Schaden zweimal bei verschiedenen Versicherern als Versicherungsfall angezeigt
Erst ein Wasserschaden und einige Monate später ein Brandschaden. In beiden Fällen wollte ein Versicherungsnehmer doppelt bei seinen zwei abgeschlossenen Hausratversicherungen abkassieren. Im ersten Fall gelang ihm das noch, im zweiten nicht mehr.
Zweite Versicherung wahrheitswidrig verschwiegen
Der Brandschaden, bei dem die unzulässige Mehrfachversicherung des Mannes aufflog, verursachte einen Schaden von 40.000 Euro. Doch die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Begründung: Es liege eine Mehrfachversicherung vor.
- Der Mann aus Jever habe im Jahr 2012, als er die zweite Hausratversicherung abgeschlossen habe, bewusst wahrheitswidrig verneint, bereits eine andere Hausratsversicherung zu haben.
- Der Versicherte bestritt dies und behauptete, die andere Hausratversicherung habe seine Frau im Jahr 1996 abgeschlossen, als er der deutschen Sprache noch nicht ausreichend mächtig gewesen sei.
Gericht schließt auf betrügerische Absicht
Das OLG Oldenburg schenkte dieser Version des Mannes keinen Glauben und sah es als erwiesen an, dass der Mann den zweiten Hausratversicherungsvertrag im Jahr 2012 in betrügerischer Absicht abgeschlossen habe.
- Immerhin hatte der Mehrfach-Versicherte bereits vier Monate nach dem Abschluss der zweiten Versicherung beiden Versicherungen einen Wasserschaden gemeldet
- und jeweils 800 Euro Versicherungsleistung erhalten. In diesem Fall war die Mehrfachversicherung noch nicht aufgeflogen.
- Anscheinend beflügelt von dem erfolgreichen doppelten Abkassieren hatte der Mann dann den ersten Versicherungsvertrag aus dem Jahr 1996 auf eine höhere Versicherungssumme umgestellt.
- Zwei Monate danach meldete er dann den Brandschaden – wiederum bei beiden Versicherungen. Auch dieses Mal gab er bei den Schadensmeldungen an, nicht anderweitig versichert zu sein.
Doppelversicherung führt zu Nichtigkeit des Vertrags
Doch bei dem Brandschaden wurde die Doppelversicherung durch einen Zufall bekannt, mit gravierenden Folgen, wie ein Blick auf § 78 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz zeigt:
„Hat ein Versicherungsnehmer einen Mehrfachvertrag in der Absicht vereinbart, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist jeder in dieser Absicht geschlossene Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.“
Das OLG Oldenburg entschied denn auch, dass der zweite, im Jahr 2012 abgeschlossene Hausratversicherungsvertrag nichtig ist.
Schadenshöhe deckelt Ansprüche auch bei Mehrfachversicherung
Grundsätzlich gilt:
Bei Eintritt eines #Versicherungsfalles kann ein Versicherter immer nur seinen #tatsächlich entstandenen #Schaden ersetzt verlangen.
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Wurden zwei Versicherungen für dieselbe Gefahr abgeschlossen – sogenannte Mehrfachversicherung – besteht dennoch nur ein Anspruch auf den Betrag, der dem Schaden entspricht (§ 78 Abs. 1 VVG).
(OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss v. 21.08.2017, 5 U 18/17).
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Hintergrund:
Leistungsfreiheit des Versicherers ist eine mögliche Konsequenz von Obliegenheitsverletzungen vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls.
- Dem Versicherungsnehmer muss ein Vorsatz oder zumindest eine grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden.
- Die Rechtsfolge kann nur eintreten, wenn sie ausdrücklich in den AVB vereinbart wurde.
- Leistungsfreiheit tritt bei Verletzung einer Obliegenheit nicht von selbst ein. Das Versicherungsunternehmen muss sie geltend machen.
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