Werbung des Anwalts darf nicht reißerisch und sexistisch sein


Werbung des Anwalts darf nicht reißerisch und sexistisch sein

"Sex sells" dachte sich möglicherweise der Anwalt aus dem fröhlichen Rheinland und schaltete für seine Kanzlei eine reißerische und sexistische Anzeigenserie. Das war ein doppelter Fehler. Dem Image tat es sicher nicht gut, aber auch die Rechtsanwaltskammer war nicht einverstanden.

"Der muss es ja nötig haben", könnten potenzielle Mandanten denken und eher nicht anspringen. Doch nicht nur das, auch das Image des Anwaltsberufs wird durch fragwürdige Werbemaßnahmen einzelner nicht gefördert und das ruft die Anwaltskammer auf den Plan.

Image-Schaden von der Anwaltschaft fernhalten

Der Anwaltsgerichtshof hat den allzu wild werbetextenden Anwalt nun gestoppt – auch um Schaden von der Anwaltschaft insgesamt fernzuhalten.

  • Die Anzeige enthielt die Sprechblasen „Diskriminierung am Arbeitsplatz?" und „Kündigungsschutz?".
  • Zu sehen ist das rechte Bein einer mit High Heels und knielangem Rock bekleideten Frau, die auf einem Schreibtisch steht, und einem an diesem Schreibtisch sitzenden Mann mit ihren hochhackigen Schuhen auf die Krawatte tritt.

Was darf der werbende Anwalt, was nicht?

Es ist einem Rechtsanwalt zwar nicht verwehrt, für seine Werbung Bilder oder Fotografien zu verwenden, Gegenstände wie etwa Tassen als Werbeträger einzusetzen oder auch Ironie und Sprachwitz als Stilmittel zu gebrauchen.

Laut AGH NRW sind die Grenzen anwaltlicher Werbung gemäß § 43b BRAO i.V.m. § 6 Abs. 1 BORA überschritten,

  • wenn die Werbung darauf abzielt, durch ihre reißerische oder sexualisierende Ausgestaltung die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen,
  • so dass der Informationswert in den Hintergrund gerückt wird oder gar nicht mehr erkennbar ist.

Derartige Werbemethoden seien geeignet, die Rechtsanwaltschaft als seriöse Sachwalterin der Interessen Rechtsuchender zu beschädigen, konstatiert der Anwaltsgerichtshof NRW.

Es geht um das Ansehen der Anwaltschaft insgesamt

Die unsachliche und damit nach § 43b BRAO verbotene Werbung wird nach Ansicht des Gerichts in der konkreten Anzeige nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Schlagworte Diskriminierung am Arbeitsplatz und Kündigungsschutz für sich genommen Stichworte für rechtliche Konflikte sind, bei denen in aller Regel rechtlicher Beratungsbedarf entsteht und die deshalb in einer anwaltlichen Werbung nicht zu beanstanden sind.

  • Denn blickfangmäßig steht für den Betrachter die Darstellung einer Frau ganz im Vordergrund, die einem jungen Mann auf dem Schreibtisch auf die Krawatte tritt und ihm dadurch seine Bewegungsfreiheit nimmt.
  • Die ganze Szenerie ist unrealistisch, weil sie suggeriert, es seien in erster Linie Männer, die von Diskriminierung am Arbeitsplatz, Kündigung und körperlicher Gewalt bedroht seien.

Ironie-Argument ließ das Gericht nicht gelten

Das Gericht will darin auch keinen ironischen Hinweis erkennen. Die Werbung sei vielmehr unsachlich, weil die Darstellung reißerisch und ohne jeden Informationsgehalt daherkommt, ohne dass dafür auch nur der geringste Anlass gegeben wäre.

  • Solche Werbung sei geeignet, bei der rechtsuchenden Bevölkerung den Eindruck zu erwecken, die Rechtsanwaltschaft habe Derartiges nötig,
  • um Mandate zu erlangen, und damit das Ansehen der Rechtsanwaltschaft insgesamt zu beeinträchtigen.

Auch insoweit begründet die Anzeige den hinreichenden Verdacht der schuldhaften Pflichtwidrigkeit.

(Anwaltsgerichtshof NRW, Beschluss v. 3.6.2016, 2 AGH 1/16 ).