Kirche: Kündigung einer Gemeindereferentin

Die Kündigung von Mitarbeitern der Kirchen bleibt weiterhin in einer rechtlichen Grauzone. Im Falle der Kündigung einer Gemeindereferentin haben die Gerichte sich um eine gründliche Prüfung der Kündigungsgründe herum gedrückt.

Begonnen hatte alles ganz harmlos. Eine Gemeindereferentin in Paderborn hatte sich innerhalb des Stadtgebiets um ihre Versetzung in eine andere Gemeinde bemüht. Umziehen wollte sie hierfür aber nicht. Nach Auffassung ihres Arbeitgebers ist Voraussetzung für die Tätigkeit als Gemeindereferent u.a. die Begründung eines Wohnsitzes in der betreffenden Gemeinde (Residenzpflicht). Die Gemeindereferentin prozessierte wegen dieser Frage erfolglos mit ihrer Arbeitgeberin und wandte sich an die Öffentlichkeit. Die hierauf folgende ausführliche Presseberichterstattung schmeckte der Kirche gar nicht. Sie entzog der  Gemeindereferentin den kanonischen Auftrag für ihre Tätigkeit und bot ihr im Rahmen einer  Änderungskündigung den Posten einer deutlich schlechter bezahlten Sekretärin an. Hiergegen wehrte sich die Gemeindereferentin vor den Arbeitsgerichten – bisher erfolglos.

Die Kirche besitzt die Auslegungshoheit

Zwischen den Parteien wird – wie unter Juristen – um die Auslegungsfrage gestritten, ob eine Gemeindereferentin nach kirchlichem Recht der Erteilung eines kanonischen Auftrags bedarf. Darunter versteht man die bischöfliche Beauftragung, bestimmte kirchliche Aufgaben in einer Gemeinde wahrzunehmen. Für das Landesarbeitsgericht (LAG) also eine interessante Auslegungsfrage, hätte man meinen können. Anders die Landesarbeitsrichter: Die Beantwortung der Frage, ob der kanonische Auftrag erforderlich sei, unterliege allein der innerkirchlichen Auslegung und sei durch die staatlichen Gerichte nicht überprüfbar. Wenn also die Kirche die Auffassung vertrete, der kanonische Auftrag sei erforderlich, sei das so. Basta - möchte man hinzufügen.

So schafft sich die Kirche selbst einen Kündigungsgrund

Konsequent sahen die Richter des LAG nicht nur die Auslegung der Frage der Erforderlichkeit der kanonischen Beauftragung, sondern auch die Erteilung wie auch den Entzug dieses Auftrags ausschließlich in das innerkirchliche Ermessen gestellt, das sich  der  Überprüfung durch die staatliche Gerichtsbarkeit entziehe. Dies entspreche der auch durch das Grundgesetz geschützten besonderen rechtlichen Stellung der Kirche, die den Kirchen das Recht der eigenverantwortlichen Auslegung des kanonischen Rechts (codex juris canonici) garantiere. Damit ist es der Kirche also möglich, durch einen - durch staatliche Gerichte nicht überprüfbaren – innerkirchlichen Akt  (Entziehung des kanonischen Auftrags) einer Gemeindereferentin die kirchenrechtliche Grundlage für ihre Tätigkeit zu entziehen.

Fehlender  Auftrag rechtfertigt personenbedingte Kündigung

Die Richter des LAG qualifizierten das Vorliegen der kanonischen Beauftragung als persönliche Eigenschaft des Stelleninhabers, deren Fehlen  die Kirche zu einer personenbedingten Kündigung berechtige. Es gehöre nun mal zu den Besonderheiten einer kirchlichen Anstellung, dass die Mitarbeiter spezifische kirchliche Besonderheiten mit ihrer Anstellung akzeptierten, die  zu  Abweichungen von den Rechtspositionen eines „normalen“ außerkirchlichen Angestellten führten.

 Gemeindereferentin gibt nicht auf

Das LAG erkannte sehr wohl die Brisanz und Bedeutung seiner Entscheidung und ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Die Klägerin hat bereits angekündigt, ihren „Kampf“ dort weiterführen zu wollen. Das letzte Wort werden also die Richter in Erfurt haben.

 

(LAG Hamm, Urteil v. 18.7.2012, 10 Sa 890/12)