Ungleichbehandlung von Erben
Die mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) wurde von der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) vor dem LG Potsdam verklagt, weil sie in ihren AGB hohe Überweisungskosten von Erben forderte, wenn diese zum Nachweis ihrer Erbschaft lediglich ein Testament vorlegten. Die Sparkasse begründete dies damit, dass die Vorlage eines Testaments im Gegensatz zu einem vom Nachlassgericht ausgestellten Erbschein kein verlässlicher Nachweis für die Erbenstellung sei.
Überweisungsgebühren von bis zu 250 Euro
Einige Verbraucher hatten sich wegen dieser Klausel an die VZB gewandt. Sie hatten der MBS ein notariell eröffnetes Testament zum Nachweis ihrer Erbenstellung vorgelegt und sollten für die Überweisung des Guthabens vom Konto des Erblassers auf ihr eigenes Konto Gebühren in Höhe von bis zu 250 Euro entrichten. Die VZB wertete dies als ein unzulässiges Abkassieren der Erben und mahnte die MBS ab. Diese verweigerte jedoch die geforderte Unterlassungserklärung, worauf die VZB Klage auf Unterlassung erhob.
MBS knickt vor Gericht ein
Vor Gericht lenkte die MBS dann ein und verpflichtete sich, die umstrittene Klausel nicht mehr zu verwenden und sich auch gegenüber den Beschwerdeführern bei der VZB auf diese Klausel nicht mehr zu berufen. Damit war der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, wobei das Gericht der MBS allerdings die Kosten des Verfahrens auferlegte.
Banken dürfen nicht die Art des Erbennachweises vorgeben
Hintergrund des Einlenkens der Sparkasse vor Gericht dürfte eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2013 sein. Dort hatte der BGH in einem ähnlich gelagerten Fall eine ähnliche Klausel in den AGB von Banken und Sparkassen für unwirksam erklärt. Der BGH stellte damals klar:
- Ein Erbe ist nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, vielmehr darf er diesen Nachweis auch in anderer Form führen.
- Es existiert keine Regelung, die einen Nachlassschuldner berechtigen würde, eine geschuldete Leistung grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen (BGH, Urteil v. 7.11.1966, III ZR 48/66).
- Eine Klausel in den AGB, wonach eine Bank die Überweisung des Nachlassguthabens auf das Erbenkonto von der Vorlage eines Erbscheins abhängig macht, ist eine unangemessene Benachteiligung des Bankkunden und daher unwirksam.
Fazit: Legen Erben für ihre Erbenstellung der Bank oder Sparkasse einen geeigneten Nachweis vor, so sollte die Überweisung des Nachlassguthabens in der Regel kostenfrei sein.
(BGH, Urteil v. 8.10,2013, XI 401/12)
Lesen Sie dazu auch:
Wann ein handschriftliches Testament als Nachweis der Erbenstellung reicht
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Nachweis des E-Mail-Empfangs nur per Lesebestätigung
13.11.2024
-
Wohngebäudeversicherer verlangt in seinen AGB pauschal das Einhalten von Sicherheitsvorschriften
25.10.2024
-
Bundestag verabschiedet das IV. Bürokratieentlastungsgesetz
15.10.2024
-
Mehr Kompetenzen für Gerichtsvollzieher
09.10.2024
-
Muss die Hausratversicherung bei einem Wasserschaden die Hotelkosten zahlen?
07.10.2024
-
Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen müssen verständlich sein
09.09.2024
-
Forderungsinkasso per SMS ist nicht per se unzulässig
03.09.2024
-
Unzulässiger Verweis in Werbebrief auf AGB im Internet
19.08.2024
-
Wie weit reicht die Verkehrssicherungspflicht von Gastwirten?
08.08.2024
-
Keine beliebig langen Lieferzeiten beim Autokauf
06.08.2024