Ablehnungsgründe müssen rechtzeitig vorgetragen werden
Folge der Einigung über einen Sachverständigen ist, dass die Parteien den Sachverständigen später nicht wegen Besorgnis der Befangenheit einfach wieder rauskegeln können. Das hat der Bundesgerichtshof klargestellt.
Verspätete Recherche
In dem Urteilsfall hatte die in den USA ansässige beklagte Firma den gerichtlichen Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, nachdem dieser sein schriftliches Gutachten erstattet hatte. Dessen Inhalt habe ihr Veranlassung gegeben, ihre Prozessbevollmächtigten mit einer Internetrecherche zum beruflichen Hintergrund des Sachverständigen zu beauftragen. Dabei sei herausgekommen, dass der Sachverständige in der Vergangenheit mehrere Vorträge für die Streithelferin der Kläger gehalten habe. Deshalb sei er abzulehnen.
Ablehnungsgrund zu spät vorgebracht
Das machte der BGH nicht mit. Die Ablehnung eines Sachverständigen ist nämlich nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über seine Bestellung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 ZPO). An dieser Glaubhaftmachung fehlte es vorliegend.
Frühere Verbindungen der Sachverständigen zur gegnerischen Partei übersehen
Da die Parteien nach entsprechendem Vorschlag des Gerichts erklärt hatten, dass gegen die Ernennung der Sachverständigen keine Einwände bestünden, kann es nach Ansicht des BGH nicht als unverschuldet angesehen werden, dass die Beklagte ihr Ablehnungsgesuch nicht früher angebracht hat.
Prozessförderungspflicht gebietet rechtzeitige Nachforschung über Ablehnungsgründe
Zwar bestünde für die Parteien im Allgemeinen keine Verpflichtung, Erkundigungen darüber anzustellen, ob ein Ablehnungsgrund in Betracht kommt. Jedoch kann im Einzelfall Abweichendes gelten, denn konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes muss die Partei aufgrund ihrer Prozessförderungspflicht nachgehen. Zumutbare Nachforschungen muss die Partei auch dann anstellen, wenn ihr bekannt ist, dass die Gewinnung des Sachverständigen wegen der Besonderheiten des Falls außergewöhnliche Schwierigkeiten bereitet. Entsprechendes gilt, wenn – wie hier - die Partei im Patentnichtigkeitsverfahren die ihr vom Gericht eingeräumte Gelegenheit wahrnimmt, zu Sachverständigenvorschlägen der Gegenseite Stellung zu nehmen. Die Parteien streiten dabei vielfach nicht nur über die erforderliche Qualifikation des Sachverständigen, sondern auch über die jeweiligen Verbindungen der Sachverständigen zu den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Prozessbeteiligten
Prozessbeteiligte müssen eigenständig recherchieren
Die Beklagte machte geltend, ihr als einem in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Unternehmen sei der Sachverständige nicht bekannt gewesen, so dass sie keine Veranlassung gehabt habe, an seiner Unbefangenheit zu zweifeln. Damit sei nach Sinn und Zweck der Gewährung rechtlichen Gehörs zu den wechselseitig vorgeschlagenen Sachverständigen fehlendes Verschulden an der verspäteten Geltendmachung des Ablehnungsgrundes schon nicht dargelegt, meinte dagegen der BGH. Auch wenn die Beklagte erwarten durfte, dass die Klägerinnen und ihre Streithelferin Verbindungen zu den vorgeschlagenen Personen offenlegen würden, hatte sie angesichts der ihr vom Gericht eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme dennoch Veranlassung, über Personen, die ihr nicht bekannt waren, Informationen einzuholen, die ihr ohne weiteres zugänglich waren, befand der BGH.
(BGH, Beschluss v. 3.4.2012, X ZR 67/09).
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