Verjährung der Regressansprüche des Scheinvaters gegen den leiblichen Vater
Der Antragsteller und seine Ehefrau trennten sich 2008, die Ehe wurde 2010 rechtskräftig geschieden. Im Oktober 1995 wurde der eheliche Sohn geboren. Da der Vater eine Vaterschaft anzweifelte, leitete er im Februar 2009 Vaterschaftsanfechtungsverfahren ein.
Unklarheit über Vaterschaft erschwerte Regressverfahren
Im Verfahren gab die Mutter gegenüber dem Jugendamt an, während der Empfängniszeit auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, an deren Namen sie sich jedoch nicht mehr erinnern könne. Im Mai 2010 wurde sodann gerichtlich festgestellt, dass das Kind nicht vom Antragsteller stammt. Bereits im Jahr 2009 forderte der Scheinvater den Mann, welchen er als Erzeuger hielt, zur Erteilung von Auskunft über Einkommen und Vermögen und zur Zahlung von Kindesunterhalt auf.
Hemmung der Verjährung durch „Stufenklage“
In der als „Stufenklage“ überschriebenen Antragsschrift des Verfahrensbevollmächtigten wurde unter Ziffer 1 die Auskunft über Vermögen- und Einkommensverhältnisse, unter Ziffer 2 diese durch eidesstattliche Versicherung sodann glaubhaft zu machen, beantragt. Darunter, ohne weitere Ziffer, wurde darauf hingewiesen, dass nach Vorlage der Auskünfte ausdrücklich vorbehalten werde, einen bezifferten Schadenersatzanspruch zu stellen.
Mitwirkung an Abstammungsgutachten verweigert
Nachdem der Antragsgegner die Mitwirkung an einem Abstammungsgutachten verweigerte, wurde er durch Teilbeschluss des Amtsgerichts antragsgemäß zur Auskunftserteilung verpflichtet. Sodann bezifferte der Rechtsanwalt im Oktober 2014 bzw. Februar 2015 den Schadenersatzanspruch seines Mandanten auf ca. 35.000 EUR. Nachdem das Amtsgericht Mönchengladbach den Antragsgegner zur Zahlung in Höhe von ca. 24.000 EUR verurteilte, legten beide Beschwerde ein.
Anspruch entstanden und Vater hatte Kenntnis über Erzeuger
Das OLG Düsseldorf entschied jedoch zum Nachteil des Scheinvaters und wies den Zahlungsantrag insgesamt ab. Auch der BGH half seiner Rechtsbeschwerde nicht ab. Nach Ansicht des OLG und des BGH könne es dahinstehen, ob der Regressanspruch dem Grunde nach bestehe, da dieser jedenfalls verjährt sei.
- Der Anspruch des Scheinvaterregress unterliege der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren
- und beginne mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist
- und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat
- oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs.1 BGB).
Hinsichtlich der Unterhaltsansprüche gegen den mutmaßlichen Erzeuger beginnen diese daher frühestens am Schluss des Jahres, in dem die Entscheidung über die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft rechtskräftig geworden ist. Die dreijährige Verjährungsfrist begann daher in vorliegendem Fall mit Ablauf des 31.12.2010 und endete am 31.12.2013.
Verjährungsbeginn mit Kenntnis von Person des Schuldners
Darüber hinaus setzt der Verjährungsbeginn die erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners voraus.
- Hierzu ist nicht erforderlich, dass die Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.
- Vielmehr ist ausreichend, dass dem Gläubiger aufgrund der ihm bekannten Tatsachen eine gerichtliche Geltendmachung seines Anspruchs bei verständiger Würdigung der Erfolgsaussichten zuzumuten ist.
Hier hatte der Vater spätestens Ende 2010 Kenntnis über die Person des Erzeugers, da er ihn 2009 bereits zur Unterhaltszahlung aufforderte.
Keine Verjährungshemmung durch „Stufenklage“
Die Verjährungsfrist wurde auch nicht durch den gestellten „Stufenantrag“ des Rechtsanwaltes gehemmt, da der BGH nach Auslegung des Antrags der Ansicht war, dass nach dem Wortsinn gerade noch nicht die Stellung eines unbezifferten Antrages in der Leistungsstufe vorliege.
Klage betraf nur Auskunfts- und nicht Leistungsanspruch
Der unbezifferte Leistungsantrag in der letzten Stufe dürfe nicht nur angekündigt werden, sondern müsse den Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Form uneingeschränkt gestellt werden.
- Hier habe es es sich tatsächlich nicht um eine Stufenklage gemäß § 254 ZPO gehandelt
- und es sei durch die Zustellung dieser Antragsschrift nur der Auskunftsantrag,
- nicht aber auch der Leistungsantrag rechtshängig geworden.
Der Antragsteller habe sich nach den eindeutigen Formulierungen in seiner Antragsschrift lediglich vorbehalten, nach Vorlage der Auskunft einen bezifferten Schadenersatzanspruch zu stellen.
Daher wurde der Zahlungsantrag nicht rechtshängig und der Regressanspruch war durch den erst im Oktober 2014 gestellten Leistungsantrag damit verjährt.
(BGH, Beschluss v. 22.03.2017, XII ZB 56/16).
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