Viertagewoche: Nur Minderheit nimmt Lohneinbußen in Kauf

Spätestens seit den positiven Zwischenergebnissen zum Pilotprojekt in Großbritannien wird die Einführung der Viertagewoche in Deutschland heftig diskutiert. Eine aktuelle Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass die Viertagewoche auch hierzulande auf große Sympathie stößt – jedoch würden nur 8 Prozent der Beschäftigten damit verbundene Lohneinbußen in Kauf nehmen.

Die Pilotprojekte zur Viertagewoche in Großbritannien haben positive Schlagzeilen gemacht: Beschäftigte mit verkürzter Arbeitszeit sind produktiver, weniger gestresst und seltener krank. Auch in Deutschland halten viele Arbeitnehmende eine Verkürzung ihrer Arbeitswoche unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll. Das zeigt eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung unter 2.575 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in Vollzeit arbeiten und vertraglich geregelte Arbeitszeiten haben.

Viertagewoche: Nur 8 Prozent der Beschäftigten nehmen Lohneinbußen in Kauf

Gefragt wurde, ob die Erwerbstätigen eine Viertagewoche möchten oder nicht, und aus welchen Gründen. Das Kernergebnis lautet: Rund 81 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland wünschen sich eine Viertagewoche mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit. Jedoch gaben knapp 73 Prozent an, eine Arbeitszeitverkürzung nur bei gleichem Lohn zu wollen. Lediglich 8 Prozent der Erwerbstätigen würden ihre Arbeitszeit auch reduzieren, wenn dadurch das Entgelt geringer ausfiel. 17 Prozent der Befragten lehnen eine Viertagewoche grundsätzlich ab, zwei Prozent haben ihre Vollzeittätigkeit bereits auf vier Tage verteilt.

Bei den Gründen für eine Viertagewoche nannten die Befragten fast ausnahmslos, mehr Zeit für sich selbst (97 Prozent), für die Familie (89 Prozent) oder für Hobbies, Sport und Ehrenamt (87 Prozent) haben zu wollen (Mehrfachnennungen möglich). Rund drei Viertel gaben außerdem an, durch die verkürzte Arbeitszeit die eigene Arbeitsbelastung verringern zu wollen.

Furcht vor größerer Arbeitsbelastung und finanziellen Engpässen

Von den Befragten, die eine Viertagewoche grundsätzlich ablehnen, tun dies etwa 86 Prozent, weil sie Spaß an der Arbeit haben und deshalb nicht kürzer arbeiten wollen. 82 Prozent haben das Gefühl, dass sich an den Arbeitsabläufen nichts ändern würde, 77 Prozent denken, dass die Arbeit in kürzerer Zeit nicht zu schaffen wäre, und bei 69 Prozent kann die Arbeit nach eigener Einschätzung nicht einfach einen Tag ruhen (Mehrfachantworten möglich). Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass sie sich eine Verkürzung der Arbeitszeiten finanziell nicht leisten können (51 Prozent). Rund ein Drittel befürchtet, dann beruflich nicht mehr voranzukommen (34 Prozent).

Die Studienautoren Dr. Yvonne Lott vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung und Dr. Eike Windscheid betonen, dass bei einer Viertagewoche auch die Arbeitsmenge und die Arbeitsabläufe angepasst werden müsse. Ansonsten könne sich eine Arbeitszeitverkürzung negativ auf die Motivation und das Wohlergehen der Beschäftigten auswirken. "Für eine wirkungsvolle Umsetzung braucht es verbindliche Vertretungsregelungen, mehr Personal sowie eine angepasste Arbeitsorganisation wie zum Beispiel Erreichbarkeitsregeln im Kundenkontakt, und eine verringerte Arbeitsmenge, zum Beispiel durch Automatisierungsprozesse", schreiben Lott und Windscheid. Zudem sei mehr und verlässliche öffentliche Kinderbetreuung nötig, wenn künftig deutlich mehr Beschäftigte vier Tage die Woche arbeiten.


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dpa / Hans-Böckler-Stiftung