Junge Erwachsene: Kein Vertrauen in faire Altersversorgung

Altersversorgung ist kein Thema für die Jugend, das zeigt eine neue Studie der Metallrente. Der ganz überwiegende Teil der 17- bis 27-Jährigen sieht die Verantwortung für "gute Rente" allein beim Staat und fühlt sich hier vernachlässigt. Eigene Vorsorge betreiben die wenigsten.

"Wenn der Staat es wirklich will, kann es auch in Zukunft eine gute Rente geben" – das glauben laut der Metallrente-Studie "Jugend, Vorsorge, Finanzen 2019" inzwischen 84 Prozent der 17- bis 27-Jährigen in Deutschland. Gleichzeitig bezweifeln die jungen Leute, dass die Politik die notwendigen Voraussetzungen dafür schafft. Die Konsequenz: Immer weniger von ihnen sorgen für ihr Alter vor.

Rentenpolitik geht an der jungen Generation vorbei

Lediglich ein Drittel der Befragten spart regelmäßig für das Alter. Rechnet man die Jungen dazu, die ab und zu etwas für ihre Altersvorsorge sparen, sind es 48 Prozent. 2010 waren es noch 55 Prozent. "Die Rentenpolitik muss sich gleichermaßen an den Bedürfnissen der älteren und der jüngeren Generation ausrichten. Geschieht das nicht, sind die jungen Leute nicht nur eindeutig von Altersarmut bedroht, sondern ihr Vertrauen in die Politik wird gefährdet," warnen Klaus Hurrelmann und Christian Traxler von der Hertie School of Governance in Berlin, die wissenschaftlichen Leiter der Untersuchung.

Der Geschäftsführer des Versorgungswerks Metallrente, Heribert Karch, hält die aktuellen Ergebnisse für alarmierend. Er weist darauf hin, dass junge Menschen mit ihrer durchaus vorhandenen Sparbereitschaft an Grenzen stoßen. "Niedrige Einkommen und befristete Arbeitsverhältnisse erschweren es jungen Leuten heute, regelmäßig für ihr Alter zu sparen und systematische Vorsorge zu betreiben", stellt er fest. 

Junge Frauen besonders von drohender Altersarmut betroffen 

Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann sieht besonders die jungen Frauen gefährdet: "Sie schneiden im Bereich der langfristigen finanziellen Vorsorge im Vergleich zu jungen Männern weiterhin schlechter ab, obwohl sie inzwischen eindeutig die besseren Bildungsabschlüsse erlangen." Die Ursache dafür liege in der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Viele Frauen gehen Kompromisse ein, weil sie frühzeitig die Gründung einer Familie im Blick haben. Gepaart mit ihrer geringeren Risikobereitschaft ergibt sich daraus ein langfristiges Vorsorgeverhalten, das zu Nachteilen bei der Rente führt", fasst Hurrelmann zusammen.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen das: Während knapp drei Viertel der jungen Frauen davon ausgehen, in der Lebensphase mit kleinen Kindern in Teilzeit berufstätig zu sein, erwarten das für sich nur vier von zehn jungen Männern. Auch investieren junge Männer mit 35 Prozent deutlich häufiger in Aktien und Investmentfonds als Frauen (18 Prozent).

Angst vor Altersarmut bei der jungen Generation

Der Ökonom Christian Traxler stellt fest: "Die Metallrente-Studie 2019 zeichnet ein zwiespältiges Bild. Einerseits betont mittlerweile jeder zweite junge Erwachsene, im ‚Hier und Heute’ zu leben und der Anteil derjenigen, die die Altersvorsorge als Grund zum Sparen angeben, sinkt. Andererseits gibt es ein klares Problembewusstsein."

Ein Hinweis darauf: 85 Prozent der befragten jungen Erwachsenen rechnen damit, noch weit über ihr 67. Lebensjahr arbeiten zu müssen. 86 Prozent stimmen der Aussage zu, dass ohne eine eigenständige Vorsorge künftig deutlich mehr Menschen von Altersarmut betroffen sind, und 68 Prozent fürchten, im Alter selbst arm zu sein. 

