Seit kurzer Zeit sind in meinem Städtchen rätselhafte Sprüche auf den Gehwegen zu sehen. "Kopf hoch" steht dort, aufgesprayt in schwarzen Buchstaben und kleinem Schriftgrad. Was möchten mir dieses Graffiti und sein anonymer Botschafter mitteilen? Ist dies sein Appell an meinen Lebensmut in schwierigen Zeiten, möchte mich mit freundlichen Worten aufmuntern? Mag er mich aus meinen dunklen Gedanken beim Dahintrotten reißen, als paradoxe Intervention die Lust auf eine weniger graue Zukunft wecken? Kopf hoch!
Die Fakten in Freiburg lauten aber anders: Hoher Wohlfühlfaktor und geringe Arbeitslosigkeit, besonders bei begehrten Jobs der postmaterialistischen Dienstleistungsszene. Da haben es Arbeitgeber schwer, neue Talente für sich zu gewinnen. Sie setzen auf das Zauberwort "Social Media" – heute jederzeit und überall zugänglich, besonders für "Highpots" mit Flatrates an Hotspots.
Die Talente vor den Alltagsgefahren bewahren
Richtet sich der Graffitikünstler an diese glücklichen Talente? Im Umkreis von Universitäten und Bürocentern schlendern junge Menschen nur noch mit stets nach unten auf die Dreizoll-Bilddiagonale ihres Smartphones gerichteten Blick. Heute schon was für den Berufseinstieg oder Stellenwechsel geboten bekommen? Schnell nochmals den Blick auf die im hellen Licht der Sonnenhauptstadt Deutschlands reflektierende digitale Pixelrealität geworfen. Hoppla, die Gefahren des Straßenverkehrs lauern an diesem fahrradverrückten Ort überall, selbst auf dem Trottoir. Kopf hoch!
Geringe Wirkung von Social Media - noch
Allerdings bewegen sich die über Social Media besetzten Stellen – trotz des Hypes um internetbasiertes Recruiting – nach wie vor im Promillebereich. Social Media ist derzeit noch primär eine Sache von suggestiver Wellness. Für Arbeitgeber als Absender mit dem Hinweis "Wir machen was". Für Talente als Empfänger der Hinweis "Es tut sich was". Natürlich wird die Bedeutung von Social Media im Talent Management weiter zunehmen – nicht nur im publizistischen Geschnatter der Service Provider. Kopf hoch!
Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.