Tag der Workaholics: Maßnahmen gegen Arbeitssucht

Am 5. Juli ist alljährlich der Tag der Workaholics. Offiziell gilt Arbeitssucht nicht als Krankheit. Sie kann aber zum großen Problem werden. Was können Unternehmen tun, um ein gesundes Maß an Engagement zu fördern?

Knapp 19 Millionen Deutsche bezeichnen sich selbst als arbeitssüchtig. Konkrete Zahlen gibt es allerdings nicht, da Workaholismus offiziell nicht als Suchtkrankheit anerkannt ist. Schätzungen gehen von bis zu 500.000 Betroffenen aus. Verschiedene Studien zeigen, dass Arbeit in der Tat glücklich macht und die Lebenszufriedenheit damit steigt, wenn man als Mitarbeiter mit Herzblut bei der Sache ist, gerne zur Arbeit geht und man sich von Kollegen und Vorgesetzten wertgeschätzt fühlt.

Workaholics: Exzessives Arbeiten macht krank

Doch Studien zeigen auch, dass exzessives und zwanghaftes Arbeiten zu Arbeitsunzufriedenheit führt. Arbeitssüchtige haben wenig Freude an ihrer Arbeit und werden auf Dauer krank. Die nachgewiesenen Folgen von Arbeitssucht umfassen psychovegetative Störungen wie Erschöpfung, depressive Verstimmungen und Konzentrationsstörungen sowie physiologische Probleme wie Kopfschmerzen, Magengeschwüre und Herz-Kreislauf-Probleme. "Jemand der leidenschaftlich seiner Arbeitstätigkeit nachgeht, ist natürlich potenziell gefährdet, überengagiert zu sein. Alle Energie ausschließlich in den Job zu stecken, ist sicherlich nicht gesund. Andererseits ist Arbeit auch ein wesentlicher Glücksfaktor, weil sie Erfüllung und Sinnstiftung liefern kann", so fasst Prof. Dr. Kerstin Alfes von der ESCP Europe das Dilemma zusammen.

Anerkennung und Identifikation: Faktoren für Arbeitszufriedenheit

Für sie gibt es drei Ansatzpunkte, der Arbeit ein positives Vorzeichen zu geben: "Damit Mitarbeitende sich in ihrer Arbeit engagieren, gibt es drei wichtige Ansatzpunkte für Organisationen: Erstens ist eine gute Mitarbeiterführung sehr wichtig. Der Vorgesetzte muss zuhören können, den Mitarbeitenden ernst nehmen und gute Arbeit loben. Anerkennung ist der einfachste Weg, um Engagement zu fördern. Zweitens sollte das Jobprofil der Qualifikation, den Fähigkeiten und den Erfahrungen der Mitarbeitenden entsprechen, sodass diese sich vollständig in die Arbeitstätigkeit einbringen können und sich weder unter- noch überfordert fühlen. Als dritter Faktor kommt die Identifikation hinzu. Zum einen können sich Mitarbeitende mit der Organisation und ihrer Vision identifizieren. Zum anderen steigt das Engagement auch dann, wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihre Arbeitstätigkeit einen Sinn hat, indem sie anderen helfen, sie unterstützen oder ihnen die Arbeit erleichtern", erklärt Prof. Dr. Alfes.

Mehr als Feel-Good-Management: Positives Engagement fördern ist originäre Führungsaufgabe

Sie betont: "Bisher kommt es häufig den HR-Abteilungen zu, die Rolle des Feel-Good-Managers zu übernehmen, dabei ist Engagement eine originäre Führungsaufgabe, die nur als Partnerschaft zwischen HR und den Linienvorgesetzten umgesetzt werden kann. Für positiv besetztes Engagement, müssen Unternehmen auf ihre Mitarbeitenden hören und die Organisationsstruktur auf Mitbestimmung und Austausch ausrichten."

Zehn Tipps gegen Arbeitssucht

Ute Rademacher, promovierte Diplom-Psychologin und Professorin für "Psychology & Management" an der International School of Management in Hamburg gibt zehn Tipps, was Vorgesetzte und Unternehmen konkret tun können, um der Entwicklung von Arbeitssucht Einhalt zu gebieten:

  1. Werfen Sie bei der Formulierung von Anforderungsprofilen und Stellenanzeigen keine "Köder" für Workaholics ("Wir suchen eine Persönlichkeit mit überdurchschnittlichem Maß an Eigenmotivation") aus.
  2. Werden Sie bei Selbstbeschreibungen als "Perfektionist"“ hellhörig und fragen Sie bei Bewerbern nach, wie sie für Ausgleich und Entspannung sorgen.
  3. Machen Sie klare Zielvorgaben, nicht nur im Jahresgespräch. Achten Sie darauf, dass sich Mitarbeiter realistische Ziele (Zeit und Umfang) setzen und diese auch einhalten.
  4. Belohnen Sie Perfektionismus und Überengagement nicht. Spenden Sie kein Lob für Leistungen, die über das Ziel hinausschießen.
  5. Besprechen Sie in einem Vier-Augen-Gespräch die Ziele und das Zeitmanagement von Mitarbeitern, die regelmäßig Überstunden machen oder Arbeit mit nach Hause nehmen.
  6. Bieten Sie Unterstützung an und fragen Sie, wie Sie und andere in Phasen von Überlastung helfen können.
  7. Fördern Sie die Delegationsfähigkeit Ihrer Mitarbeiter und machen Sie deutlich, dass Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Kompetenz von Kollegen eine wichtige Ressource ist. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran!
  8. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, zwischen wichtigen und weniger wichtigen Aufgaben zu unterscheiden und sich ihre Kräfte entsprechend einzuteilen. Machen Sie Ihnen klar, dass sie bei unwichtigeren Aufgaben auch einmal "fünfe gerade sei" lassen sollten.
  9. Entwickeln Sie eine gute Fehlerkultur. Feiern Sie Ihre Erfolge gemeinsam und besprechen Sie gemeinsam im Team (nach einem abgeschlossenen Projekt), was alles schiefgelaufen ist und wie man es künftig besser  machen kann. Offenbaren Sie eigene Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten im Unternehmen!
  10. Seien Sie als Führungskraft Vorbild: Machen Sie Pausen, so wenig Überstunden wie möglich und verlassen Sie das Büro nur selten als Letzte oder Letzter. Lassen Sie keinen Jahresurlaub verfallen und erzählen Sie selbst offen von nichtberuflichen Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten.

 

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