Es geht doch. Lange Zeit wurden Zahlen, Daten und Fakten zum Thema E-Learning von den Anwendern nur sehr sparsam offengelegt. Jetzt wendet sich das Blatt. Wer mit Kosten, und Projektdetails offen umgeht, wertet sich selbst und den Einsatz von Lerntechnologien auf.
"Wir haben 72 Millionen US-Dollar durch die Einführung von Lerntechnologien eingespart. Diese Zahl ist zitierfähig", sagte Dirk Burkamp, Learning Technology Leader Central Cluster für die Pricewaterhouse Coopers AG WPG (PWC) und stellte damit eine Summe in den Raum, die selbst die Teilnehmer des SAP-Forums für Personalmanagement im März durch die Bank beeindruckte. Da PWC ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen ist, kann man getrost davon ausgehen, dass sie genau nachgerechnet haben. International verursacht haben die Einsparungen demnach 55.000 Lerner in 48 Ländern, die unter anderem mit 4.400 Lernobjekten und 419 Lernproduktionen ihr Wissen auf dem neuesten Stand halten oder vorgeschriebene Weiterbildungen absolvieren.
9.000 Kilometer Entfernung, ein Klassenraum
Rund 250.000 Schweizer Franken hat eigenen Angaben zufolge der Maschinen- und Anlagenbauer Bühler AG aus der Schweiz für das Projekt "Class unlimited" ausgegeben und damit auf der Swiss E-Learning Conference im April gepunktet.
Dahinter versteckt sich ein virtuelles Klassenzimmer für Auszubildende, die das international tätige Unternehmen für zwei bis vier Monate zum Beispiel an seinen Standort in Wuxi, China, entsendet. Sie sind während dieser Zeit zwar 9.000 Kilometer von zuhause entfernt, sollen aber dennoch am Unterricht ihrer Kollegen im heimischen Uzwil teilnehmen, zeitgleich und als säßen sie nebeneinander in einem Raum. Dafür werden die einen den anderen in Lebensgröße zugeschaltet. Der Raum ist so gestaltet, dass es keine toten Winkel für den Lehrer oder die Schüler gibt. Selbst Tests werden hier zusammen absolviert. Damit das möglichst störungsfrei funktioniert, wurden auf den letzten Metern sogar Glasfaserkabel verlegt, berichtete Andreas Bischof, Leiter Berufsausbildung bei Bühler, auf der Konferenz. Mittlerweile laufen die Planungen, die in nur neun Monaten realisierte "Class Unlimited" auch an anderen Standorten wie zum Beispiel Brasilien einzusetzen.
Gut für das Boardmeeting und Employer Branding
Ob PWC oder Bühler AG, in beiden Unternehmen wirken die Projekte einerseits nach innen. Klar freuen sich Eigentümer und Aktionäre, Kosten in Millionenhöhe zu sparen und gleichzeitig das Weiterbildungsangebot womöglich sogar ausweiten zu können. Vorteilhaft ist es sicher auch, wenn der Chef, wie bei Bühler, von Boardmeetings im virtuellen Klassenraum begeistert ist. Ganz zu schweigen davon, dass qualifizierte Mitarbeiter den Unternehmenserfolg maßgeblich beeinflussen.
Vor allem aber wirkt die offene Kommunikation von Projektdetails nach außen. Employer Branding und Arbeitgeberattraktivität nehmen zu. PWC zum Beispiel, erläuterte Burkamp, sei für viele Mitarbeiter mehr oder weniger eine "Ausbildungsstation", die sie nach sechs Jahren wieder verliessen. Die Bühler AG sieht in dem Projekt eine Chance, Jugendliche zu überzeugen, dass sie auch ohne gymnasiale Schulbildung die Perspektive auf eine internationale Karriere haben.
Wer hätte noch vor kurzem für möglich gehalten, dass E-Learning abgesehen davon, dass man damit auch lernen kann, einen derart hohen Stellenwert bekommt?