Ein suizidgefährdeter Schuldner kann mittels eines Vollstreckungsschutzantrages nach § 765a ZPO die Zwangsversteigerung seines Haues regelmäßig nicht dauerhaft verhindern.
Einstellung der Zwangsversteigerung unter engen Voraussetzungen möglich
Zwar ist unter engen Voraussetzungen eine Einstellung der Zwangsversteigerung möglich. Diese Einstellung ist jedoch in aller Regel zu befristen und mit Auflagen zu versehen.
- Die Zwangsversteigerung ist nach § 765a ZPO einzustellen, wenn besonders gewichtige Interessen des Schuldners gegeben sind, die das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers überwiegen.
- Dies kann der Fall sein, wenn mit der Zwangsversteigerung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden ist.
- Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu prüfen, ob die Suizidgefahr nicht durch andere Maßnahmen behoben werden kann.
- So kommt beispielsweise die Ingewahrsamsnahme des suizidgefährdeten Schuldners in Betracht oder dessen betreuungsrechtliche Unterbringung.
- Nur wenn solche Maßnahmen nicht geeignet sind, um der Gefahr der Selbsttötung des Schuldners entgegenzuwirken, kann eine Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgen.
Befristung und Auflagen erforderlich: Therapie?
Die Aufgabe des Staates, das Leben des Schuldners zu schützen, kann aber kein Vollstreckungsverbot auf unbegrenzte Zeit zur Folge haben. Im Interesse des Gläubigers ist die Einstellung der Zwangsversteigerung zu befristen und mit Auflagen zu versehen.
- Die Auflagen sollen dazu dienen, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen, selbst wenn nur eine geringe Aussicht auf Besserung besteht.
- Vom Schuldner wird verlangt, dass er auf eine Verbesserung seines Gesundheitszustandes hinwirkt und den Stand seiner Behandlung regelmäßig nachweist.
Einstellung ohne Befristung und Auflagen nur in Ausnahmefällen
Eine unbefristete Einstellung des Verfahrens oder eine Einstellung ohne Erteilung von Auflagen ist nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. Der BGH hat eine solche Ausnahme in einem Fall angenommen, in welchem durch Sachverständigengutachten festgestellt worden war, dass eine zeitweilige Unterbringung des Schuldners an der Suizidgefahr nichts ändern werde und allenfalls eine langjährige Psychotherapie zum Erfolg führen könne, es hierfür aber an der erforderlichen Einsicht des Schuldners fehle.
Der BGH nahm in dieser Konstellation an, dass die Zwangsvollstreckung zwar befristet einzustellen ist, um nach Ablauf der Frist erneut in die Prüfung einzusteigen. Die Erteilung von Auflagen hielt der BGH aber nicht für erforderlich, da keine Aussicht auf Erfolg bestand, dass dadurch eine Besserung des Gesundheitszustandes des Schuldners erreicht werden kann. Zur Begründung stützte der BGH sich auf die gutachterlichen Feststellungen, wonach der Schuldner selbst keine Krankheitseinsicht hatte und eine Therapie gegen seinen Willen nicht angezeigt ist.
(BGH, Beschluss vom 12.11.2014, V ZB 99/14).
Vgl. zu dem Thema auch:
Suizid ist nicht strafbar, sind aber Erben nach einem "Schienensuizid" schadensersatzpflichtig?