Emotionale Intelligenz: die neue Kernkompetenz
Neue Technologien automatisieren mehr und mehr herkömmliche Tätigkeiten und Routineaufgaben. Bei Führungskräften wie auch betroffenen Mitarbeitern reift daher die Erkenntnis, dass emotionale Intelligenz – und damit Fähigkeiten wie Selbstreflexion, Selbstmanagement, soziales Bewusstsein, Beziehungsmanagement und Kommunikationsgeschick – eine Kernkompetenz für den Erfolg im digitalen Zeitalter ist. Laut dem Capgemini Research Institute, das im August und September 2019 750 Führungskräfte großer Unternehmen und 1.500 Mitarbeiter aus 11 Ländern befragte, wird die Nachfrage nach emotionaler Intelligenz international in den nächsten drei bis fünf Jahren um das Sechsfache steigen – in Deutschland um das Fünffache.
Emotionale Intelligenz wird zum Must-have
Etwa drei Viertel der Führungskräfte (76 Prozent global und 72 Prozent in Deutschland) glauben, dass die Mitarbeiter ihre emotionalen Fähigkeiten ausbauen müssen, damit sie auch für kunden- und personenbezogene Rollen geeignet sind. Derselbe Prozentsatz meint, dies sei nötig, damit sie Aufgaben übernehmen können, die nicht automatisierbare Fähigkeiten wie Empathieempfinden, Einflussnahme und Teamarbeit erfordern.
Im globalen Durchschnitt glauben 61 Prozent – in Deutschland nur 45 Prozent – der befragten Führungskräfte, dass emotionale Intelligenz in den nächsten ein bis fünf Jahren zu einer Must-have-Fähigkeit wird. Von den Mitarbeitern ohne Führungsaufgaben glauben dies 41 Prozent global und 32 Prozent in Deutschland. Insgesamt sagen 83 Prozent der Unternehmen, dass eine hochgradig emotional intelligente Mitarbeiterschaft in den kommenden Jahren eine Grundvoraussetzung für Erfolg sein wird.
Unternehmen mit emotional intelligenter Belegschaft profitieren
Unternehmen, die über Mitarbeiter mit hoher emotionaler Intelligenz verfügen, genießen laut der Studie erhebliche Vorteile: Im Durchschnitt haben 60 Prozent der befragten Unternehmen international höhere Gewinne von mehr als 20 Prozent durch ihre Mitarbeiter mit besagten Fähigkeiten. Zu den wichtigsten quantitativen Vorteilen gehören eine gesteigerte Produktivität, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und ein wachsender Marktanteil. Die Studie schätzt, dass Unternehmen, die nachhaltig in emotionale Intelligenz investieren, einen Return on Investment zwischen dem 2,2- und 4,4-Fachen erzielen, wenn man die Auswirkungen auf Umsatz, Produktivität, Kosten und Fluktuation einkalkuliert.
"Unternehmen ist zunehmend bewusst, dass sie die Kompetenzen von Mitarbeitern mit ausgeprägter emotionaler Intelligenz brauchen. Allerdings bewegen sie sich nicht schnell genug, um angemessen in sie zu investieren", sagt Claudia Crummenerl, Expertin für HR Transformation bei Capgemini Invent. Während 75 Prozent der Unternehmen angeben, dass sie die emotionale Intelligenz ihrer Mitarbeiter entwickeln können, tut ein weitaus geringerer Anteil etwas dafür, um dieses Ziel zu erreichen: Nur 42 Prozent der Unternehmen international und 46 Prozent in Deutschland bieten entsprechende Trainings für Senior-Management und Führungskräfte an. Für das mittlere Management tun dies international lediglich 32 Prozent, in Deutschland dagegen ebenfalls 46 Prozent.
Unterricht und Unterstützung ist hilfreich
Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung erhalten international nur bei 17 Prozent der Unternehmen Trainings für emotionale Intelligenz, in Deutschland immerhin bei 31 Prozent der Unternehmen. Obwohl Mitarbeiter ohne Führungsaufgaben mit der höchsten Wahrscheinlichkeit von der Automatisierung betroffen sein werden, achten weniger als 40 Prozent der Unternehmen im Einstellungsprozess auf emotionale Fähigkeiten oder beziehen sie bei der Bewertung ihrer bestehenden Mitarbeiter mit ein.
"Denken Sie an die mathematischen Fähigkeiten: Jeder von uns wird mit einer Grundbegabung geboren, um mit Mathematik zu arbeiten. Wenn wir uns aber in der Schule nicht mit Themen wie Algebra befassen, haben wir nur geringe Fähigkeiten, Variablen und Gleichungen eigenständig zu handhaben", sagt John Mayer, Professor für Psychologie an der Universität von New Hampshire. In ähnlicher Weise könne hinsichtlich der emotionalen Intelligenz ein gewisses Maß an Unterricht und Unterstützung hilfreich sein: "Wir können uns Kenntnisse auf diesem Gebiet aneignen und unsere Intelligenz so erfolgreicher einsetzen."
Schlüsselbereiche zur Förderung emotionaler Intelligenz
Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass Unternehmen emotionale Intelligenz in ihr Mitarbeiter-Management integrieren und sowohl Bottom-up- als auch Top-down-Ansätze verfolgen müssen, um durch Veränderungen bestehender Prozesse eine Belegschaft mit hoher emotionaler Intelligenz aufzubauen. "Wir sehen, wie sehr Unternehmen von einer emotional intelligenten Mitarbeiterschaft profitieren. Die Erfahrung der dabei erfolgreichsten Unternehmen zeigt, dass Unternehmen die emotionale Intelligenz in den Bereichen Rekrutierung, Training und Kultur priorisieren müssen, um ein krisenresistentes Team in einer sich wandelnden Welt aufzubauen", betont Crummenerl.
Die Studie hebt vier Schlüsselbereiche hervor, auf die sich Unternehmen konzentrieren sollten:
- Bestehende Lernprogramme sollten umgebaut, emotionale Intelligenz in diese integriert und die Lernprogramme allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden.
- Zweitens sollte der Rekrutierungsprozess modifiziert werden, um eine Bewertung der emotionalen Intelligenz zu ermöglichen.
- Daneben sollte die emotionale Intelligenz bei Beförderungen und der Entlohnung des Personals berücksichtigt werden.
- Technologie und Daten sollten zum Aufbau einer Kultur eingesetzt werden, die emotionale Intelligenz wertschätzt und nach kontinuierlicher Verbesserung strebt.
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