Schadenersatz gilt bei Hartz-IV-Berechnung nicht als Einkommen

Zahlungen wegen eines erlittenen Vermögensschadens aufgrund einer Unterschlagung sind beim Bezug von Arbeitslosengeld II nicht als Einkommen, sondern als Vermögen anzusehen. Die Schadensersatzleistungen wirken sich daher nur bei Überschreitung des Grundfreibetrags für den Bezug von ALG II leistungsmindernd aus. Das besagt ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts.

Der Eingang von Einkommen wirkt sich beim Bezug von Arbeitslosengeld II anspruchsmindernd aus.

  • Ein 58-jähriger früherer Kleinunternehmer im Baubereich,
  • hatte wegen der zu seinen Lasten ausgeführten Unterschlagung von Baumaterial und Baumaschinen
  • gegen seinen Schädiger ein Versäumnisurteil in Höhe von 30.000 DM erwirkt.
  • Die wurden auf Grundlage eines außergerichtlichen Vergleichs monatliche Raten à 150 EUR bis zu einer Gesamtsumme von 12.000 EUR abzahlt.

Schadensersatz-Ratenzahlung als Hartz IV-minderndes Einkommen gewertet

Zwischenzeitlich bezog der frühere Bauunternehmer Arbeitslosengeld II. Da das Jobcenter Kreis Plön die Ratenzahlungen aus dem Vergleich als Einkommen wertete, wurden sie bedarfsmindernd auf den Leistungsanspruch anrechnete.

  • Das Jobcenter vertrat die Auffassung, dass eine Anrechnung aufgrund des im SGB II geltenden Zuflussprinzip erfolge.
  • Zudem handle es sich bei dem Schadenersatzanspruch des Klägers um einen Vermögensschaden,
  • welcher, anders als ein Schmerzensgeldanspruch, nach § 11 a Abs. 2 SGB II keine privilegierte Einnahme darstelle.

Zahlungen aufgrund Schadenersatzforderung = unfreiwillige Vermögensumschichtung

Im September 2014 hatte das Sozialgericht Kiel der Klage des Mannes gegen die Jobagentur vollumfänglich stattgegeben.

  • Im vorliegenden Fall liege lediglich eine – unfreiwillige- Vermögensumwandlung vor,
  • da durch den Vergleich keine Gesamtvermögensmehrung bei dem Kläger eingetreten sei.
  • Es werde durch die Schadensersatzforderung gegen den Schuldner lediglich der Wertverlust beim Kläger, den er durch die Unterschlagung seines Eigentums erlitten habe, ausgeglichen.

Das Landessozialgericht sah dies ebenso und wies die Berufung der Beklagten zurück. Auch die Revision vor dem Bundessozialgericht war für das beklagte Jobcenter ohne Erfolg. Das Bundessozialgericht war ebenfalls der Ansicht, dass die Teilzahlungen aus dem Vergleich nicht als Einkommen zu qualifizieren seien.

Ratenzahlungen sind dem vermögen und nicht dem Eigentum zuzurechnen

Zahlungen zum Ersatz von Wertgegenständen, die jemand bereits vor Antragstellung hatte, seien dem Vermögen und nicht dem Einkommen zuzurechnen.

  • Alles, was jemand wertmäßig nach Antragstellung dazu erhalte, werde als Einkommen berücksichtigt.
  • Vorliegend würden die Zahlungen lediglich die Vermögensverluste ausgleichen, welche der Kläger vor Antragstellung erlitten habe.
  • Einen Wertzuwachs habe es daher beim Kläger nicht gegeben.

Dass zwischen dem Wertverlust und den Zahlungen ein Zeitraum von über 10 Jahre liege, spiele für die Berücksichtigung als Vermögen oder Einkommen keine Rolle, so die Richter aus Kassel.

Prozesszinsen sind aber als Kapitaleinkünfte dem Einkommen zuzurechnen

Da in dem Vergleich 8.000 EUR als Wertersatz für die Unterschlagung der Baumaschinen sowie des Materials und 4.000 EUR als Ausgleich für Prozesszinsen vereinbart wurden, können die Prozesszinsen grundsätzlich als Kapitaleinkünfte leistungsmindernd als Einkommen berücksichtigt werden.

In Anlehnung an § 367 BGB wurden die Teilzahlungen vom LSG ab 1. Januar 2010 jedoch zunächst auf die Zinsen angerechnet, bis der Betrag von 4.000 EUR erreicht wurde.

Die ab diesem Zeitpunkt geleisteten Teilzahlungen stellen dann solche auf die Hauptforderung, d.h. auf die Schadensersatzforderung dar,

sodass ab April 2012 die Teilzahlungen in Höhe von 150,00 EUR als Zahlungen auf den Schadensersatzanspruch letztlich nicht mehr im Sinne des Grundsicherungsrechts anrechenbar waren.

Eine Berücksichtigung der Zahlungen als Vermögen schied ebenfalls aus, weil die Schongrenzen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG auch bei ihrer Berücksichtigung nicht erreicht wurden.

(BSG, Urteil v. 9.08.2018, B 14 AS 20/17 R).

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