Vereinbarung eines „wohlwollendes Zeugnisses“ ist wenig wert

Kündigungsschutzprozesse enden nicht selten mit einem Abfindungsvergleich. Hierbei wird häufig die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses aufgenommen. Die rechtliche Bedeutung der Verpflichtung ist gering.

In einem vom LAG Chemnitz entschiedenen Fall mündete die vorangegangene Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers in einem beim Arbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich. Dem Arbeitnehmer war wichtig, dass der Arbeitgeber ihm ein positives Zeugnis erstellt.

Schöne Worte im Vergleich

Zu diesem Zweck wurde in den Vergleich folgende Regelung aufgenommen: „Die Beklagte (Arbeitgeberin) verpflichtet sich, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, das seiner weiteren beruflichen Entwicklung dienlich ist“.

Schlechtes Arbeitszeugnis im Anschluss

Das später seitens der Arbeitgeberin erteilte Zeugnis entsprach allerdings nicht den Vorstellungen des gekündigten Arbeitnehmers. Nach seiner Auffassung spiegelte die dort vorgenommene Bewertung nicht die Qualität der von ihm erbrachten Leistungen wider. Im Wege der Zwangsvollstreckung versuchte er daher, gegenüber der Arbeitgeberin einen von ihm vorformulierten Zeugnistext durchzusetzen.

Anträge auf Zeugnisnachbesserung im Zwangsvollstreckungsverfahren blieben erfolglos

Das ArbG und das LAG wiesen seinen Zwangsvollstreckungsantrag ab. Die Festsetzung von Zwangsmitteln gemäß § 888 ZPO schied nach Auffassung der Richter aus, weil die Arbeitgeberin ein Zeugnis erteilt habe, dass den Anforderungen des gerichtlichen Vergleiches entsprach.

Nach Auffassung der Richter enthielt die in dem Vergleich gewählte Formulierung keinerlei Besonderheiten im Hinblick auf § 109 GewO. Diese Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber zur Erteilung eines Zeugnisses, das

1. Angaben über die Art und Dauer der Beschäftigung,

2. eine Bewertung der vom Arbeitnehmer erbrachten Leistungen

sowie 3. eine persönliche Beurteilung des Arbeitnehmers enthält.

Diesen Anforderungen entsprach das seitens der Arbeitgeberin erstellte Zeugnis formal (LAG Hessen, Beschluss v. 17.03.2003, 16 Ta 378/97), so dass das Zeugnis von daher nicht zu beanstanden sei.

„Wohlwollendes Zeugnis“ hat rein deklaratorischen Charakter

Nach Auffassung der Arbeitsrichter ist die Formulierung “wohlwollend“ in gerichtlichen Vergleichen üblich und hat keine Bedeutung, die über die gesetzlichen Anforderungen des § 109 GewO hinausgeht. Jedenfalls folge aus dieser Formulierung kein Anspruch auf eine ganz bestimmte Ausgestaltung des Zeugnisses, schon gar nicht auf einen bestimmten Wortlaut.

Wohlwollen ist zu unbestimmt, um es zu vollstrecken

Vollstreckungsrechtlich sei eine solche Formulierung nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte auch zu wenig bestimmt, um hieraus eine vollstreckungsfähigen Inhalt abzuleiten (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 24.03.2008, 8 Ta 39/09). Gleiches gelte für die Formulierung, dass das Zeugnis der „weiteren beruflichen Entwicklung dienlich ist“. Auch hieraus könne ein Anspruch auf die Verwendung bestimmter Formulierungen nicht abgeleitet werden

Zeugnisrüge bleibt dem Erkenntnisverfahren vorbehalten

Ob ein Zeugnis im Ergebnis eine zutreffende Bewertung der Leistungen des Arbeitnehmers enthalte, kann nach Auffassung der Richter lediglich in einem Erkenntnisverfahren überprüft werden (LAG Köln, Beschluss v. 17.06.2010, 7 Ta 352/09). In einem solchen, beim Arbeitsgericht geführten Klageverfahren muss der Arbeitnehmer dann aber darlegen und beweisen, dass die Qualität seiner Leistungen in dem erteilten Zeugnis nicht angemessen bewertet worden ist.

Dies ist in der Praxis ein äußerst steiniger und selten aussichtsreicher Weg, weil die volle Beweislast beim Arbeitnehmer liegt, Zeugnisbewertungen stark subjektiv geprägt und daher in tatsächlicher Hinsicht schwer zu überprüfen sind.

Fazit: Exakte Vereinbarung empfehlenswert

Beim Abschluss arbeitsgerichtlicher Vergleiche sollte daher darauf geachtet werden, wichtige Textpassagen des gewünschten Zeugnisses exakt vorzuformulieren.

So kann zum Beispiel in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich bestimmt werden, dass der Arbeitgeber

  • die Leistungen des Arbeitnehmers mit „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ (= sehr gut) zu bewerten

  • und das persönliche Verhalten des Arbeitnehmers mit der Klausel „ohne Fehl und Tadel“ zu versehen habe.

Die Verwendung solcher Formulierungen im zu erteilenden Zeugnis kann dann im Wege der Zwangsvollstreckung mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden.

(Sächsisches LAG, Beschluss v. 6.8.2012, 4 Ta 170/12).


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