine Druckmaschine lässt sich beim Laufen nicht öffnen. Bisher konnten Auszubildende also das Innenleben der Maschine nur betrachten, wenn diese stillstand. Beim Lernen mit Augmented Reality können sie ein Drei-D-Modell auf die Maschine projizieren. So wird für sie das Innenleben der laufenden Maschine sichtbar und die Prozesse live vor Ort visualisiert. Die Auszubildenden können dann quasi durch ihr Tablet in die Maschine hineinsehen.

Haufe Online-Redaktion: Wie können Ausbilder diese Methode in Ausbildungseinheiten integrieren?

Hagenhofer: Mit Augmented Reality können Ausbilder den Jugendlichen beispielsweise beim arbeitsplatzorientierten Lernen Zusatzinfos zur Verfügung stellen. Die Azubis können so bei Bedarf auf tiefergehende Lerninhalte zurückgreifen und dadurch sehr selbstgesteuert direkt an der Maschine arbeiten – sie brauchen also keine Bücher oder Web-based-Trainings mehr. Zudem können die Ausbilder beim Augmented-Reality-Lernen mehr interaktive Elemente in den Unterricht einbauen: So kommunizieren die Azubis beim Lernen mit ihren Kollegen per Chat oder in Foren und können zudem ergänzende Infos abrufen. Damit wird auch das eigenständige, selbstorganisierte Lernen gefördert. Die Azubis können sich zum Beispiel zunächst eigenständig die Inhalte der Lerneinheiten erarbeiten und sich anschließend in der Gruppe über ihre Ergebnisse austauschen –auch standortübergreifend. Durch Verlinkungen zu Wikis und Lernplattform lässt sich die Technologie auch im Wissensmanagement einsetzen.


"Ausbilder können beim Augmented-Reality-Lernen mehr interaktive Elemente in den Unterricht einbauen. Damit wird auch das eigenständige, selbstorganisierte Lernen gefördert."

Thomas Hagenhofer


Haufe Online-Redaktion: Auf Plattformen wie Facebook und Wikipedia sind die Jugendlichen ja auch privat viel unterwegs. Wie verändert das denn ihre Ansprüche ans Lernen?

Hagenhofer: In Zeiten von Social Media ist es erforderlich, dass auch Lernmaterialien nicht einmal fertig produziert werden, sondern erweiterbar und interaktiv sind. Damit die Lerninhalte beim Augmented-Reality-Learning nicht starr daherkommen, können die Lehrenden sie mithilfe eines Autorenwerkzeugs weiterentwickeln. Im oben genannten Drei-D-Modell beispielsweise können die Ausbilder mit diesem Autorentool selbst Texte, Grafiken und Links einfügen oder einzelne Bauteile hervorheben – ohne auf eine Agentur angewiesen zu sein, die die gewünschten Inhalte für sie ergänzt.

Haufe Online-Redaktion: Wie kann der Ausbilder dabei alle Azubis mitnehmen und verhindern, dass manche den Anschluss verpassen oder bei Lerneinheiten an der Maschine gar heimlich auf ihren Tablets vor sich hindaddeln statt zu lernen?

Hagenhofer: Das Werkzeug wird mit dem Server verknüpft – so können Inhalte von einem Tablet auf alle anderen Tablets übertragen werden. Die Verknüpfung macht interaktive Übungen möglich: Eine Aufgabe für die Azubis in der Druckerei könnte lauten, ein Bauteil in die virtuelle Druckmaschine einzuzeichnen, das dann auf alle Tablets übertragen wird – oder den Fluss der Farbe durch das Farbwerk mit dem Finger auf dem Gerät einzuzeichnen. Diese Kommunikationsfunktionen können die Ausbilder beim geführten Unterricht einsetzen.

Haufe Online-Redaktion: Worauf müssen Ausbilder achten, die Ausbildungsinhalte künftig mit Augmented Reality verpacken möchten?

Hagenhofer: Beim Lernen mit Augmented Reality gilt das gleiche wie beim E-Learning: Es reicht nicht, den Lernern nur die Technik zur Verfügung zu stellen und zu glauben, dass sie sich auf das digitale Lernen stürzen. Die Ausbilder müssen den Auszubildenden auch attraktive, niveauvolle Inhalte bieten und darauf achten, das Lernen mit sozialen Inhalten anzureichern. Didaktisch setzt das Lernen mit Augmented Reality an vorhandenen Konzepten auf: Früher wurden beim maschinennahen Lernen einzelne Bauteile live angeschaut. Das ging damals besser, weil die Maschinen leichter einsehbar waren. Heute sehen sich die Ausbilder mit immer intelligenter werdenden Maschinen konfrontiert, die nach außen eine "Black Box" darstellen. Dadurch geht das Wissen über Zusammenhänge und Wirkungsweisen verloren. Die Technik kann helfen, diese Zusammenhänge zu vermitteln. Das Lernen mit Augmented Reality und anderen technischen Assistenzsystemen soll aber das bisherige Lernen nicht ersetzen, sondern ergänzen: Die Ausbilder werden auch in Zukunft nicht ohne Maschinen auskommen.


Thomas Hagenhofer ist Projektkoordinator beim Zentral-Fachausschuss Druck und Medien (ZFA), wo er neue Ansätze im Bereich Aus- und Weiterbildung entwickelt.


Das Interview führte Andrea Sattler, Redaktion Personalmagazin.


Schlagworte zum Thema:  Personalentwicklung, Ausbildung