Entgelttransparenzgesetz: Unternehmen sehen keine Entgeltlücke

Seit Juli gilt in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz. Doch ist der Transparenzgedanke tatsächlich schon in der Praxis angekommen? Laut einer Studie sehen überraschend wenige Unternehmen Handlungsbedarf rund ums Thema "Entgelttransparenz" – geschweige denn eine Entgeltlücke im eigenen Betrieb.

Seit dem 6. Juli 2017 verpflichtet das Entgelttransparenz Unternehmen dazu, Gehälter in vergleichbaren Positionen offenzulegen. Das Gesetz soll helfen, die Gehälter weiblicher Mitarbeiter nach und nach an die ihrer männlichen Kollegen im gleichen Job anzupassen.

Bislang verdienen Frauen in Deutschland laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) noch durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer.

Entgelttransparenzgesetz: Status quo untersucht

Wie weit die Idee der Entgelttransparenz bislang schon in der Unternehmenspraxis verankert ist und welche To-dos Unternehmen noch rund ums Thema sehen, hat nun das Beratungsunternehmen Lurse, das Unternehmen unter anderem auch bei Entgeltfragen berät, in einer Studie untersucht. Lurse hat hierfür im Juli 2017 insgesamt 138 Teilnehmer online zum Status quo von Entgelttransparenz befragt.

Den Antworten der Teilnehmer zufolge gibt es kaum jemanden, dem das Thema "Entgelttransparenz" nicht bekannt wäre:  Mehr als 90 Prozent sagen, sie kennen das Thema; 43 Prozent sind schon tiefer ins Thema eingestiegen. Nur sieben Prozent haben sich noch gar nicht damit beschäftigt. Vor allem große Unternehmen haben schon konkrete Maßnahmen umgesetzt.

Entgeltlücke: Nur 15 Prozent sehen Handlungsbedarf

Überraschend ist jedoch, wie gelassen die Befragten das neue Gesetz nehmen: Drei Viertel der Teilnehmer sehen nämlich in ihrem Unternehmen keinen Handlungsbedarf bezüglich einer Entgeltlücke. Nur 15 Prozent vermuten, dass es in ihrem Unternehmen eine Entgeltlücke und folglich etwas dagegen zu tun gibt.

Doch die Einschätzung der meisten Befragten, dass es in ihrem Unternehmen keine Entgeltlücke gibt, widerspricht zumindest in Teilen den Daten zur bereinigten Entgeltlücke. Dieser bereinigte "Gender Pay Gap" misst den Verdienstabstand von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien. Danach bleibt laut Statistischem Bundesamt für das Jahr 2016 eine bereinigte Gehaltslücke von sechs Prozent.

Unternehmen bemängeln "unnötigen bürokratischen Aufwand"

Möglicherweise ergibt sich die Tatsache, dass die Befragten keinen Handlungsbedarf rund ums Entgelttransparenz sehen, daraus, dass sie das neue Gesetz insgeheim ablehnen. Denn nach ihrer persönlichen Meinung zum neuen Gesetz gefragt, antworten nur sechs Prozent der Befragten damit, dass sie es für notwendig und hilfreich zur Bereinigung einer Entgeltlücke halten. Drei Viertel der Befragten sehen diese Notwendigkeit nicht. Zudem steht den wenigen Verfechtern des neuen Gesetzes eine große Mehrheit von 80 Prozent gegenüber, die den großen bürokratischen Aufwand in der betrieblichen Umsetzung bemängeln.

Von Schwierigkeiten berichten die Teilnehmer vor allem beim Definieren von Vergleichsgruppen und Entgeltelementen sowie in der Prozessgestaltung und Kommunikation rund ums Thema "Entgelttransparenz". Zudem bemängeln einige Teilnehmer auch die fehlende Präzision des Gesetzestexts und Missbrauchspotenzial bei den Mitarbeitern: Manch einer nutze das neue Gesetz, um Auskunft über die Gehälter seiner Kollegen zu bekommen; zudem verwechselten manche Mitarbeiter den Auskunftsanspruch mit einem Erhöhungsanspruch, klagen die Befragten.

Zum Weiterlesen: Mehr zum Thema "Entgelttransparenz" lesen Sie in der Titelstrecke von Personalmagazin, Ausgabe 10/2016.


Schlagworte zum Thema:  Entgelt, Vergütung, Gehalt