Generationswechsel im Workforce Management
Haufe Online Redaktion: Herr Röhrig, die GFOS hatte 1988 ihre Anfänge als Startup mit wenigen Mitarbeitenden. Weshalb haben Sie damals ein Unternehmen gegründet? Welchen Bedarf in den Unternehmen haben Sie erkannt?
Burkhard Röhrig: Ich arbeitete zuvor in der Vertriebsorganisation eines deutschen Computerherstellers. Dort fiel mir auf, dass es wenig brauchbare Software in dem Segment gab, in dem wir anschließend tätig wurden. Das wollte ich besser machen und habe daher nach etwa einjähriger Vorbereitung die GFOS gegründet. Der Wunsch, eine eigene Softwareschmiede zu gründen, war immer schon vorhanden, auch Jahre vorher. Es musste nur der geeignete Zeitpunkt kommen – und die geeignete Geschäftsidee. Ich hätte auch ein Lohn- und Gehaltssystem entwickeln können, aber davon gab es schon etablierte und das wäre ein Verdrängungswettbewerb geworden. Das ist viel schwieriger als den Markt mit einem neuen Produkt zu beglücken.
HR-Software von GFOS: Am Anfang war die Zeiterfassung
Haufe Online Redaktion: Mit welchem ersten Produkt sind Sie damals gestartet?
Burkhard Röhrig: Das war eine Zeiterfassung. Wir haben uns zunächst sozusagen als Jäger und Sammler betätigt und Zeitdaten gesammelt. Später kamen Zutrittsdaten, Betriebsdaten, Qualitätsdaten und mehr hinzu. Es war eine reine Erfassungsebene, die zunehmend in eine Verarbeitung mündete und später eine entsprechende Auswertungsoberfläche erhielt.
"In den 1980er-Jahren bestand die erste Herausforderung darin, das System auf eine grafische Benutzeroberfläche mit einem relationalen Datenbanksystem hochzuheben." - Ex-Geschäftsführer Burkhard Röhrig zu den Anfängen der @GFOS_mbH #Software #HRSoftware
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Haufe Online Redaktion: Welche technologischen Entwicklungen machten die Meilensteine in Ihren über 30 Jahren als Unternehmenslenker aus?
Burkhard Röhrig: In den 1980er-Jahren gab es in Deutschland überwiegend zeichenorientierte Benutzeroberflächen und nur wenige relationale Datenbanken. Daher bestand die erste Herausforderung darin, das System auf eine grafische Benutzeroberfläche mit einem relationalen Datenbanksystem hochzuheben. Das kam praktisch einer Neuentwicklung gleich. Die nächste technische Herausforderung kam mit dem Jahrtausendwechsel. Es galt, viele alte Kunden umzustellen. Gleichzeitig bescherte uns das einen sehr großen Zulauf, da die Unternehmen händeringend nach einer Jahrtausend-fähigen Software suchten. Danach kam die Einsatzplanung auf. Es ging zunächst darum, ein Planungs- und Steuerungssystem zu schaffen, um unplanmäßige Ausfälle von Personal abfangen zu können. Das Ganze mündete bald in einen Forecasting-Prozess, in dem wir Bedarfe von Kunden aufgrund vergangenheitsbezogener Daten antizipierten. Dann kam das Thema Industrie 4.0 hoch. Es galt, diese human zu gestalten und für Mitarbeitende mit Hilfe unserer Software Freiräume zu schaffen.
Katharina Röhrig führt bei der GFOS die Familientradition weiter
Haufe Online Redaktion: Frau Röhrig, Sie sind sozusagen mit der GFOS aufgewachsen. Welche Themen haben Sie fasziniert, dass Sie sich entschieden haben, ins Unternehmen einzusteigen?
