Auskunftsrecht eines Elternteils über Therapie des Kindes bei entzogener Gesundheitssorge
In dem vom BGH zugrunde liegenden Fall verlangte der Vater eines 13-jährigen Kindes vom Kreisjugendamt, welches als Ergänzungspfleger für die Teilbereiche Gesundheitssorge, Recht zur Beantragung von Jugendhilfe und dem Aufenthaltsbestimmungsrecht bestellt wurde, zunächst Auskunft über die gesundheitliche Situation seines Kindes.
Kind wird psychotherapeutisch behandelt
Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern sind geschieden. Zwischen dem Vater und seinem Kind finden jedoch regelmäßig Umgangskontakte statt. Das Kind wird psychotherapeutisch behandelt. Nachdem die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den Antrag des Vaters zurückgewiesen hatte, verpflichtete der Familiensenat des OLG München den Antragsgegner, dem Vater über die Diagnose sowie zum Umfang und Art der Therapie Auskunft zu erteilen. Gegen diesen Beschluss richtete sich die erfolgreiche Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
Auskunftsrecht nach § 1686 BGB zu eng gefasst
Der BGH hob den Beschluss des Oberlandesgerichts auf, soweit dieses eine Auskunftsverpflichtung ausgesprochen hatte und verwies die Sache zurück.
Grundsätzlich könne ein Elternteil nach § 1686 BGB im Hinblick auf das grundrechtlich geschützte Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG und des daraus fließenden Informationsinteresses auch einen Auskunftsanspruch gegenüber einem Anspruchsgegner haben, welcher nicht Elternteil ist, aber in dessen rechtlichen oder tatsächlichen Stellung einem Elternteil vergleichbar sei, so der BGH.
Jugendamt kann auskunftspflichtig über Therapie des Kindes sein
Als Auskunftspflichtiger komme daher insbesondere das zum Ergänzungspfleger bestellte Jugendamt in Betracht. Hier hatte der Antragsgegner als Ergänzungspfleger für den Teilbereich Gesundheitssorge und über das ob und den Umfang einer Therapie zu entscheiden und war daher als richtiger Adressat des Auskunftsanspruches anzusehen.
Der Antragsgegner könne hier auch nicht auf die Mutter verweisen, da diese, auch wenn sie Informationen über die Psychotherapie des Kindes hätte, über deren Preisgabe nicht entscheiden könne. Allein das Jugendamt sei befugt, Informationen von dem behandelnden Therapeuten zu erhalten und ihn von der Schweigepflicht zu entbinden. Des Weiteren bestehe auch ein berechtigtes Interesse des Vaters, da keine andere verlässliche Informationsquelle zur Verfügung stünde.
Vater könnte nach Auskunft Einfluss auf Therapie des Kindes nehmen
Das Oberlandesgericht verkannte jedoch die Reichweite des in § 1686 BGB enthaltenen Kindeswohls und der dementsprechenden gerichtlichen Amtsermittlungspflicht. Entgegen der Ansicht des OLG könne ein Widerspruch zum Kindeswohl auch bei solchen Belangen eintreten, welche noch nicht in den persönlichen Entscheidungsbereich des Kindes fallen würden. Dies könne beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Auskunft missbraucht werden würde, um im Bereich der entzogenen elterlichen Sorge Einfluss nehmen zu können. Vorliegend hätte die Vorinstanz der Befürchtung nachgehen müssen, dass der Vater nach der erteilten Auskunft auf die Therapie des psychisch labilen Kindes Einfluss nehmen und deren Abbruch provozieren könnte. Daher muss das OLG weitere tatrichterliche Feststellungen treffen und die Beteiligten einschließlich des Kindes hierzu persönlich anhören.
(BGH, Beschluss v. 26.07.2017, XII ZB 85/17).
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Übertragen von Teilen des elterlichen Sorgerechts
Nach den zu beachtenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs kommt häufig die Übertragung eines Teilbereiches der elterlichen Sorge in Betracht.
Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu deutlich erklärt, gem. Art. 6 II GG erfordere die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sich bei einer Sorgerechtsentscheidung mit Teilentscheidungen als milderes Mittel zu begnügen, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut (BVerfG, Beschluss v. 01.03.2004, 1 BvR 738/01).
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