Weiterbildung gegen den Fachkräftemangel
Die Art und Weise, wie Weiterbildung in Unternehmen gestaltet wird, hat sich während der Coronapandemie stark verändert. Wie das Beratungsunternehmen HR Pepper Management Consultants und die Bitkom Akademie in der Vorgängerstudie von 2021 herausfanden, erlebten die digitalen Weiterbildungsangebote nach einem holprigen Start zu Beginn der Coronapandemie eine deutliche Professionalisierung. Dabei hatte im Großteil der befragten Unternehmen die Weiterbildung einen hohen oder sehr hohen Stellenwert - Tendenz steigend.
Weiterbildung erhält hohen Stellenwert in den Unternehmen
Die aktuellen Umfrageergebnisse aus dem Jahr 2022 bestätigen diesen Trend erneut: Die knapp 1.273 befragten Fach- und Führungskräfte sehen die Weiterbildung sowohl für die Wahl des Arbeitgebers (84 Prozent) als auch für die persönliche Entwicklung (89 Prozent) als bedeutend an. Wenn man gleichzeitig bedenkt, dass der Fachkräftemangel als größte Herausforderung der Unternehmen angegeben wird (74 Prozent stimmen dem zu) - noch vor den Herausforderungen der Coronapandemie (67 Prozent) und dem Digitalisierungsdruck (57 Prozent) - wird klar, dass Weiterbildung einen sehr hohen Stellenwert erhält. Unternehmen können dadurch neue Mitarbeitende gewinnen und vorhandenem Personal passende Entwicklungsmöglichkeiten bieten.
Weiterbildungsbudget bleibt konstant trotz wirtschaftlicher Herausforderungen
Das schlägt sich in den Weiterbildungsbudgets nieder. Die Mehrheit der Befragten sagte aus, dass die Weiterbildungsbudgets konstant bleiben - trotz der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen. Dabei fallen im Vergleich der Weiterbildungsbudgets pro Kopf von 2021 und 2022 zwei große Unterschiede auf: Erstens stehen mehr Berufstätigen pro Kopf definierte Weiterbildungsbudgets zur Verfügung – der Anteil steigt von 57 auf 71 Prozent. Und zweitens nehmen die individuellen Weiterbildungsbudgets zu (von etwa 1.400 Euro auf circa 1.700 Euro).
Häufigste Weiterbildung: Thema Compliance
Mit den vom Arbeitgeber angebotenen Weiterbildungen zeigen sich die Befragten weitgehend zufrieden. Vorne liegen hier Angebote zum Thema "Compliance" (75 Prozent sind damit zufrieden), danach folgen die Themen "People Skills", "Gesundheit" sowie "Führung und Management" (je 70 Prozent). Das Thema "Umweltschutz und Nachhaltigkeit" scheint noch ausbaufähig zu sein. Nur 58 Prozent zeigen sich mit Angeboten in diesem Bereich zufrieden. Über alle Themen hinweg tendiert die höhere Hierarchieebene zu einer besseren Einschätzung des Weiterbildungsportfolios als die Ebene der Mitarbeitenden ohne Personalverantwortung.
Individualisierte Formate sorgen für mehr Lernerfolg
Doch wichtiger als die Zufriedenheit mit dem Angebot ist die Einschätzung des Lernerfolgs. Hier haben die Studienautoren und -autorinnen in diesem Jahr verglichen, ob standardisierte oder individualisierte Angebote mehr zum Lernerfolg beitragen. Standardisierte Schulungen werden dabei als offene und einheitlich konzipierte Schulungsformate bei oder von externen Weiterbildungsanbietern definiert; Inhalte werden ohne konkreten Bezug zum Unternehmen vermittelt. Individualisierte Angebote beziehen sich auf maßgeschneiderte Lernformate für Mitarbeitende eines Unternehmens; die Lernformate sind jeweils individuell an den Unternehmenskontext oder an spezifische Herausforderungen des Unternehmens angepasst.
Hier zeigt sich deutlich, dass die individualisierten Angebote nach Einschätzung der Befragten mehr zum Lernerfolg beitragen als die standardisierte Variante. Zwar erreichen auch die standardisierten Formate gute Werte beim Lernerfolg. So geben 89 Prozent der Befragten an, dass sie zufrieden mit den standardisierten Weiterbildungen sind und 86 Prozent konnten sich wichtiges theoretisches Wissen aneignen. Aber in Bezug auf den Transfer auf das Verhalten und den Unternehmenserfolg nehmen die Werte signifikant ab: Der Aussage "Ich setze das Gelernte im Arbeitsalltag ein." stimmen nur noch 79 Prozent zu und die Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg schätzen nur 73 Prozent als gut ein.
Dagegen liegen die Werte für alle Dimensionen bei den individualisierten Angeboten über dem Durchschnitt der Bewertungen zu den standardisierten Schulungen - und vor allem nehmen diese Werte auch beim Transfer auf das Verhalten und bei den Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg wesentlich weniger ab.
Standardisierte Formate dominieren das Weiterbildungsangebot
Hervorzuheben ist jedoch, dass über alle Weiterbildungsinhalte hinweg wesentlich mehr standardisierte Formate angeboten werden als individualisierte. Besonders deutlich ist dies bei Compliance-Themen. Individualisierte Formate spielen vor allem bei den kultur- und organisationsspezifischen Themen eine größere Rolle - zum Beispiel bei Führungsweiterbildungen oder Angeboten für People Skills wie Kommunikation oder Konfliktmanagement.
Führungskräfte sehen größeren Lernerfolg als Fachkräfte
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die befragten Führungskräfte den Lernerfolg im Bezug auf den Einsatz im Arbeitsalltag höher einschätzen als die Angestellten ohne Führungsfunktion. Zudem sehen die Mitarbeitenden in unteren Hierarchieebenen die Auswirkungen auf das Unternehmen weniger deutlich. Der Rückschluss der Studienautoren dazu: "Es reicht für Unternehmen nicht allein aus, die Teilnahme an Weiterbildungen zu ermöglichen. Vielmehr müssen Organisationen ihren Mitarbeitenden auch die entsprechenden Handlungsspielräume eröffnen, um das Potenzial neu erlernter Fähigkeiten und Kenntnisse voll auszuschöpfen."
Die gesamten Studienergebnisse können Sie hier herunterladen.
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