Katharina Röhrig: Dass ich mit der GFOS aufgewachsen bin, trifft es ziemlich gut, denn wir sind ungefähr gleich alt. Das Unternehmen war in meinem Leben immer präsent und hat mich allein auch aus menschlicher Sicht interessiert. Ich kenne viele Mitarbeitende, die lange Jahre mit dabei sind. Aber auch die Thematik an sich hat mich immer fasziniert. Ich hätte mir nicht vorstellen können, in jeder Branche in ein Familienunternehmen einzusteigen. Die Zukunftsorientierung in der IT-Branche hat mich sehr gereizt und insbesondere das Thema Industrie 4.0. Ich habe mich damals auch in meiner Masterarbeit damit beschäftigt.
Ich finde es schön, dass wir es in den vergangenen Jahren geschafft haben, die Gründergeneration und die neue Generation zusammenzuführen." - Katharina Röhrig, stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung bei der GFOS
Haufe Online Redaktion: Wie wichtig ist Ihnen die Familientradition? Wie wollen Sie diese weiterführen?
Katharina Röhrig: Diese ist mir wichtig, weil ich gesehen habe, wie viel Herzblut mein Vater in den Ausbau dieses Unternehmens investiert hat. Ich finde es schön, dass wir es in den vergangenen Jahren geschafft haben, die Gründergeneration und die neue Generation zusammenzuführen. Durch meinen Vater kam viel Erfahrung ins Unternehmen, ich habe einige neue Impulse gesetzt. Das zu kumulieren und gemeinsam neue Wege zu begehen, hat viele Synergieeffekte gebracht. Mir ist es auch wichtig, dass den Mitarbeitenden bewusst ist, dass es sich um ein Familienunternehmen handelt. Natürlich werden wir Innovationen entwickeln und uns immer wieder am Markt ausrichten. Das ist absolut notwendig. Dabei werden aber die Tradition, die wir mitbringen, und die Verlässlichkeit für unsere Kunden, wichtige Erfolgsfaktoren sein.
GFOS: ein IT-Unternehmen mit viel Frauenpower
Haufe Online Redaktion: Es ist ungewöhnlich, dass ein IT-Unternehmen von Frauen gelenkt wird. Das ist in Ihrem Unternehmen mit Gunda Cassens-Röhrig als Vorsitzende der Geschäftsführung und Ihnen als Stellvertreterin der Fall. Wie ist die Rückmeldung hierzu aus dem Markt?
Katharina Röhrig: Die Rückmeldung ist sehr gut. Nach wie vor finden die meisten Unternehmen nicht ausreichend Frauen für höhere Positionen, weil manche Frauen keine Karriere machen wollen beziehungsweise nach wie vor das gesellschaftliche Bild besteht, dass Frauen sich zwischen Familie und Karriere entscheiden müssen. Gerade in der IT-Branche ist ein hoher Frauenanteil etwas Besonderes. Deshalb hoffe ich, dass wir noch mehr Frauen dazu ermutigen können, zu uns zu stoßen. Das ist auch ein ganz klares Signal unseres Unternehmens. Wir haben immer gesagt: Wenn wir zwei gleich gute Bewerbungen von Männern und Frauen haben, nehmen wir die Frau. Dazu stehen wir weiterhin.
Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit als Themen der Zukunft
Haufe Online Redaktion: Herr Röhrig, welche technologischen Trends werden in den kommenden Jahren die Bereiche Workforce Management, Zeit und Zutritt prägen? Wie stark wird das Thema künstliche Intelligenz (KI) dabei mitspielen?
Burkhard Röhrig: Wir glauben, dass KI eine bestimmende Rolle spielen wird. Wir entwickeln uns seit Jahren in diese Richtung. Das bereits erwähnte Forecasting – automatische Planungsvorschläge zur Personaleinsatzplanung zu generieren – ist eine Vorstufe, weil es auf vergangenheitsbasierten Werten basiert und Vergleiche zieht. Es fragt zum Beispiel, wie das Wetter am Muttertagswochenende in den Vorjahren war und ob da Ferien waren und generiert daraus Planungsvorschläge. Das Thema KI ist für uns wichtig, deshalb haben wir uns auch mit einem Partnerunternehmen, einer Ausgründung der RWTH Aachen, umgeben.