Junge Erwachsene sehen Staat in der Verantwortung für die Altersversorgung

Die große Mehrheit junger Menschen fordert, dass der Staat Verantwortung für die Altersversorgung übernimmt. Eine gute staatliche Rente sei machbar, wenn der entsprechende politische Wille vorhanden sei, meinen inzwischen 84 Prozent der Befragten. 2010 waren 74 Prozent dieser Auffassung. 56 Prozent der Jugendlichen, die zwar sparen, aber nicht fürs Alter, sind sogar davon überzeugt, dass allein der Staat für die Altersvorsorge zuständig ist. Ein kompletter Transfer der Verantwortung für die Alterssicherung auf den Einzelnen findet so gut wie keine Akzeptanz.  

Handlungsdruck und Unsicherheit werden, so zeigt die Studie, nicht nur durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der jungen Erwachsenen bestimmt, sondern auch durch die Erkenntnis, über zu wenig Wissen zu verfügen. Nur weniger als ein Drittel der Befragten kennt sich in diesem Bereich aus. Gleichzeitig wünschen sich 92 Prozent verständlichere Informationen zum Thema Altersvorsorge. 87 Prozent wollen in der Schule auch über Altersvorsorge informiert werden. 93 Prozent der jungen Erwachsenen wünschen sich ein Online-Portal, in dem sie zu sämtlichen erreichten Ansprüchen aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge Informationen finden.

In der Abwägung zwischen Sicherheit und Rendite bei der Altersvorsorge entscheidet sich bereits die Mehrheit der jungen Erwachsenen für Risikovarianten. Zwei Drittel würden geringe Schwankungen ihrer Rente in Kauf nehmen, wenn sie dafür mit einer insgesamt höheren Leistung rechnen könnten als bei Renten mit dem gegenwärtigen Garantiezins von unter 1 Prozent. 58 Prozent sind bereit, dauerhaft auf feste Zinsgarantien zu verzichten, wenn sie dadurch Aussicht auf eine deutlich höhere Rente hätten.

Sozialpartnermodell in der bAV soll junge Generation weiterbringen

"Die jungen Leute wollen es einfach und gut", fasst Metallrente-Geschäftsführer Heribert Karch zusammen. "Eine rein individuelle Altersvorsorge hat bei ihnen weniger Akzeptanz als kollektive Systeme. Institutionelle Lösungen auf der Basis tarifvertraglicher Vereinbarungen der Sozialpartner könnten diese Aufgabe durch Mechanismen wie Langzeitorientierung, kollektive Kapitalanlage und nachhaltige Einbindung der Beschäftigten meistern. Außerdem würden sie relativ zügig eine durchgreifende Breitenwirkung erzielen. Das Sozialpartnermodell könnte also die Altersvorsorge entscheidend voranbringen. Davon hätten besonders die jungen Menschen umfassende Vorteile."

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Finanzthemen und Altersvorsorge fehlen auf dem Lehrplan der Schulen

An die Bildungspolitik appellieren die Herausgeber der Studie, "kompetente Informationen zu Finanzthemen und zur Altersvorsorge in Schule und Ausbildung sicherzustellen, am besten durch ein Schulfach Wirtschaft, um die großen Defizite der jungen Leute beim Finanzwissen auszugleichen." Sie fordern die Bundesregierung auf, die Rentenpolitik konsequent an der Lebenswirklichkeit der jungen Menschen zu orientieren: "Wir brauchen starke kollektive Systeme der Altersversorgung, die effizient und vertrauensbildend wirken, um die notwendige Einbeziehung der jungen Generation in die Altersvorsorge zu erreichen."

Die Studie "Jugend, Vorsorge, Finanzen" wird bereits zum vierten Mal vom Versorgungswerk Metallrente in Auftrag gegeben. Im Abstand von drei Jahren werden dafür rund 2.500 junge Erwachsene im Alter zwischen 17 und 27 Jahren zu ihren Vorstellungen für die persönliche Zukunft, zu ihrem Sparverhalten, ihren finanziellen Kenntnissen sowie zu ihren Einstellungen und Strategien zur Altersvorsorge befragt.

Weitere Informationen zur Altersversorgung finden Sie in unserer News: Betriebsrentenstärkungsgesetz - Änderungen in der bAV ab 2019


Schlagworte zum Thema:  bAV (Betriebliche Altersversorgung)