„Internationale Business Coaches werden auch in Deutschland gebraucht“
Haufe Online Redaktion: Frau Lemire, was muss man mitbringen, um ein Internationaler Business Coach zu werden?
Veronique Lemire: Drei Aspekte sind mir wichtig. Erstens sollte man selbstverständlich Coach sein wollen, also die entsprechende Haltung wohlwollend-neutraler Unterstützung vertiefen, die stetige Selbstreflexion aufbringen und die nötigen Kommunikationstechniken verfeinern wollen. Zweitens geht es um das Thema Business. Es ist sehr ratsam, selbst Business-Erfahrung und als Führungskraft gearbeitet zu haben. Den dritten Aspekt, die internationale Dimension, entwickeln wir in der Ausbildung.
Business Coach: Die internationale Dimension in der Ausbildung
Haufe Online Redaktion: Was macht die internationale Dimension einer Coaching-Ausbildung aus, können Sie uns das näher beschreiben?
Lemire: Die internationale Dimension hat drei Komponenten. Zum einen: Sensibilisierung für die Konsequenzen einer internationalen Kultur. Im Business-Kontext geht es zum Beispiel darum, wie man mit Macht umgeht, wie man kommuniziert, welche Unterschiede es in den verschiedenen Kulturen gibt und wie man in diesem Umfeld Vertrauen aufbaut. Man braucht ein Verständnis dafür, was die Internationalität bedeutet, was zum Beispiel die Kultur bei der internationalen Besetzung eines Teams ausmacht und wie sie die Realität, Wahrnehmung und die Verhaltensweisen beeinflusst. Ob ein Team nur aus deutschen Mitgliedern besteht oder aus verschiedenen Nationalitäten, macht einen Unterschied aus. Das ist für ein Coaching zwar nicht immer relevant, sollte aber im Blick behalten und auch beachtet werden.
Haufe Online Redaktion: Was sind die anderen beiden Punkte?
Lemire: Die zweite Komponente sind die intellektuellen Quellen der Coaching-Ausbildung, die ebenfalls international sein sollten. In der Ausbildung reflektieren wir internationale Kommunikationsforscher wie Hofstede oder Trompenaars. Wir nutzen angelsächsische Coaching-Konzepte wie NLP, positive Psychologie, kognitive Verhaltenstherapie, also "Cognitive behavioral therapy", oder Performance Coaching.
Die dritte Komponente ist die Sprache. Englisch ist die Hauptsprache der internationalen Kommunikation, aber für das Coaching reicht es nicht aus, gut Englisch zu sprechen. Sprache ist eines der wichtigsten Coaching-Tools und der Coach muss die Terminologie in der jeweiligen Sprache präsent haben. Er oder sie muss ein sehr feines Gefühl dafür entwickeln, um auf einen Coachee eingehen zu können. Ich zum Beispiel bin Französin, aber es ist schwierig für mich, auf Französisch zu coachen, weil ich die Terminologie nicht entwickelt habe. Um in einer Sprache coachen zu können, muss man sich in der Sprachkultur auskennen und zum Beispiel die Bedeutung von Pausen und Stille erfassen können. Subtil in einer Fremdsprache zu kommunizieren, ist schwierig und braucht Übung.
Coaches sind Begleiter und müssen sich selbst zurücknehmen
Haufe Online Redaktion: Was fällt Ihren Coaching-Schülern in der Internationalen Ausbildung am schwersten?
Lemire: Da gibt es kaum Unterschiede zu der Ausbildung von Business Coaches. Es fällt den Teilnehmern zum Beispiel schwer, keine „Ich-Antworten“ zu geben und sich als Begleiter und Prozesshelfer zu verstehen, auch wenn einem die Welt des Gegenübers fremd ist. Allerdings kann beim internationalen Coaching die Welt des Gegenübers noch fremder sein, weil die kulturellen und die Lebenserfahrungen mit denen man konfrontiert ist, noch fremder sind. Darauf müssen sich die Teilnehmer einstellen. Ich persönlich finde auch die Sensibilisierung für die Sprachbarriere und die kulturelle Barriere schwieriger, als wenn es nur um Coaching in einer Kultur geht. Mir ist wichtig, dass die Teilnehmer sich trauen, Englisch zu reden und in dieser Sprache zu coachen. Über sich selbst auf Englisch zu reflektieren, ist nicht einfach. Die Teilnehmer müssen lernen, jemanden in einer schwierigen persönlichen Situation in einer Fremdsprache zu coachen, ohne dass bei einem Coachee das Gefühl der Distanz entsteht.
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