Wir merken, dass Nachhaltigkeit zunehmend die Nachfrage bestimmt." - Katharina Röhrig
Haufe Online Redaktion: Frau Röhrig, wenn auch Sie einen Blick in die Zukunft werfen: Werden Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit zunehmend die Nachfrage bestimmen?
Katharina Röhrig: Wir merken, dass Nachhaltigkeit zunehmend die Nachfrage bestimmt. Das war vor einigen Jahren noch nicht so stark. Wir haben auch einiges dazu zu bieten, denn das, was wir machen, ist im Grunde Ressourcenoptimierung. Ein Unternehmen, das seine Personal-Ressourcen optimiert, kann nachhaltiger agieren als ein Unternehmen ohne Ressourcenoptimierung. Uns ist klar, dass wir als Unternehmen auch Vorbild sein müssen. Deshalb haben wir eine Nachhaltigkeitskampagne durchgeführt und viel umgestellt, zum Beispiel alle unsere Werbemittel. Wir verzichten nach Möglichkeit auf Dienstreisen und bieten unseren Beschäftigten ein Fahrrad-Leasing an. Bei großen Ausschreibungen müssen wir nachweisen, was wir als Unternehmen machen. Insofern ist auch der Druck aus dem Markt gegeben, aber das Thema verfolgen wir auch aus eigenem Antrieb.
Künftige Aufgaben von Burkhard und Katharina Röhrig bei der GFOS
Haufe Online Redaktion: Frau Röhrig, sie werden künftig die Bereiche Enterprise Development, HR und Recruiting, Employer Branding, Verwaltung, Legal Management sowie Marketing und Public Relations verantworten. Parallel arbeiten Sie an Ihrer Dissertation. Zu welchem Thema?
Katharina Röhrig: In der Dissertation untersuche ich das Organisationsdesign von erfolgreichen IT-Unternehmen weltweit und versuche ein Modell für den deutschen Mittelstand zu entwickeln. Entstanden ist das Thema aus den Ergebnissen meiner Masterarbeit, die schon einige Jahre zurückliegt. Damals haben wir festgestellt, dass das Mindset für technologischen Wandel in Deutschland sehr restriktiv besetzt ist. Organisationsdesign hat auch damit zu tun, wie schnell man auf sich verändernde volatile Marktbedingungen reagieren kann. Deshalb versuche ich in der Dissertation die Key Success Factors herauszufinden und zu erarbeiten, wie diese auf den deutschen Mittelstand angewendet werden können.
Haufe Online Redaktion: Herr Röhrig, wie wird Ihre Rolle als Beiratsvorsitzender künftig aussehen? Wie stark werden Sie sich weiterhin in das Unternehmen einbringen?
Burkhard Röhrig: Noch bin ich nicht Beiratsvorsitzender. Der Beirat muss sich zunächst neu konstituieren. Das planen wir zum Jahreswechsel. Momentan bin ich als "einfacher Angestellter" im Unternehmen. Wir führen SAP Business by Design ein und ich leite das Projekt. Es ist sozusagen eine Sonderaufgabe, die uns die Gelegenheit bietet, mich bei Fragen zurate zu ziehen und dem neuen Team in der Geschäftsführung zur Seite zu stehen. Ab Januar 2022 wird es eine Beiratsfunktion geben. Dieser Beirat wird ein starker Beirat mit Aufsichtsrats-ähnlichen Rechten und Pflichten sein.
Zum Interviewpartner und zur Interviewpartnerin:
Burkhard Röhrig ist Gründer der GFOS mbH und zog sich zum 1. August 2021 aus der Geschäftsführung zurück. Ab Januar 2022 wird er das Unternehmen als Beiratsvorsitzender unterstützen.
Katharina Röhrig verantwortet in der GFOS-Geschäftsführung die Bereiche Enterprise Development, HR und Recruiting, Employer Branding, Verwaltung, Legal Management und Marketing und Public Relations. Weitere Mitglieder der Geschäftsführung sind Gunda Cassens-Röhrig (Vorsitzende), Mischa Wittek (Sales, Partnermanagement, vertriebsorientiertes Marketing) und Dr. Olaf Zwintzscher (Softwareentwicklung, Qualitätssicherung)
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