Pflichtteil: Anspruch und Entziehung

Nicht immer haben alle Angehörigen Aussicht auf ein Erbe, die sich das erhoffen.  Doch wer Pflichtteilsberechtigt ist, kann nicht ohne Weiteres übergangen werden.

Pflichtteilsberechtigte Angehörige

Pflichtteilsberechtigt sind nur enge Angehörige. Zu diesen gehören die Kinder und, falls ein Kind bereits vorverstorben ist, die Enkelkinder (§ 2303 Abs. 1 BGB). Pflichtteilsberechtigt sind ferner Ehegatten und bei gleichgeschlechtlichen Paaren der eingetragene Lebenspartner (§ 2303 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 6 LPartG). Eltern sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn der Verstorbene keine Kinder hinterlassen hat (§ 2303 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ein Pflichtteil steht Eltern allerdings auch neben dem überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner zu.

 

Beachte: Geschwister sind nicht pflichtteilsberechtigt. Allerdings können sie ihre Eltern auffordern, den ihnen zustehenden Pflichtteil zu verlangen. Stiefkinder sind zwar erbschaftsteuerrechtlich leiblichen Kindern gleichgestellt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG – Steuerklasse I); sie sind jedoch nach ihrem Stiefelternteil nicht pflichtteilsberechtigt.

Häufig errichten Erblasser ein Testament und bestimmen, dass ein gesetzlicher Erbe enterbt werden soll, das heißt nichts bekommen soll. Sie sind dann meist erstaunt, wenn die betroffene Person, falls sie zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehört, dennoch einen Pflichtteilsanspruch geltend machen kann. Die gesetzliche Regelung ist allerdings klar: Enterben bedeutet nämlich nur den Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge (§ 1938 BGB). Dieser Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge löst gerade das Pflichtteilsrecht aus.

 

Entziehung des Pflichtteils

Der Pflichtteil kann nur beim Vorliegen besonderer Gründe entzogen werden (§§ 2333 ff. BGB). Beispiele sind schwere Straftaten gegen den Erblasser und dessen nahe Angehörige, also etwa ein Mordversuch, aber auch eine schwere Körperverletzung und eine sonstige Körperverletzung, die eine schwere Verletzung der geschuldeten Achtung darstellt (Pietätsverletzung).

Hinzu kommen muss der Nachweis von dieser Tat und der Umstand, dass sie dem Betroffenen nicht verziehen wurde. Auch die böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht rechtfertigt die Entziehung des Pflichtteils. Familiäre Zerwürfnisse und der bloße Abbruch der Kontakte reichen für eine Pflichtteilsentziehung dagegen nicht aus.

Für eine Feststellungsklage zu Lebzeiten des Erblassers, dass die in einer letztwilligen Verfügung des Erblassers angeordnete Pflichtteilsentziehung unwirksam ist, kann das rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung vorliegen.

Verzicht

Kein Pflichtteils steht einer Person zu, die zu notarieller Urkunde auf ihr Erbrecht oder ihren Pflichtteil verzichtet hat (§ 2346 Abs. 1 Satz 2 BGB). Durch einen Erbverzicht fällt der Berechtigte weg, dadurch erhöht sich die Pflichtteilsquote der verbliebenen Pflichtteilsberechtigten.

 

Erbe unterhalb des Pflichtteils

Ist ein Pflichtteilsberechtigter zum Erben eingesetzt, wurde ihm jedoch wertmäßig weniger hinterlassen, als seinem Pflichtteil entspricht, so steht ihm in Höhe des Differenzbetrags ein Pflichtteilsanspruch zu.

 

Pflichtteilssanktionsklauseln in Verfügungen von Ehegatten, wonach ein Kind, das beim Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, auch beim Tod des Zweitversterbenden lediglich den Pflichtteil erhalten soll, können den Pflichtteilsanspruch nicht verhindern.

 


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