Scheidungskosten sind weiterhin abzugsfähig, denn es sind keine Prozesskosten
Steuerzahler, die in einem Kalenderjahr besonders hohe, einmalige finanzielle Verpflichtungen bewältigen müssen, können bei der Einkommensteuer auf Entlastung hoffen. Dies galt auch für die Kosten im Zusammenhang einer Scheidung.
Neue Rechtslage seit 2013
Der Gesetzgeber hat im Jahr 2013 mit dem Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz Aufwendungen für einen Rechtsstreit vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, der Steuerpflichtige liefe Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Steuerliche Absetzung von Scheidungskosten unklar
Ob Scheidungskosten weiterhin abzugsfähig sind, ist unklar. Die neue Gesetzeslage spricht eigentlich dagegen. Ob ein Steuerpflichtiger ohne Scheidung seine Existenzgrundlage verliert und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr decken kann, ist jedenfalls gerichtlich umstritten.
FG Köln mach Mut
Eine neue Sichtweise eröffnet ein Urteil des Finanzgerichts Köln.
- Geklagt hatte eine Frau, die die Gerichts- und Anwaltskosten ihrer Scheidung in Höhe von rund 5.500 Euro steuerlich geltend gemacht hatte.
- Das Finanzamt berücksichtigte diese Ausgaben jedoch nicht als außergewöhnliche Belastung mit Verweis auf die neue Gesetzeslage.
Das Finanzgericht Köln entschied, dass die Klage der geschiedenen Frau begründet sei.
Zumindest der Teil der Kosten, der direkt auf die Scheidung entfalle – ein Betrag von rund 2.500 Euro – müsse als außergewöhnliche Belastung eingestuft werden.
Scheidungskosten = außergewöhnliche Belastung
Grundsätzlich werden als außergewöhnliche Belastung solche Aufwendungen gewertet, die größer sind als die Kosten der Mehrheit der Steuerzahler und zugleich zwangsläufig entstehen.
Dass die Frau sich den Scheidungskosten nicht entziehen konnte und sie damit zwangsläufig tragen musste, sah das Gericht als selbstverständlich gegeben an:
„Bei Ehescheidungen muss im Regelfall davon ausgegangen werden, dass sich die Ehepartner nur scheiden lassen, wenn die Ehe so zerrüttet ist, dass ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich ist, sie sich also dem Scheidungsbegehren aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen können.“
Scheidungskosten sind keine Prozesskosten
Wichtiger aber erschien dem Gericht jedoch, dass es sich bei Scheidungskosten nicht um Prozesskosten handelt.
- Ein Ehescheidungsverfahren falle nicht unter den Begriff eines Rechtsstreits,
- auch die kostenrechtlichen Regelungen für andere Prozesse fänden in Familiensachen keine Anwendung.
- Daher würde hier auch nicht die Bezeichnung Prozess oder Rechtsstreit benutzt, sondern Verfahren:
„Das Scheidungsverfahren ist damit kraft gesetzlicher Anordnung kein Prozess, die Kosten des Scheidungsverfahrens keine Prozesskosten.“
Scheidungsverfahren wird von neuer Rechtslage erfasst
Schon aus diesem Grund erfülle das Scheidungsverfahren nicht die Voraussetzungen der neuen Gesetzeslage, da es sich weder um einen Rechtsstreit handele noch Prozesskosten anfielen.
- Das Finanzgericht verwies außerdem auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes:
- Im Entwurfstadium waren ausdrücklich noch die Kosten eines Scheidungsverfahrens erwähnt.
- Die Neuregelung enthält in seiner abschließenden Fassung keine gesonderte Regelung zu Scheidungssachen.
Das Gericht interpretiert dies so, dass der Gesetzgeber Zivilprozesskosten generell steuerlich nicht berücksichtigen wollte. Zu dieser Art von Kosten zählten aber nicht die Kosten für Scheidungsverfahren.
(FG Köln, Urteil v. 13.01.2016, 14 K 1861/15).
Aufwendungen mit Verweis auf das Verfahren geltend machen
Das Finanzgericht Köln hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen VI R 9/16 anhängig. Bis Klarheit herrscht, sollten man Scheidungsverfahrenskosten mit Verweis auf dieses und andere Verfahren, die in der Angelegenheit beim Bundesfinanzhof anhängig sind, geltend machen.
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