Inflationsausgleichsprämie ist als Arbeitseinkommen pfändbar

Die Inflationsausgleichsprämie, die ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden auszahlt, ist als Arbeitseinkommen zu qualifizieren und als solches entsprechend pfändbar. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Beschluss festgestellt. 

Jedes Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, kann grundsätzlich im Rahmen der Gesetze und bis zu einer bestimmten Grenze gepfändet werden. Doch gilt das auch für die Inflationsausgleichsprämie, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden bis 2024 steuerfrei gewähren können?

Anders als bei der Energiepreispauschale hat der Gesetzgeber über die Pfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie keine ausdrückliche Regelung getroffen. Die Frage, ob diese Sonderzahlung gepfändet werden darf, war daher rechtlich bislang nicht abschließend geklärt. Im vorliegenden Verfahren verlangte ein Arbeitnehmer, der als Krankenpfleger beschäftigt ist, die Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie festzustellen. Mit seinem aktuellen Beschluss hat der BGH nun festgestellt, dass es sich bei der Inflationsausgleichsprämie um Arbeitseinkommen handelt, das in den Grenzen des § 850c ZPO pfändbar ist.

Der Fall: Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichspauschale?

Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses gewährte der Arbeitgeber dem Krankenpfleger eine Sonderzahlung zum Ausgleich der Inflation in Höhe von 3.000 Euro. Sie war in zwei Teilbeträgen zu jeweils 1.500 Euro zum 30. Juni 2023 und zum 30. Juni 2024 zahlbar. Auf Antrag des Arbeitnehmers eröffnete das Insolvenzgericht Ende Februar 2023 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen. Mit Schreiben vom 9. Juni 2023 beantragte der Arbeitnehmer, die Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie festzustellen und diese freizugeben. Das Insolvenzgericht lehnte den Antrag ab. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Arbeitnehmers wies das Beschwerdegericht zurück. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt dieser vor dem BGH seinen Freigabeantrag weiter.

BGH: Inflationsausgleichsprämie ist pfändbares Arbeitseinkommen

Die Beschwerde des Arbeitnehmers blieb vor dem BGH jedoch ohne Erfolg. Der Gerichtshof stellte fest, dass sowohl die einmalige Inflationsausgleichsprämie als auch die monatlichen Inflationsausgleichszahlungen Arbeitseinkommen nach § 850 Zivilprozessordnung (ZPO) darstellen.

In der Begründung stellte der BGH klar, dass es sich bei der Inflationsausgleichsprämie, die Arbeitnehmenden gewährt wird, um eine aus eigenen Mitteln des Arbeitgebers gezahlte freiwillige Zusatzleistung zum Arbeitslohn handele. Arbeitgeber hätten die Möglichkeit, ihren Beschäftigten zur Abmilderung der gestiegenen Lebenserhaltungskosten die steuer- und abgabenfreie Prämie zu zahlen, seien hierzu aber nicht verpflichtet. Die Inflationsausgleichsprämie sei gerade keine aus öffentlichen Mitteln finanzierte staatliche Hilfsmaßnahme

Kein entgegenstehender Pfändungsschutz

Arbeitseinkommen kann nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO gepfändet werden (§ 850 Abs. 1 ZPO). Demnach ist eine Lohnpfändung und damit auch die Pfändung der Inflationsausgleichsprämie nur möglich, wenn kein Pfändungsschutz entgegensteht. Der Pfändungsschutz für die Inflationsausgleichsprämie bemisst sich laut BGH nach den §§ 850a bis 850h ZPO, insbesondere nach § 850c ZPO, für wiederkehrende Arbeitseinkommen, da die Prämie Teil davon sei. Daran ändere auch die einmalige Zahlweise der Prämie nichts.

Gründe für eine Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie konnte der BGH nicht ausmachen: So sei sie nicht nach § 851 ZPO wegen einer Zweckbindung unpfändbar. Eine solche sei nicht gegeben, da Beschäftigte die Prämie je nach Wunsch verwenden könnten. Sie stelle auch keine Erschwerniszulage im Sinne des § 850a, Nr. 3 ZPO dar. Bei der Corona-Sonderzahlung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine solche Unpfändbarkeit angenommen. 

Nach Ansicht des Gerichts ist die Inflationsausgleichsprämie auch nicht als Aufwandsentschädigung im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar. Mit der Inflationsausgleichsprämie wolle der Arbeitgeber keinen Ausgleich tatsächlich entstandener Auslagen schaffen, sondern die Abmilderung allgemein gestiegener Verbraucherpreise erreichen. 


Hinweis: Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 25. April 2024, Az: IX ZB 55/2


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