Scheidungswille eines an Demenz erkrankten Ehepartners
Betreuer können Rechtsangelegenheiten für in ihrer Willensbildung und -äußerung Beeinträchtige durchsetzen. Doch kann das auch auf einem so persönliche Feld wie der Beendigung einer Ehe geschehen, wenn der Erkrankte zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seinen Scheidungswillen krankheitsbedingt nicht mehr äußern kann? Das Thema wurde an dem Fall eines Alzheimer erkrankten Prominenten nun gerichtlich geklärt.
Betreuerin von Rudi Assauer reichte Scheidungsantrag beim Familiengericht ein
Das Verfahren betraf den ehemaligen Manager des FC Schalke 04, Rudi Assauer, welcher im Jahr 2012 seine Erkrankung öffentlich machte. Der heute 69-jährige ehemalige Fußballmanager hatte 2011 eine 20 Jahre jüngere Frau geheiratet. Bereits nach acht Monaten trennten sich die Eheleute wieder. Seine Tochter, welche als gesetzliche Betreuerin bestellt wurde, reichte den Scheidungsantrag 2012 beim Amtsgericht ein. Die Frau widersprach. Sie begründete dies damit, dass ihr Ehemann weiterhin an der Ehe festhalten wolle.
Eheleute lebten ein Jahr getrennt – Scheidungsvoraussetzungen gegeben
Das Amtsgericht hatte mit Beschluss vom 11.01.2013 die Ehe geschieden, die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgeschlossen und den Antrag der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt abgelehnt. Die Beschwerde der Ex-Frau gegen die Entscheidung war erfolglos: Auch nach Ansicht des OLG Hamm war die Scheidung rechtmäßig.
Die Tochter hatte einen wirksamen Scheidungsantrag eingereicht, welcher durch das zuständige Betreuungsgericht genehmigt wurde. Aus Sicht des Antragstellers war die Ehe zerrüttet und eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten. Auch wenn die Antragsgegnerin weiterhin an der Ehe festhalten wolle und verbal bekunde, ihren Ehemann bis zum letzten Atemzug pflegen zu wollen, lägen die Scheidungsvoraussetzungen nach Ablauf des einjährigen Trennungsjahres vor.
Trennungs- und Scheidungswillen zuvor im Betreuungsverfahren eindeutig bekundet
Des Weiteren habe der Alzheimer-Patient im Betreuungsverfahren im Jahr 2012 im Rahmen der richterlichen Anhörung dreimal ausdrücklich bekundet, dass er mit seiner Ex-Frau nicht mehr zusammen sein und die Scheidung wolle. Der Sachverständige bestätigte, dass der Antragsteller trotz der gesundheitlichen Einschränkungen bei der Anhörung im Betreuungsverfahren über einen noch hinreichend klaren natürlichen Trennungs- und Scheidungswillen verfügte.
Später weiter fortgeschrittene Demenz-Erkrankung nicht beachtlich
Zwar sei zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Erkrankung schon so weit fortgeschritten, dass der Antragsteller keinen Scheidungswillen mehr bekunden konnte. Dies stehe der Scheidungsreife der gescheiterten Ehe jedoch aufgrund des Ergebnisses der Anhörung nicht entgegen. Würde man stets bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung die sichere Feststellung des Scheidungswillens des Antragstellers verlangen, würde ein zuvor geäußerter Scheidungswille unbeachtlich, wenn z.B. der die Scheidung begehrende vor Abschluss der Scheidungsverhandlung ins Koma falle.
(OLG Hamm, Beschluss v. 16.08.2013, 3 UF 43/13).
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