Remote Work in Zeiten von Corona


Tech Matters: Remote Work in Zeiten von Corona

Das Personalmanagement steht leider nicht im Ruf, besonders technikbegeistert zu sein. Anna Ott zeigt, dass das auch anders geht: In der Kolumne "Tech Matters" greift sie aktuelle Diskussionen, Trends und Innovationen auf. Diesmal zeigt Sie, warum der überstürzte Umzug ins Homeoffice wegen Corona noch lange kein "Remote Work" ist - und erläutert, worauf Führungskräfte und Teams jetzt achten sollten.

Kaum hat das Coronavirus Unternehmen in die Telearbeit genötigt, freuen sich New-Work-Jünger über den globalen Feldversuch. Doch echte Mobilarbeit und die Realität, die sich derzeit an vielen Küchentischen abspielt, haben leider nicht viel miteinander gemein. Für mich zumindest hieß in den vergangenen Jahren "remote" arbeiten, dass ich einen vollen Arbeitsplatz zuhause habe und dort meine sieben bis neun Stunden am Tag verbringe. Ein Homeoffice, in dem es gilt sich zu disziplinieren - egal wie verlockend die Terrasse oder das Sofa ist. Homeoffice heißt aber auch, alleine an der Kaffeemaschine zu stehen und Erfolge alleine zu feiern. Wer dies für sich entdeckt hat, hat bestenfalls ein starkes Maß an Eigendisziplin und strukturiert sich seine Arbeit völlig anders als in Büroumgebungen. Bei mir persönlich waren beispielsweise der Blog "Make Time" und das Buch "Deep Work" hilfreiche Offenbarungen, meinen Berufsalltag selbst zu organisieren - und gleichzeitig abends ein Gefühl der Vollbringung zu haben.

Warum Corona-Homeoffice noch lange kein Remote Work ist

Was Covid-19 uns jetzt beschert, hat zugegebenermaßen Anmutungen davon – ist aber absolut nicht das gleiche. Sich zuhause mit dem Lebenspartner an den Küchentisch zu pferchen, Steckerleisten zu teilen, über Kabel zu stolpern, gleichzeitig zu telefonieren und nebenbei noch Kinder zu betreuen, ist keinesfalls "Remote work". Sondern für viele eher ein Krampf. Denn vielerorts sind zwar Arbeitsplätze technisch einrichtbar, aber die Abläufe und vor allem die Führung von Teams alles andere als darauf ausgerichtet.

"Remote Leadership" heißt, Arbeitsanweisungen maximal klar zu kommunizieren. Dies oft in Schriftform und eben nicht "im Vorbeigehen". Jede Führungskraft, die jetzt virtuelle Teams verantwortet, muss also im Kopf umschalten von "Ich geh mal eben rüber" zu "Ich schreibe jetzt mal klar, worum es hier geht". Arbeitsanweisungen in gewohnter Manier jetzt einfach per Videokonferenz zu verteilen, wird nicht reichen. Ebenso wenig reicht es, diese einfach per E-Mail zu senden. Erfolgsentscheidend sind synchrone Konversationen – über Tools wie Slack, Microsoft Teams et cetera. Nur so entsteht ein Dialog, der Rückfragen erlaubt und Klarheit erzeugt. Alles andere ist nur "Schriftliches über den Zaun werfen".

Verloren im virtuellen Kommunikationsdschungel

Die Krux dabei ist – insbesondere für Neulinge in Gruppenchats – die Unübersichtlichkeit der Nachrichteneingänge und -kanäle. Was sich vorher nur im Posteingang abspielte, findet jetzt zusätzlich in anderen Tools statt und wird schnell chaotisch. Unternehmen, die schon lange so arbeiten, verfolgen hier klare Regeln. Beispielsweise findet interne Kommunikation ausschließlich in Gruppenchats statt - externe hingegen natürlicherweise nur via E-Mail. Damit hat man die "CC oder BCC-Kultur", die in vielen Unternehmen ja politische Ausmaße hat, endlich mal ausgehebelt. Und das ist nur einer von vielen Aspekten, die anders sind, wenn der Arbeitsplatz nicht mehr in einer festen Bürogemeinschaft stattfindet.

Kommte nach der Corona-Kurve die New-Work-Welle?

Zu hoffen wäre jedoch, dass ein paar Arbeitgeber die guten Seiten des ortsunabhängigen Arbeitens für sich entdecken und die rasch eingeführten Tools und die gekaufte Hardware ein wenig verbleibt, wenn die Corona-Kurve hoffentlich bald abflacht. Denn mit der eigenen Taktung, in ablenkungsfreier und persönlicher Atmosphäre seiner Arbeit nachgehen zu können, ist ein Luxus, der vielen Arbeitnehmern vergönnt sein sollte.

Wer also jetzt unter Beweis stellen kann, dass die eigene Produktivität trotz familiär-räumlicher Enge nicht abflacht, der hat eine gute Argumentationsgrundlage für die dauerhafte Durchsetzung von anteiliger Telearbeit. Jedoch zu erwarten, dass Teams, die virtuell schlecht geführt werden und sich zusätzlich in einen neuen Arbeitsmodus erst einfinden müssen, plötzlich zu flächendeckenden New-Work-Wellen führen, wäre schlichtweg utopisch.


Über die Kolumnistin: Anna Ott informiert Unternehmen, berät HR-Startups und kooperiert mit Kapitalgebern. Sie beobachtet daher genau, wie sich mit neuen Ideen und neuer Technik das Talentmanagement verbessern lässt. 


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